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Durchbruchinfektionen

Schützt die Impfung vor Long Covid?

Bekanntlich bietet die Covid-19-Impfung zwar einen guten Schutz vor schweren Verläufen, aber nicht zwangsläufig vor Infektionen mit SARS-CoV-2. Was bedeutet das mit Blick auf das Risiko für Long Covid? Forscher suchen noch nach Antworten.
Annette Rößler
02.12.2021  07:00 Uhr

Schätzungsweise 15 Prozent der Patienten mit durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion haben danach noch über Wochen und Monate andauernde Beschwerden wie kognitive Einbußen, Fatigue, Atemnot oder Herzrasen, die sie im Alltag teilweise stark einschränken. Diese und viele weitere Symptome werden unter dem Oberbegriff Long Covid zusammengefasst. Da der Auslöser des Syndroms noch nicht geklärt ist, gibt es auch noch keine ursächliche Therapie. Eine in diesem Jahr erschienene Leitlinie empfiehlt eine symptomorientierte Behandlung.

Es gibt Hinweise darauf, dass die Wahrscheinlichkeit, Long Covid zu entwickeln, bei Patienten, die einen schweren Covid-19-Verlauf hatten, höher ist als bei solchen, die infolge der SARS-CoV-2-Infektion nur leichte oder gar keine Symptome entwickelt hatten. Daher wäre zu erwarten, dass eine vollständige Covid-19-Impfung, die ja sehr gut vor schweren Verläufen schützt, auch das Risiko für Long Covid reduziert. Momentan gibt es aber noch nicht viele Daten, die das klar belegen.

Auslöser von Long Covid noch unklar

In einem Beitrag auf der Nachrichtenseite des Fachjournals »Nature« fasst die Wissenschaftsjournalistin Heidi Ledford die Evidenz zu dem Thema zusammen und lässt diverse Experten zu Wort kommen (DOI: 10.1038/d41586-021-03495-2). Wie hoch das Risiko für Long Covid nach einer Durchbruchinfektion sei, lasse sich nur schwer ermitteln, weil viele Menschen mit leichtem oder asymptomatischem Verlauf der akuten Infektion gar nicht getestet würden, so Ledford. Problematisch sei, dass derzeit weder das Long-Covid-Syndrom eindeutig definiert sei, noch Klarheit darüber herrsche, was es auslöse.

Als mögliche Ursache im Gespräch sei ein Reservoir von SARS-CoV-2, das nach der akuten Infektion in verschiedenen Körpergeweben wie Darm, Leber oder Gehirn zurückbleiben und die fortgesetzten Probleme verursachen könnte. Eine alternative Erklärung für das Auftreten des Syndroms sei, dass durch die Immunantwort auf die akute Infektion die Bildung von Autoantikörpern und andere autoaggressive immunologische Prozesse angestoßen würden, die nach dem Abklingen der akuten Infektion noch anhielten. Eine Impfung mache beide Szenarien unwahrscheinlicher, da sie eine schnelle, gerichtete Immunreaktion auf SARS-CoV-2 generiere: Eine starke Vermehrung des Erregers als Voraussetzung für die Bildung eines Reservoirs werde damit unterbunden und die Wahrscheinlichkeit einer ungerichteten Immunantwort gesenkt.

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