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GRADE-Studie

Metformin plus X untersucht

Metformin ist unter den Medikamenten, die bei Typ-2-Diabetes eingesetzt werden, unbestritten die Nummer 1. Doch was kommt danach? In einer großen Studie in den USA schnitten jetzt Insulin glargin und Liraglutid als Metformin-Partner am besten ab.
Annette Rößler
22.09.2022  16:03 Uhr

Wird bei einem Patienten die Diagnose Typ-2-Diabetes gestellt, soll zunächst versucht werden, durch Umstellung des Lebensstils den Blutzucker zu senken. Häufig gelingt dies jedoch nicht, sodass zusätzlich eine medikamentöse Therapie eingeleitet wird. Diese beginnt gemäß Nationaler Versorgungsleitlinie (NVL) mit Metformin, das abhängig vom individuellen Risikoprofil entweder als Monotherapie eingesetzt oder von Anfang an mit einem weiteren Diabetesmedikament kombiniert werden soll. Die Kombination »Metformin plus X« wird auch empfohlen, wenn bei niedrigem kardiovaskulären Risiko mit Metformin allein das Therapieziel nach einigen Monaten nicht erreicht wird.

Welcher Wirkstoffklasse das »X« angehören sollte, lässt die NVL offen. Infrage kommen etwa SGLT-2-Inhibitoren, GLP-1-Rezeptoragonisten, DPP-4-Inhibitoren, Sulfonylharnstoffe oder Insulin. Unter diesen soll gemäß Leitlinie eine »Auswahl entsprechend der Effekte auf priorisierte Endpunkte« getroffen werden. Als Kriterien für diese Entscheidung kommen etwa die mittlerweile gezeigten positiven Effekte der SGLT-2-Hemmer bei Herzinsuffizienz und Nierenschwäche infrage oder die gewichtsreduzierende Wirkkomponente der GLP-1-Rezeptoragonisten.

Selbstverständlich sollte auch berücksichtigt werden, wie gut die verschiedenen Bewerber für den Platz an der Seite des Metformins den Blutzucker senken, denn das ist bei Diabetes schließlich das Hauptproblem. Hierzu gibt es jetzt neue Daten aus den USA. Es handelt sich um eine Auswertung der GRADE-Studie (Glycemia Reduction Approaches in Diabetes: A Comparative Effectiveness), die im »New England Journal of Medicine« publiziert wurde. Die GRADE-Studie startete im Jahr 2013 und verglich vier damals zugelassene Diabetesmittel hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Langzeit-Blutzucker HbA1c: das Basalinsulin Insulin glargin, den Sulfonylharnstoff Glimepirid, den GLP-1-Rezeptoragonisten Liraglutid und den DPP-4-Inhibitor Sitagliptin, jeweils in Kombination mit Metformin.

Die 5047 teilnehmenden Typ-2-Diabetiker hatten zu Beginn der Studie HbA1c-Werte zwischen 6,8 und 8,5 Prozent; angestrebt werden Werte zwischen 6,5 und 7,5 Prozent. Als primärer Endpunkt war die kumulative Inzidenz eines HbA1c-Werts ≥ 7 Prozent während des median fünfjährigen Beobachtungszeitraums definiert. Hier zeigten sich signifikante Unterschiede: Der HbA1c-Wert überschritt unter Metformin plus Insulin glargin während 26,5 pro 100 Teilnehmerjahren die 7-Prozent-Marke; unter Metformin plus Liraglutid waren es mit 26,1 pro 100 Teilnehmerjahren annährend gleich viele. Dagegen lagen die entsprechenden Werte für Metformin/Glimepirid mit 30,4 pro 100 Teilnehmerjahren beziehungsweise Metformin/Sitagliptin mit 38,1 pro 100 Teilnehmerjahren höher. Der sekundäre Endpunkt, die Senkung des HbA1c-Werts unter 7,5 Prozent, bestätigte dieses Ergebnis.

Schwere Hypoglykämien waren insgesamt selten, aber unter dem Sulfonylharnstoff mit 2,2 Prozent am häufigsten. Probanden unter Liraglutid berichteten häufiger von gastrointestinalen Nebenwirkungen und verloren mehr Gewicht als Teilnehmer in den anderen Gruppen.

Alle vier hier getesteten Wirkstoffe beziehungsweise Wirkstoffgruppen verstärken in Kombination mit Metformin dessen HbA1c-Wert-senkenden Effekt; Insulin glargin und Liraglutid tun dies geringfügig stärker als die anderen: So lautet das Fazit der Autoren. Ergänzend muss allerdings hinzugefügt werden, dass selbst unter den »Gewinnern« ein gutes Viertel der Patienten dauerhaft über dem angestrebten Zielwert lag. Somit bestätigt auch diese Studie einmal mehr, wie schwierig es für Typ-2-Diabetiker ist, ihren Blutzucker gut zu kontrollieren.

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