MS-Therapie für Kinder wird besser |
Daniela Hüttemann |
22.01.2021 11:00 Uhr |
In den vergangenen Jahren habe sich die Prognose durch die neueren MS-Medikamente deutlich verbessert, berichtete Huppke. In einer von ihm selbst geleiteten Studie konnte die Schubrate innerhalb von zehn Jahren um 46 Prozent reduziert werden. Auffällig war jedoch, dass 2015 die Schubrate bei Kindern mit milder bis moderater MS etwa dreimal so hoch war wie bei Kindern mit hochaktiver Erkrankung. »Das zeigt, dass wir noch nach besseren Therapieparametern suchen müssen«, so Huppke. Bislang orientieren sich die Neurologen vor allem an der Schubrate und an Läsionen im MRT. Hilfreich könnte hier der Biomarker NLF (Neurofilament Light Chains) im Serum sein. Er werde bei Neuronenzerfall freigesetzt. Eine aktuelle Studie habe gezeigt, dass die NFL-Werte im Serum von MS-Patienten deutlich höher lägen als in Kontrollgruppen, sagte der Experte.
Auch das Gewicht scheint eine Rolle zu spielen. »Uns sind viele übergewichtige Patienten aufgefallen«, berichtete Huppke. Eine retrospektive Studie habe gezeigt, dass Adipositas das MS-Risiko bei Kindern mehr als verdoppele. Zudem sprächen diese Patienten oft schlecht auf eine Basistherapie an. Dies könne mit einem größeren Verteilungsvolumen und einer daraus resultierenden Unterdosierung zusammenhängen. Huppke kritisierte, dass solche pharmakokinetischen Zusammenhänge bei Kindern zu wenig untersucht würden.
Insgesamt sei jedoch absehbar, dass durch eine Optimierung der Therapie eine weitere Verbesserung der Situation für pädiatrische MS-Patienten erreicht werden könne. Die Leitlinie, bei der Huppke einer von zwei federführenden Autoren ist und die zuletzt im Januar 2016 aktualisiert wurde, soll ab Januar überprüft werden.
Seitdem kamen mehrere neue MS-Medikamente für Erwachsene auf den Markt: Die monoklonalen Antikörper Daclizumab (Zinbryta®, mittlerweile jedoch schon nicht mehr auf dem Markt) und Ocrelizumab (Ocrevus®), Cladribin (Mavenclad®) als orale Kurzzeittherapie sowie die oral verfügbaren Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptormodulatoren Siponimod (Mayzent®) und Ozanimod (Zeposia®). Ob sie aus Sicht der Leitlinienautoren auch bei Kindern eingesetzt werden können, bleibt abzuwarten.