Rezepturen in der Wundbehandlung |
Chronische Wunden entwickeln sich unter anderem bei immobilen Personen in Form von Druckgeschwüren. / Foto: Adobe Stock/Photographee.eu
Wunden können unterschiedliche Ursachen haben. Die Haut kann mechanisch verletzt werden, wie etwa bei Schürf- oder Schnittwunden. Thermische Belastungen können zu Erfrierungen oder Verbrennungen führen. Abzugrenzen von diesen oberflächlichen Wunden sind die chronischen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung handelt es sich dabei um Wunden, die einen Integritätsverlust der Haut und der darunterliegenden Strukturen zeigen und innerhalb von acht Wochen nicht abheilen. Zu ihrer lokalen Behandlung stehen unter anderem Rezepturarzneimittel zur Verfügung. Diplom-Pharmazeutin Antje Lein und Dr. Stefanie Melhorn, Mitarbeiterinnen vom DAC/NRF in Eschborn, stellen sie in einem Beitrag in der Ausgabe »Hautschutz: Sonnenschutz, Wundheilung« der DPhG-Mitgliederzeitschrift Pharmakon vor.
Besteht der Verdacht einer erregerbedingten Entzündung, können wirkstoffhaltige Spüllösungen mit Octenidindihydrochlorid, Povidon-Iod oder Polihexanid angewendet werden. Rezepturarzneimittel mit Polihexanid sind standardisiert, so die Polihexanid-Lösung 0,02 % und 0,04 % (NRF 11.128.). Der Wirkstoff gehört zur Gruppe der Biguanide. Der kationische Biguanid-Anteil reagiert mit sauren Phospholipidstrukturen der bakteriellen Zellmembran und erhöht deren Permeabilität. Infolge des Verlustes von Zytoplasmabestandteilen tritt der Zelltod ein. Zudem wird dem Antiseptikum eine granulations- und epithelisationsfördernde Wirkung zugesprochen. Die standardisierte Wundspülung basiert auf einem Träger nach Standardzulassungsmonographie »Ringer-Lösung«. Diese ist neben isotonischer Natriumchlorid-Lösung auch als wirkstofffreie Spüllösung üblich.
Anaerobier können auf Wunden einen unangenehmen Geruch verursachen. Betroffen sind vor allem Dekubitalulzera und tumoröse Wunden. Abhilfe schaffen kann hier Metronidazol, das eine spezifische antibakterielle Wirkung gegen anaerobe Keime hat. Beispiel für ein Rezepturarzneimittel ist das »Metronidazolgel 1%, steriel« aus dem Formularium der Niederländischen Apotheker (FNA). Metronidazol ist bei Raumtemperatur zu höchstens 0,8 Prozent wasserlöslich. 1-prozentige Gele mit gelöstem Wirkstoff lassen sich nur unter Hitzebehandlung herstellen. Nach dem Autoklavieren liegt Metronidazol stabil in Lösung vor. Da diese Lösung jedoch übersättigt ist, darf das Gel nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden. Die Löslichkeit verringert sich bei niedriger Temperatur wieder und der Wirkstoff fällt aus.
Die Sterilisation von wässrigen Lösungen und Hydrogelen zur Wundbehandlung erfolgt im Laborautoklaven. / Foto: DAC/NRF
Zur lokalen Behandlung von Wundschmerzen bei chronischen Ulzera eignen sich 0,1-prozentige Morphin-haltige Hydrogele. Wegen der schlechten Penetration durch intakte Haut ist für Morphinhydrochlorid (Trihydrat) und Morphinsulfat (Pentahydrat) keine nennenswerte analgetische Wirkung zu erwarten. Die Salze können auf Schleimhäuten und Wunden hingegen zum Einsatz kommen. Zugleich kann hierbei auch ein für die chemische Stabilität günstiges saures pH-Milieu eingehalten werden. Das erreicht man meist durch den Zusatz von Natriumedetat, das zudem als Schwermetallfänger fungiert und so stabilisierend gegenüber Oxidationsprozessen wirkt. In Klinikapotheken werden die wirkstofffreien Hydrogele meist auf Vorrat hergestellt und eine Morphin-Lösung bei Bedarf zugemischt.
Zubereitungen zur Anwendung auf chronischen Wunden, Körperhöhlen und Oberflächen bei chirurgischen Eingriffen müssen steril sein. Dabei hat die Herstellung von Spüllösungen ausdrücklich mit Wasser für Injektionszwecke zu erfolgen. Bei Gelen ist dies ein sinnvolles Kann, aber kein Muss. Die Sterilisation erfolgt in der Regel durch Autoklavieren. Standard ist die Sterilisation bei 121 °C über 15 Minuten. Für Zubereitungen mit antimikrobiellen Stoffen wie Polihexanid ist unter anderem im Arzneibuch der DDR das sogenannte chemothermische Verfahren beschrieben. Hierbei wird die Entkeimung bei 100 °C für 30 Minuten im strömenden Wasserdampf vorgenommen. Bei Wirkstoffen, die eine Hitzebehandlung nicht vertragen, kann die Grundlage vorsterilisiert und eine wirkstoffhaltige Lösung zugemischt werden. Sofern die Wirkstofflösung bereits steril ist, muss sie nicht nochmals bakterienfrei filtriert werden. Unsterile Lösungen sollen unter Bakterienfiltration hinzugefügt werden.