Lipidsenker zur Kardioprotektion |
Inclisiran ist eine kleine interferierende RNA (siRNA: small interfering RNA), die gezielt die Translation der PCSK9-mRNA in Hepatozyten unterbindet. Inclisiran besteht aus einem doppel-strängigen RNA-Duplex, das chemisch stabilisiert wurde, um eine verlängerte Wirkdauer durch Resistenz gegenüber Abbau via RNAsen zu gewährleisten.
Inclisiran wird subkutan appliziert; die Dosis beträgt 284 mg (Wiederholung initial nach drei Monaten, anschließend alle sechs Monate). Nach subkutaner Injektion gelangt es über den Blutkreislauf zu den Hepatozyten (Abbildung 2).
Zur gezielten Leberaufnahme ist Inclisiran mit drei N-Acetylgalactosamin-Zuckereinheiten antennenartig (triantennäres GalNAc) konjugiert. Diese binden spezifisch an den auf der Oberfläche von Hepatozyten exprimierten Asialoglykoprotein-Rezeptor, woraufhin das Molekül durch Rezeptor-vermittelte Endozytose aufgenommen wird. Im Zytoplasma von Hepatozyten wird der »Passenger-Strang« der siRNA entfernt. Der verbleibende »Guide-Strang« wird in den RISC-Komplex (RNA-induced silencing complex) eingebaut. Dieser bindet komplementär zur PCSK9-mRNA und führt zu deren Abbau durch RNAsen.
In der Folge wird die Translation von PCSK9 verhindert und die Anzahl funktioneller LDL-Rezeptoren auf Hepatozyten steigt, da diese nicht mehr im Proteasom abgebaut werden.
Die subkutan applizierten PCSK9-Hemmer sind in der Regel gut verträglich und zeigen wenig Interaktionen. Da die meisten Patienten aber zusätzlich Statine bekommen, lohnt sich ein Blick in die Interaktionsdatenbanken. / © Adobe Stock/Juanma Cuevas
Inclisiran ist zugelassen zur Behandlung der primären Hypercholesterolämie einschließlich familiärer (insbesondere heterozygoter) Formen sowie der gemischten Dyslipidämie bei Erwachsenen, deren LDL-Spiegel trotz anderer Maßnahmen nicht ausreichend gesenkt wird. Es wird zusätzlich zu Statinen oder bei Statin-Intoleranz in Monotherapie oder in Kombination mit anderen Lipidsenkern eingesetzt.
In den ORION-Studien wurde gezeigt, dass Inclisiran zu einer LDL-Reduktion um 50 Prozent gegenüber dem Ausgangswert führt. Die LDL-Senkung ist langfristig stabil mit minimalen Fluktuationen zwischen den Injektionen. Die Wirkung setzt innerhalb weniger Wochen ein und stabilisiert sich nach der zweiten Dosis.
▶ Inclisiran bietet einen signifikanten Zusatznutzen insbesondere für Patienten mit atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung oder hohem kardiovaskulärem Risiko, die trotz Statinen ihre LDL-Zielwerte nicht erreichen, für Patienten mit familiärer Hypercholesterolämie sowie bei eingeschränkter Therapietreue. Der Wirkstoff ist sehr gut verträglich. Durch das Fehlen systemischer und muskulärer Nebenwirkungen eignet sich Inclisiran besonders gut für Risikopatienten mit komplexer Medikation oder Statin-Unverträglichkeit.