Raus aus der Falle |
Rotschimmelreis (Red yeast Rice) wird mithilfe von Schimmelpilzstämmen durch Gärung aus gekochtem weißen Reis gewonnen. Durch die Fermentation entstehen unter anderem Monakoline, dabei auch Monakolin K, das in Struktur und Wirkung identisch ist mit Lovastatin. Zudem wird die toxische Substanz Citrinin (embryotoxisch, nierentoxisch) gebildet. Den zulässigen Höchstgehalt von Citrinin in NEM senkte die EU-Kommission im April 2020 von 2000 μg/kg auf 100 μg/kg ab.
Eine gesundheitlich unbedenkliche Menge (Tagesdosis) von Monakolin K in NEM konnte bisher nicht festgelegt werden (Risikobewertung der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit – EFSA und Bundesinstitut für Risikobewertung). Die Wirkung und vor allem auch Nebenwirkungen (Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Schwäche, Hautausschlag, Muskelkrämpfe, Rhabdomyolyse) sind vergleichbar mit denen des Arzneistoffs Lovastatin. Selbst bei Dosen von 3 mg Monakolin K/Tag aus Rotschimmelreis-Produkten kam es zu schweren Nebenwirkungen.
Da NEM keine Zulassung brauchen, sondern nur anzeigepflichtig beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sind, ist angesichts der Risiken von der Einnahme dringend abzuraten.
Coenzym Q10 (Ubidecarenon) gehört zur Gruppe der Ubichinone (Ubiquinone). Diese können im Prinzip von allen lebenden Zellen synthetisiert werden (lateinisch ubique: überall). Sie sind an Prozessen des intrazellulären (mitochondrialen) Energiestoffwechsels durch Adenosintriphosphat (ATP) beteiligt (Atmungskette) und sollen antioxidative Eigenschaften haben.
Coenzym Q10 ist kein essenzieller Nährstoff, da es ubiquitär vorkommt und vom gesunden Organismus in ausreichendem Maß synthetisiert wird. Coenzym Q10/Ubichinone sind in der Nahrung enthalten, zum Beispiel in Fleisch, Geflügel, Hülsenfrüchten, Soja, Nüssen und einigen pflanzlichen Ölen. Mit einer üblichen Ernährung nimmt man täglich 2 bis 20 mg auf.
Studien zum Gefährdungspotenzial von Coenzym-Q10-Dosierungen von 50 bis 300 mg/Tag über mehrere Wochen zeigten Nebenwirkungen in Form von gastrointestinalen Problemen (Appetitverlust, Übelkeit, Durchfälle). Im Dosierungsbereich von 300 mg/Tag fand man zudem erhöhte Werte an Laktatdehydrogenase oder Glutamat-Oxalacetat-Transaminase im Plasma (1, 2).
Langzeitstudien zu einer dauerhaften Anwendung und potenziellen Folgen liegen nicht vor. Es gibt hingegen Aussagen (3), dass es unter einer Therapie mit HMG-CoA-Reduktase-Hemmern (Statinen) zu einem Mangel an Coenzym Q10 kommt und einem dadurch bedingten Nierenversagen, was wiederum das Risiko der Statin-Nebenwirkung der Rhabdomyolyse erhöht. Folgende Zusammenhänge sind bisher belegt: Statine drosseln die Reduktion von HMG-Coenzym A zu Mevalonat. In der Folge sinken die Konzentrationen nachfolgender Biosyntheseprodukte, das heißt von Cholesterol, aber auch von Coenzym Q10. Daher ist eine Cholesterolsenkung durch Statine immer verknüpft mit einer Verringerung von Q10. Der Körper hat vermutlich keine ausreichenden Kompensationsmechanismen, denn nach Statin-Gabe wurden erniedrigte Q10-Spiegel im Plasma und in Muskelzellen festgestellt (3, 4).
Es gibt jedoch keine klinischen Daten, die zeigen, dass die Gabe von Coenzym Q10 zusammen mit Statinen dem muskelschädigenden Effekt entgegensteuern kann. Wahrscheinlicher ist, dass nur bestimmte Personen mit einer Defektmutation im MAFbx-codierenden Gen mit Muskelproblemen reagieren. Da MAFbx ein Q10-Ligand ist, würde die Gabe von Q10 hier vermutlich aber keinen Nutzen zeigen.
Anders verhält es sich beim Cholesterolsenker Ezetimib (Hemmung der Cholesterol-Aufnahme im Darm). Der Coenzym-Q10-Spiegel wird kaum beeinflusst (5).
► Fazit: Die Studienlage für eine Supplementierung mit Coenzym Q10 ist nicht ausreichend. Die Evidenzlage ist schlecht.