Neuer Kinasehemmer bei Lungenkrebs im Handel |
Sven Siebenand |
01.09.2022 09:00 Uhr |
Für die personalisierte Therapie bei Lungenkrebs hat es in den vergangenen Jahren einige neue Wirkstoffe gegeben. Auch Capmatinib gehört dazu. / Foto: Adobe Stock/megaflopp
Eine Überaktivierung der MET-Rezeptor-Tyrosinkinase spielt eine wichtige Rolle bei Proliferation und Überleben von Tumorzellen. Im Normalfall bindet eine Ligase an die Juxtamembrandomäne von MET und steuert dadurch den Abbau von MET. Sogenannte MET-Exon-14-Skipping-Mutationen im Gen für die Kinase können zum Verlust der genannten Domäne und damit der Bindungsstelle der steuernden Ligase führen. Die Folge: MET wird weniger abgebaut und ist dauerhaft übermäßig aktiv. Auch nachgelagerte Signalwege fördern das Krebswachstum. METex14-Skipping kann in den Tumoren von circa 3 bis 4 Prozent des nicht kleinzelligen Lungenkrebses (NSCLC) nachgewiesen werden.
Sowohl das seit März verfügbare Tepotinib (Tepmetko®, Merck) als auch der Neuling Capmatinib (Tabrecta®, Novartis Pharma) sind selektive Hemmstoffe der MET-Rezeptor-Tyrosinkinase, die die MET-Phosphorylierung und damit auch nachgelagerte MET-abhängige Signalwege hemmen. Beide sind für die Monotherapie bei Erwachsenen zur Behandlung von fortgeschrittenem NSCLC mit METex14-Skipping zugelassen. Voraussetzung für den Einsatz ist, dass die Patienten zuvor mit einer Immuntherapie und/oder platinhaltigen Chemotherapie behandelt wurden. Zudem muss vor Beginn der Behandlung das Vorliegen von METex14-Skipping-Veränderungen mit einer validierten Testmethode bestätigt worden sein.
Die empfohlene Dosis beträgt 400 mg Capmatinib zweimal täglich. Diese kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden. Beim Auftreten bestimmter Nebenwirkungen muss der Arzt die Dosis gegebenenfalls reduzieren. Geringere Tabrecta-Dosierungen als 200 mg zweimal täglich wurden in klinischen Studien allerdings nicht untersucht. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung, da der neue Wirkstoff bei diesen Patienten ebenfalls nicht untersucht wurde.
Basis für die Zulassung von Capmatinib sind Resultate der nicht randomisierten, offenen Phase-II-Studie Geometry mono-1 beim lokal fortgeschrittenen oder metastasierten NSCLC mit METex14-Skipping-Mutation. Die meisten der 100 Patienten waren mit ein oder zwei systemischen Therapien vorbehandelt, drei Patienten hatten im Vorfeld bereits drei Therapielinien erhalten. In der Studie wurde die Gabe von Capmatinib solange fortgesetzt, bis eine Tumorprogression dokumentiert wurde, die Therapie nicht mehr vertragen wurde oder der Patient nach Ermessen des Prüfarztes keinen klinischen Nutzen mehr von der Therapie erfuhr. Primärer Endpunkt war die Gesamtansprechrate. Der wichtigste sekundäre Endpunkt war die Dauer des Ansprechens. Die Ergebnisse: Die Gesamtansprechrate lag bei 44 Prozent. Bis auf einen Patienten mit einer Komplettremission handelte es sich sonst immer um Teilremissionen. Die Dauer des Ansprechens lag im Durchschnitt bei knapp zehn Monaten.