Medikamente bei Aggression und Gewalt |
Tritt das aggressive Verhalten mit psychotischen Elementen auf, stehen Antipsychotika im Vordergrund. Die Datenlage ist schwach. Die besten Daten liegen für das alte typische Neuroleptikum Haloperidol vor. Dieses kann zu Bewegungsstörungen (EPMS) führen und die QT-Zeit verlängern. Aufgrund der kardialen UAW soll Haloperidol nicht mehr intravenös verabreicht werden und eine wiederholte intramuskuläre Injektion soll nur unter ständiger EKG-Überwachung erfolgen.
In puncto kardialer Nebenwirkungen ist allgemein zu bedenken, dass ein Patient im psychomotorischen Erregungszustand stark adrenerg stimuliert ist. Auch ohne Gabe von anticholinergen Arzneimitteln stellt dies ein Risiko für Blutdruckkrisen, Myokardischämie, Herzrhythmusstörungen oder die Entgleisung einer Herzinsuffizienz dar.
Treten behandlungsbedürftige aggressive Erregungszustände in Verbindung mit Alkohol auf, wird meist Haloperidol als Monotherapie eingesetzt. / © Shutterstock/Kamil Zajaczkowski
In der Praxis werden zunehmend Olanzapin oder Risperidon oral eingesetzt. Risperidon steht hierfür nur oral zur Verfügung. Olanzapin darf intravenös nicht mit Benzodiazepinen kombiniert werden, wegen des Risikos von Kreislaufversagen und Atemdepression, die tödlich verlaufen können. Olanzapin oral war Haloperidol zwar in der Symptomsenkung während der ersten zwei Stunden überlegen, zeigte nach 24 Stunden jedoch keinen Vorteil. Oft werden Haloperidol und Risperidon zusammen mit sedierenden Arzneimitteln, meist Lorazepam, verabreicht, auch wenn hierzu wenig Evidenz vorliegt. Manchmal wird auch das niederpotente Neuroleptikum Promethazin mit Haloperidol kombiniert.
Die Behandlungsstrategien werden maßgeblich davon beeinflusst, mit welchen Substanzen oder Kombinationen die Behandelnden die meisten Erfahrungen gemacht haben.
Treten behandlungsbedürftige aggressive Erregungszustände in Verbindung mit einer Intoxikation auf, zum Beispiel mit Alkohol, unbekannten Substanzen oder einer Mischintoxikation oder ist der Zustand diagnostisch unklar, soll man besonders zurückhaltend mit sedierenden Arzneimitteln sein. Dann wird meist Haloperidol als Monotherapie eingesetzt (Grafik).
Das einzige inhalativ verfügbare Antipsychotikum, Loxapin, wird aufgrund des Risikos, einen Bronchospasmus auszulösen, nur im klinischen Umfeld eingesetzt, wenn kurzwirksame β2-Sympathomimetika zur Verfügung stehen. Patienten müssen nach jeder Anwendung für eine Stunde auf Anzeichen einer Atemwegsreaktion überwacht werden.
Loxapin ist nur zur Therapie leichter bis mittelschwerer Agitiertheit zugelassen. Für die inhalative Anwendung ist ein Maß an Kooperation und Koordination notwendig, das im Akutfall selten erreicht wird.
Das zur Behandlung von mäßigen bis schweren manischen Episoden bei Bipolar-I-Störung zugelassene Asenapin scheint auch bei akuter Agitation wirksam zu sein. Es muss jedoch über die Mukosa der Mundschleimhaut aufgenommen werden; geschluckt hätte es eine geringe Bioverfügbarkeit von weniger als 2 Prozent der verabreichten Dosis.
Die Tablette soll unter die Zunge gelegt und zehn Minuten lang nichts gegessen oder getrunken werden. Asenapin hat leider einen stark bitteren Geschmack. Auch hier ist also Mitwirkung des Patienten gefordert.