Schnell und effektiv in der Erregerabwehr |
Doch was geschieht bei einer Virusinfektion? Viren infizieren Zellen, indem sie in diese eindringen; somit liegen sie nicht »offen« im Gewebe, sodass sie nicht einfach von Granulozyten und Makrophagen erkannt und phagozytiert werden können. Auch für diesen Fall ist im Immunsystem vorgesorgt: Sogenannte dendritische Zellen werden aktiv.
Wenn Viren Zellen befallen, vermehren sie sich darin und bringen die Zellen zum Platzen (Zell-Lyse), wodurch sie sich ausbreiten. Hier greifen dendritische Zellen ein, die Bruchstücke der geplatzten Zellen phagozytieren. Sie verdauen dabei auch Viruspeptide und »präsentieren« diese den T-Zellen des adaptiven Immunsystems. Diese können dann gezielt die infizierten Zellen abtöten und so die Virusvermehrung stoppen. Dendritische Zellen stehen damit an der Schwelle zwischen dem angeborenen und dem adaptiven Immunsystem; sie werden auch Antigen-präsentierende Zellen genannt.
Hier waren die natürlichen Killerzellen des angeborenen Immunsystems wohl nicht schnell genug, und der Lippenherpes konnte aufblühen. / Foto: Adobe Stock/Kadmy
Allerdings gibt es auch Viren, die der Abwehr der T-Zellen entgehen können. An dieser Stelle springen die natürlichen Killerzellen des angeborenen Immunsystems ein, die insbesondere gegen Herpesvirus-infizierte Zellen vorgehen. Zu den durch Herpesviren ausgelösten Krankheiten zählen neben Lippen- oder Genitalherpes auch Windpocken, Gürtelrose, Pfeiffersches Drüsenfieber und verschiedene Krebserkrankungen. Die Aktivität der NK-Zellen wird wiederum durch Interferone und Zytokine gesteuert, die von Makrophagen freigesetzt werden. Im Zytoplasma der NK-Zellen befinden sich zahlreiche kleine Vesikel (Granula), die Proteasen und Perforin, ein Membranporen-bildendes Protein, enthalten. Werden diese freigesetzt, zerstören sie Zellmembranen und führen so zum Absterben der infizierten Zellen.
Foto: Adobe Stock/Spectral-Design
Trotz ausgeklügelter Abwehrmechanismen für verschiedenste Erreger tut sich der Organismus immer schwer, wenn mehrere Infektionen gleichzeitig auftreten. Nun untersuchten Forscher in Mausmodellen, warum Doppelinfektionen mit Viren und Bakterien oft besonders aggressiv sind. Dabei zeigte sich, dass Lipopolysaccharide (LPS) aus der Bakterienmembran dazu führen, dass NK-Zellen die T-Zell-Antwort hemmen.
Möglicherweise sollte dieser Mechanismus ursprünglich überschießende Reaktionen verhindern; doch leider scheint er auch eine effektive Virusabwehr in Gegenwart von Bakterien zu behindern (8).
Hier zeigt sich wieder, wie verzahnt das angeborene und das adaptive Immunsystem sind. Bei jeglicher Immunantwort, seien es nun eine Entzündung zur Abwehr einer Bakterieninfektion, eine durch dendritische Zellen vermittelte Antwort gegen eine Virusinfektion oder die Beseitigung von wuchernden Zellen im Tumorgeschehen, greifen die Mechanismen auf vielen Ebenen ineinander und sind auf ebenso vielen Ebenen hoch reguliert. Ihr Zusammenspiel ist oft kompliziert und noch nicht völlig aufgeklärt.