OTC-Geschäft könnte sich 2022 wieder erholen |
Auch die neuesten Zahlen, die der Informationsdienstleister Insight Health auf PZ-Nachfrage lieferte, belegen die wirtschaftlichen Einbußen im OTC-Geschäft, denen die Vor-Ort-Apotheken während der Pandemie gegenüberstanden. 2020 sank demnach die Anzahl der verkauften Packungen in diesem Bereich um gut 82 Millionen Stück, was einem Minus von 9 Prozent im Vergleich zu 2019 entspricht. Die Differenz zwischen 2021 und 2020 liegt dann nur noch bei minus 0,1 Prozent. Allerdings auf Basis eines bereits sehr niedrigen Niveaus.
Finanziell bedeutet das für 2020 einen Verlust von knapp 594 Millionen Euro gegenüber 2019 (minus 6,1 Prozent). Im Jahr 2021 entspannt sich die Situation wieder etwas. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es wieder einen Zuwachs von gut 163 Millionen Euro (1,8 Prozent).
Etwas optimistischer zeichnet der Pharmakonzern Stada, zu dessen Kerngeschäft auch OTC-Produkte gehören, das Bild gegenüber der PZ. »Der Markt der Selbstmedikation hat sich inzwischen sehr gut erholt und ist fast wieder auf dem alten Niveau.« Auch in einem insgesamt rückläufigen Markt der Erkältungsprodukte während der Lockdowns zu Anfang der Pandemie habe sich etwa das eigene Produkt Grippostad C »als verlässlicher Marktführer« behaupten können. Nach Auffassung des Konzerns hat das auch mit dem hohen Anteil an Vitamin C in dem Präparat zu tun. Das spiegle das Bedürfnis der Menschen wider, ihr Immunsystem zu stärken, so Stada. »Wir konnten durchaus beobachten, dass sich das Gesundheitsbewusstsein während der Pandemie verändert hat. So ist die Nachfrage nach Präparaten zur Unterstützung des Immunsystems gestiegen«, hieß es zur PZ.
Stada zufolge hat sich das Konsumentenverhalten in der Coronavirus-Krise dahingehend verändert, dass sich die Menschen zunehmend online über Produkte und Gesundheitsthemen informieren. »Unsere Erfahrung zeigt, dass viele Verbraucher online vorab recherchieren, sich anschließend in der Apotheke vor Ort beraten lassen und dann dort kaufen.«
Entspannt sich die Pandemielage weiter, ist auch Insight Health inzwischen zurückhaltend optimistisch. In dem Fall könne man im Jahr 2022 »vorsichtig auf eine weitere Erholung des OTC-Marktes hoffen«, so der Informationsdienstleister zur PZ. Allerdings sei der Erkältungsmarkt als einer der »wichtigen Treiber im OTC-Markt« aber auch in der aktuellen Saison weiter von den Abstands- und Hygieneregeln betroffen.
Wie eine Umfrage des Informationsdienstleisters Marpinion im Auftrag der PZ zeigt, haben gut 30 Prozent der fast 2000 Befragten aus rund 740 Apotheken den Eindruck, dass ihr OTC-Umsatz während der Coronavirus-Pandemie eher gesunken ist. 15,5 Prozent sind der Ansicht, die Umsätze sind gleichgeblieben. Ein Großteil der Befragten (44 Prozent) kann die Entwicklung nach eigenen Angaben nicht beurteilen.
Von den Umfrageteilnehmern, die bereits Einbußen mit OTC-Präparten in ihrer Apotheke festgestellt haben, gaben knapp 70 Prozent an, dass der Umsatz um bis zu 25 Prozent gesunken ist. Mehr als 20 Prozent von ihnen sprachen von Verlusten von bis zu 50 Prozent und bei nur wenigen (9,2 Prozent) überstieg das Minus 75 Prozent. Auf die Frage, ob die Apotheke angesichts dessen ihr Sortiment umgestellt hat, antworteten mehr als 70 Prozent mit Nein und knapp 30 Prozent mit Ja.
Am stärksten war das Minus demnach bei der apothekenexklusiven Kosmetik zu beobachten, wie 28,2 Prozent aller Umfrageteilnehmer bestätigten. Darauf folgt mit knapp 25 Prozent die Produktgruppe Komplexmittel bei grippalem Infekten. Weniger verdienten die Apotheken vor Ort außerdem bei Produkten der Indikationsgruppen Sinusitis und Schnupfen, wie 11,2 Prozent sagten. Kaum spürbar war für 2 Prozent der Verlust bei Präparaten gegen Übelkeit und Erbrechen sowie jeweils mit 2,1 Prozent bei Mitteln gegen Durchfall und zur Wundversorgung. In diesem Zusammenhang gaben allerdings gut 11,4 Prozent der Befragten an, dass in ihren Augen bei keiner Indikation der Umsatz »besonders stark gesunken« sei. Zusätzlich zählten die Teilnehmer im Freitext stichpunktartig zum Thema Umsatzverlust unter anderem die Bereiche Reiseapotheke, Stress, Halsschmerzen und Infekte der Bronchien auf.
Zuwächse hat es – wenig überraschend – beim Umsatz mit Antiseptika und Desinfektionsmittel gegeben, wie 45,6 Prozent der Teilnehmer angaben. Darüber hinaus verzeichneten die Offizinen deutliche Gewinne bei Präparaten zur Immunstärkung, wie 25,4 Prozent der Befragten bestätigten. Auf Platz drei landeten die Mittel bei nervöser Unruhe und Schlafstörungen. Das sagten 15,4 Prozent. Im Freitext fielen außerdem die Punkte Masken und Tests sowie Schmerz-, Schlaf- und Lippenherpesmittel, die den Apotheken ein Umsatzplus bescherten.
Nicht so düster nehmen die befragten Offizinen hingegen die Hinwendung zum Versandhandel wahr. Den Ergebnissen zufolge haben nur 32,5 Prozent der Befragten eine Abwanderung ihrer Kunden zu den Versendern feststellen können. Knapp 67,5 Prozent haben dagegen während der Pandemie solch eine Beobachtung nicht gemacht.
Zu den Teilnehmern, die zwischen dem 1. März und dem 12. März 2022 auf die Fragen der PZ geantwortet haben, zählen sowohl Apothekeninhaber als auch angestellte Apotheker sowie PTA. Das Durchschnittsalter der Befragten lag laut Marpinion bei 47,5 Jahren. Und die Mehrheit von ihnen war mit knapp 93 Prozent weiblich.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.