Medikamente bei Aggression und Gewalt |
Tritt aggressives Verhalten bei Menschen mit geistiger Behinderung auf, liegt auch hier häufig eine Kombination unterschiedlicher Auslöser vor. Hierzu zählen Reizüberflutung, Schmerzen, Missverständnis sozialer Signale oder auch psychotisches Erleben bei einer komorbiden psychiatrischen Erkrankung. Auch grenzüberschreitendes Verhalten Dritter kann heftige Reaktionen provozieren.
Oft sind die Menschen in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, Gefühle sprachlich auszudrücken oder Konflikte sozialverträglich zu lösen. Aggressive Reaktionen können abrupt und heftig ausfallen – nicht zuletzt, weil die Betroffenen die Wirkung ihres Handelns auf andere kaum richtig einschätzen können.
Klinische Studien zeigen, dass oft behandelbare körperliche oder psychiatrische Komorbiditäten wie eine Schizophrenie hinter aggressivem Verhalten stehen. Eine sorgfältige Diagnostik ist daher essenziell, ebenso der Einsatz evidenzbasierter heilpädagogischer und psychotherapeutischer Programme. Erst wenn diese Maßnahmen ausgeschöpft sind, kommt eine medikamentöse Behandlung infrage.
Nicht-medikamentöse Maßnahmen sind bei Demenzpatienten mit aggressivem Verhalten mitunter sehr effektiv. / © Adobe Stock/ifiStudio
Die pharmakologische Therapie aggressiven Verhaltens bei dieser Patientengruppe ist nur begrenzt durch Studien abgesichert. Die meisten Erkenntnisse stammen aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Eine direkte Übertragbarkeit auf Erwachsene ist nicht ohne Weiteres gegeben. Studien sind häufig klein, unkontrolliert und in ihrer Methodik uneinheitlich.
Antipsychotika wie Risperidon oder Aripiprazol werden zwar eingesetzt, ihre Wirkung auf nicht-psychotisch motivierte Aggression wird jedoch kritisch hinterfragt. SSRI können aggressives Verhalten positiv beeinflussen, wenn diesem eine psychiatrische Komorbidität zugrunde liegt, die mit SSRI behandelt werden kann, zum Beispiel Angst- oder Zwangsstörungen.
Einige ältere Studien weisen auf mögliche Effekte von Stimmungsstabilisierern wie Lithium oder Valproat hin. Auch Betablocker wurden in Einzelfällen als hilfreich beschrieben.
Dennoch mahnen Fachleute zur Zurückhaltung: Medikamente sollen nur eingesetzt werden, wenn sie dazu beitragen, freiheitsentziehende Maßnahmen zu vermeiden oder die Inklusion zu fördern.