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Steckbrief Insulin glargin

Im Jahr 1921 wurde erstmals Insulin aus der Bauchspeicheldrüse eines Hundes gewonnen. Dieser Forschungserfolg und seine Folgen haben bis heute Millionen Menschen das Leben gerettet. 100 Jahre später gibt es viele verschiedene Insuline im Handel. Das Basalinsulin Insulin glargin ist in Deutschland das am häufigsten verordnete.
Sven Siebenand
24.03.2021  09:00 Uhr

Was ist Insulin glargin?

Insulin glargin ist ein Insulinanalogon und gehört zu den Basalinsulinen. Hergestellt wird es mittels gentechnologischer Methoden unter Verwendung von Escherichia coli.

Wie unterscheidet sich Insulin glargin von Humaninsulin?

Im Vergleich zum menschlichen Insulin gibt es sowohl in der A- als auch in der B-Kette des Hormons kleine Veränderungen. An Position 21 der A-Kette ist die Aminosäure Asparagin gegen Glycin ausgetauscht und die B-Kette wurde mit zwei Arginin-Einheiten verlängert. Glycin statt Asparagin und zweimal Arginin führen zusammen zum Namen Glargin.

Wie wirkt Insulin glargin?

Insulin glargin wirkt wie andere Insuline über die Bindung am Insulinrezeptor und senkt den Blutzuckerspiegel. Insulin glargin und seine Metaboliten haben eine ähnliche Affinität zum Humaninsulinrezeptor wie menschliches Insulin.

Die Injektionslösung ist auf den pH-Wert 4 eingestellt. Insulin glargin ist in diesem sauren pH-Bereich vollständig löslich. Nach der Injektion in das Subkutangewebe wird die saure Lösung neutralisiert, was zur Bildung von Mikropräzipitaten führt, aus denen kontinuierlich geringe Mengen von Insulin glargin freigesetzt werden. Dies hat ein gleichmäßiges Konzentrations-Zeit-Profil ohne Spitzen und eine lang anhaltende Wirkdauer von bis zu 24 Stunden zur Folge.

Wer darf mit Insulin glargin behandelt werden?

Patienten mit Diabetes mellitus ab einem Alter von zwei Jahren dürfen mit dem Basalinsulin behandelt werden.

Wie sollte Insulin glargin angewendet werden?

Insulin glargin sollte einmal täglich zu einer beliebigen Zeit, jedoch jeden Tag in etwa zur gleichen Zeit, verabreicht werden. Dosierung und Zeitpunkt der Verabreichung sollten individuell festgelegt werden.

Was ist beim Spritzen zu beachten?

Die Injektionsstellen sollten regelmäßig gewechselt werden, um das Risiko einer Lipodystrophie und einer kutanen Amyloidose zu reduzieren. Insulin glargin darf auf keinen Fall intravenös verabreicht werden. Die verlängerte Wirkdauer hängt von der Injektion in subkutanes Gewebe ab. Die intravenöse Verabreichung der normalerweise subkutan applizierten Dosis kann zu einer schweren Unterzuckerung führen. Und: Insulin glargin darf nicht mit einem anderen Insulin gemischt oder verdünnt werden. Mischen oder Verdünnen kann das Zeit-Wirk-Profil verändern, Mischen kann zu Ausfällungen führen.

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Am häufigsten werden Unterzuckerungen beobachtet. Aber auch Reaktionen an der Injektionsstelle und Lipohypertrophie sind häufig.

Können auch Schwangere Insulin glargin erhalten?

Ja. Laut Fachinformation ist das möglich.

Welche Wechselwirkungen gilt es zu beachten?

Eine Reihe von Substanzen beeinflusst den Glucosestoffwechsel. Das kann grundsätzlich bei Insulinpräparaten eine Dosisanpassung erforderlich machen. Zu den Substanzen, die eine Verstärkung der Blutzuckersenkung und eine Erhöhung der Anfälligkeit für Hypoglykämien verursachen können, gehören zum Beispiel orale Antidiabetika, ACE-Hemmer, Fibrate, Fluoxetin und MAO-Hemmer. Zu den Substanzen, die den blutzuckersenkenden Effekt abschwächen können, gehören beispielsweise Corticoide, Diuretika, atypische Antipsychotika wie Clozapin und Olanzapin sowie HIV-Proteaseinhibitoren.

Was ist mit dem Krebsrisiko unter Insulin glargin?

Vor Jahren gab es großen Wirbel, dass das Krebsrisiko unter Insulin glargin erhöht sein könnte. Dieser Verdacht ist aber schon seit Längerem vollends vom Tisch.

In welchen Präparaten ist Insulin glargin enthalten?

Das bekannteste Präparat ist das Originalpräparat Lantus®. Zudem gibt es seit einiger Zeit mit Abasaglar® ein Insulin-glargin-Biosimilar. Auch das Biosimilar Semglee® ist zugelassen, bisher jedoch nicht im deutschen Handel.

Auch Toujeo® enthält Insulin glargin, aber in dreifach höherer Konzentration: Während Lantus 100 Einheiten pro Milliliter enthält, sind es in Toujeo 300 U. Das verringert das Injektionsvolumen und verändert auch die Absorptionskinetik.

Last, but not least gibt es eine Fixkombination aus Insulin glargin und dem GLP-1-Rezeptoragonisten Lixisenatid im Handel. Mit Suliqua® können Typ-2-Diabetiker therapiert werden.

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