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Atherosklerose

Lipidsenker zur Kardioprotektion

Die Senkung des LDL-Cholesterols im Blut reduziert das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Obwohl wirksame Arzneistoffe zur Verfügung stehen, erreicht nur ein kleiner Teil der Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko den angestrebten Zielwert. Daher ist mit steigendem Risikoprofil eine Kombitherapie sinnvoll.
Peter Ruth
Astrid Scharfe
03.08.2025  08:00 Uhr

Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Folge der Atherosklerose sind nach wie vor die häufigste Todesursache hierzulande. Jeder dritte Erwachsene in Deutschland hat zu hohe Cholesterolwerte. Dies ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Atherosklerose und damit für koronare Herzerkrankung, Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere arterielle Verschlusskrankheit.

Die Atherosklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung mittelgroßer Arterien, die durch die Bildung lipidreicher Plaques in der Intima gekennzeichnet ist. Zentrale pathophysiologische Prozesse sind endotheliale Dysfunktion, Lipidakkumulation, chronische Entzündung und Umbauvorgänge der Gefäßwand (Abbildung 1). Die Erkrankung entwickelt sich über Jahrzehnte meist asymptomatisch und wird häufig erst durch klinische Folgeereignisse wie Myokardinfarkt, ischämischen Schlaganfall oder periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) manifest.

Die Atherosklerose entsteht initial an hämodynamisch belasteten Stellen wie Gefäßverzweigungen, wo turbulente Strömungsverhältnisse vorherrschen. Dabei dringen cholesterolreiche Low-Density-Lipoprotein-(LDL-)Partikel in den subendothelialen Raum ein und binden sich an Proteoglykane der extrazellulären Matrix. Endothelschädigende Risikofaktoren wie Hypertonie, Diabetes mellitus und Nikotinabusus begünstigen das Eindringen.

Die LDL-Partikel erfahren im Subendothel eine milde Oxidation durch reaktive Sauerstoffspezies. Oxidiertes LDL induziert die Adhäsion von Monozyten an das Endothel, die anschließend in das Subendothel einwandern und zu Makrophagen differenzieren, die wiederum oxidiertes LDL aufnehmen und zu Cholesterol-überladenen Schaumzellen werden. Es entstehen frühe Fettstriemen-artige Läsionen am Gefäßlumen der Arterien.

Untergehende lipidüberladene Schaumzellen sowie eingewanderte T-Lymphozyten sezernieren proinflammatorische Zytokine wie IL-6, TNF-α und IFN-γ, die eine chronische Entzündung in den Arterien auslösen und aufrechterhalten. Parallel dazu kommt es zur De-Differenzierung glatter Muskelzellen der Media, die dadurch wieder teilungsfähig werden, in die Intima einwandern und dort zusammen mit Fibroblasten proliferieren.

Beide Zelltypen bilden Bestandteile der extrazellulären Matrix wie Kollagen, das zur Bildung einer Plaque-stabilisierenden Kappe beiträgt. Diese überdeckt den zentralen nekrotischen Kern aus abgestorbenen Schaumzellen, Cholesterol und Zelltrümmern. Das neu entstandene Plaque-Konstrukt (Abbildung 1, rechts) wächst zunehmend in das Gefäßlumen hinein.

Plaque-Ruptur als Risikoereignis

Durch die Inflammation wird die fibrotische Kappe instabil, da Immunzellen Matrix-Metalloproteasen (MMP) freisetzen, die das Kollagengerüst abbauen und so eine Plaque-Ruptur begünstigen. Kommt es zu dieser, etwa durch eine Blutdruckspitze, werden prothrombotische Substanzen aus dem nekrotischen Kern freigesetzt. Diese aktivieren Thrombozyten und leiten eine Thrombusbildung ein. Innerhalb kürzester Zeit kann es zu einem akuten Gefäßverschluss kommen mit der Gefahr von Myokardinfarkt, ischämischem Schlaganfall oder akutem Koronarsyndrom.

Eine Atherosklerose der Koronararterien ist ursächlich für die Koronare Herzkrankheit. Betrifft sie die Arteria carotis oder Beinarterien, ist häufig ein ischämischer Schlaganfall oder eine pAVK die Folge.

Das atherogene Potenzial ist für cholesterolreiches LDL am größten, deutlich geringer ist es für VLDL (very low density lipoprotein). HDL wirkt anti-atherogen, da es Cholesterol aus den peripheren Geweben zurück zur Leber transportiert, wo es zu Gallensäuren umgeformt und ausgeschieden wird.

Lipoprotein (a) ist ein modifiziertes LDL-Partikel, das in Leberzellen gebildet wird. Seine Plasmakonzentration ist genetisch determiniert und schwankt interindividuell stark. Hohe Plasmakonzentrationen stellen einen unabhängigen Risikofaktor für KHK, Herzinfarkt und Schlaganfall dar.

Häufigste Form: polygene Hypercholesterolämie

Ursächlich für die häufigste Form der Hyperlipidämie sind multiple genetische Varianten (Polymorphismen) in verschiedenen Genen, die in ihrer Summe den LDL-Cholesterolspiegel erhöhen. Betroffene tragen mehrere genetische Mutationen mit geringer Effektstärke. Unter anderem wurden Gene für ApoE4, CELSR2, ApoB, ABCG8, HMGCR und CETP identifiziert.

Die Manifestation dieser auch als primäre Hypercholesterolämie bezeichneten Hyperlipidämie wird zusätzlich beeinflusst durch Umweltfaktoren und Komorbiditäten wie Ernährung, Bewegungsmangel, Adipositas, metabolisches Syndrom, Alter und männliches Geschlecht. Meist zeigen sich eine moderate LDL-Erhöhung und eine familiäre Häufung vorzeitiger kardiovaskulärer Ereignisse. Eine frühzeitige Diagnose durch Lipid-Screening bei Risikopersonen sowie eine Lebensstilintervention sind essenziell, um atherosklerotischen Folgeerkrankungen vorzubeugen.

Im Unterschied zur polygenen ist die familiäre Hypercholesterolämie eine monogenetisch bedingte Form der Hyperlipidämie mit autosomal-dominantem oder -rezessivem Erbgang. Sie beruht auf Mutationen in einem einzelnen Gen, häufig im LDL-Rezeptor-, ApoB- oder PCSK9-Gen. Bei der heterozygoten Form (eine mutierte Genkopie, Prävalenz 1:300) ist das LDL moderat erhöht, während bei der homozygoten Form (zwei mutierte Genkopien, Prävalenz 1:1 Million) sehr hohe LDL-Konzentrationen oft schwerste kardiovaskuläre Erkrankungen bereits im Kindesalter mit sich bringen.

Lipidsenkung in Sekundär- und Primärprävention

Hat der Patient bereits eine kardiovaskuläre Erkrankung oder zusätzlich zur Hypercholesterolämie einen Diabetes mellitus, ist sein kardiovaskuläres Risiko sehr hoch (über 10 Prozent in den nächsten zehn Jahren für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis). Daher ist ein LDL-Zielwert unter 55 mg/dl mit einem direkten Einstieg in die medikamentöse Therapie, die als Sekundärprävention bezeichnet wird, anzustreben. Die erforderlichen Begleitmaßnahmen zeigt die Tabelle 1.

Bei noch nicht vorhandener kardiovaskulärer Erkrankung wird zunächst das individuelle Zehn-Jahres-Risiko für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis unter Anwendung des SCORE-Systems der European Society of Cardiology (ESC) abgeschätzt. Dessen Kriterien beinhalten den systolischen Blutdruck, die Gesamtcholesterol-Plasmakonzentration, Alter, Geschlecht und Raucherstatus. Daraus ergibt sich eine Einteilung in Risikokategorien: Liegt das individuelle Zehn-Jahres-Risiko für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis unter 3 Prozent (niedriges Risiko), ist ein LDL-Zielwert unter 116 mg/dl anzustreben; bei 3 bis 5 Prozent (moderates Risiko) gilt unter 100 mg/dl, bei 5 bis 9 Prozent (hohes Risiko) unter 70 mg/dl und ab 10 Prozent und höher (sehr hohes Risiko) ein LDL unter 55 mg/dl.

Lebensstilmaßnahmen Zielwerte, Erläuterungen
Kohlenhydrate (v.a. Vollkornprodukte) 50 bis 60 Prozent
Proteine 10 bis 20 Prozent
Fette (keine Transfette) maximal 30 Prozent
(gesättigte Fettsäuren <10 Prozent, einfach ungesättigte Fettsäuren 10 Prozent, mehrfach ungesättigte Fettsäuren 10 Prozent)
Ballaststoffe 30 g/Tag
Cholesterol <30 mg/Tag
körperliche Aktivität 3,5 bis 7 h/Woche, also 30 bis 60 min an den meisten Tagen
Body-Mass-Index 20 bis 25 kg/m²
Taillenumfang <94 cm bei Männern, <80 cm bei Frauen
Blutdruckzielwert <140/90 mmHg
Rauchstopp sofort
Tabelle 1: Lebensstilmaßnahmen bei Hyperlipidämie zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse

Lebensstiländerungen, mediterrane Ernährung mit viel Gemüse/Obst, Fisch und wenig tierisches Fett sowie zusätzlich Alkoholkarenz sind wie bei der Sekundärprävention (Tabelle 1) unabdingbare Begleitmaßnahmen der medikamentösen Therapie, die hier als Primärprävention bezeichnet wird.

Medikamentöse Therapie: Statine

Statine gehören zu den zentralen Säulen in der Therapie der Hypercholesterolämie und Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen. Sie sind zugelassen zur Behandlung der diätresistenten primären und der familiären Hypercholesterolämie, bei kombinierter Hyperlipidämie sowie zur Primär- und Sekundärprävention atherosklerotischer Komplikationen.

In der Primärprävention kommen sie insbesondere bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko zum Einsatz. In der Sekundärprävention nach kardiovaskulären Ereignissen sind Statine essenzieller Teil der Langzeittherapie – unabhängig vom Ausgangs-LDL. Jede LDL-Senkung um 1 mmol/l (circa 40 mg/dl) reduziert das Risiko schwerwiegender vaskulärer Ereignisse wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Revaskularisation um 22 Prozent, senkt die KHK-bedingte Mortalität um 20 Prozent und vermindert das Schlaganfallrisiko um 17 Prozent.

Nach oraler Einnahme werden Statine im Dünndarm resorbiert und über die Pfortader zur Leber transportiert. Dort durchströmen sie die Sinusoide: kapillarähnliche Gefäße, die den Stoffaustausch zwischen Blut und Hepatozyten ermöglichen. Ein entscheidender Schritt ist die Aufnahme in die Hepatozyten über den Transporter OATP1B1, der an der sinusoidalen Membran sitzt. Dort wirken sie als Inhibitoren der HMG-CoA-Reduktase (Abbildung 2).

Dadurch blockieren Statine die endogene Cholesterol-Biosynthese in der Leber. Die intrahepatische Cholesterolkonzentration nimmt ab, was zu einer vermehrten Expression von LDL-Rezeptoren an der Oberfläche der Hepatozyten und somit zu einer verstärkten LDL-Aufnahme aus dem Blut führt. Die LDL-Konzentration im Plasma sinkt, zusätzlich kommt es zu moderater HDL-Erhöhung.

Statine sind die am häufigsten eingesetzten Lipidsenker, ihr klinischer Nutzen ist eindrucksvoll belegt. Schon eine moderate LDL-Senkung reduziert signifikant die Inzidenz schwerer kardiovaskulärer Ereignisse. Neben der LDL-Reduktion tragen auch pleiotrope Effekte zur Wirkung bei. Bemerkenswert ist der zunehmende Nutzen bei längerer Therapiedauer. Die LDL-Senkung variiert je nach Wirkstoff und Dosis (Tabelle 2).

Wirkstoff Erreichte LDL-Senkung (in Prozent)
Rosuvastatin bis zu 55
Atorvastatin 40 bis 50
Simvastatin 30 bis 40
Ezetimib 15 bis 20
Bempedoinsäure 15 bis 20
Bempedoinsäure in Kombination mit Ezetimib 35
Gallensäurebinder 15 bis 20
PCSK9-Hemmer, zum Beispiel Alirocumab, Evolocumab oder Inclisiran bis zu 60
Tabelle 2: Lipidsenker und ihr Einfluss auf die LDL-Senkung

▶ Statine sind die effektivste Therapie zur LDL-Senkung und unverzichtbarer Bestandteil jeder evidenzbasierten Strategie zur kardiovaskulären Prävention. Ihre Wirkung kann durch Kombination mit anderen Substanzklassen zusätzlich verstärkt werden.

Nebenwirkungen an der Muskulatur

Unerwünschte Wirkungen von Statinen betreffen vor allem das muskuloskelettale System. Diese reichen von häufigen Myalgien (5 Prozent der Patienten) über seltenere Myopathien bis hin zur sehr seltenen Rhabdomyolyse (1 bis 2 Fälle pro 100.000 Patientenjahre). Die Rhabdomyolyse manifestiert sich mit Myoglobinurie und potenziell lebensbedrohlichem akutem Nierenversagen. Zur Früherkennung von Muskelbeschwerden werden regelmäßige Kreatinkinase-Kontrollen empfohlen; ein Abbruch der Therapie erfolgt bei mehr als vierfachem Anstieg.

Relevante Nebenwirkungen treten insbesondere unter Hochdosistherapie oder bei genetischer Prädisposition auf. Letztere basiert auf der genetischen Variabilität des OATP1B1-Transporters in Leberzellen. Polymorphismen im kodierenden SLCO1B1-Gen vermindern die Transportkapazität, was die hepatische Aufnahme der Statine vermindert und deren Plasmakonzentration erhöht. Etwa 15 Prozent der europäischen Bevölkerung tragen das entsprechende Allel, das mit erhöhtem Risiko für muskuläre Nebenwirkungen assoziiert ist.

Auch der Metabolismus über Cytochrom-P450-Enzyme spielt eine Rolle. Simvastatin und Atorvastatin werden primär über CYP3A4 abgebaut, Fluvastatin über CYP2C9, während Rosuvastatin und Pravastatin kaum über CYP-Enzyme metabolisiert werden. Simvastatin ist zudem ein Prodrug, das erst durch Spaltung des Lactonrings in seine aktive Form überführt wird. Die hohe Lipophilie des Lacton-Vorläufers begünstigt die Aufnahme in Muskelzellen und gilt als mitverantwortlich für myotoxische Effekte.

Bempedoinsäure

Bempedoinsäure ist zugelassen zur Therapie der primären Hypercholesterolämie und der gemischten Dyslipidämie bei Erwachsenen, deren LDL-Werte mit einer maximal verträglichen Statintherapie nicht ausreichend kontrolliert werden können – sowohl in Monotherapie als auch in Kombination mit Statinen und weiteren Lipidsenkern. Bei Patienten mit Statin-Intoleranz kann Bempedoinsäure als Monotherapie oder in Fixkombination mit Ezetimib angewendet werden. Die Dosierung beträgt 180 mg einmal täglich oral.

Bempedoinsäure ist ein inaktives Prodrug. Nach Resorption im Dünndarm gelangt der Wirkstoff über die Pfortader in die Leber mit anschließender Aufnahme in Hepatozyten. Dort befindet sich das Enzym Acyl-CoA-Synthetase very long chain 1 (ACSVL1), das ausschließlich in der Leber, aber nicht in der Skelettmuskulatur exprimiert wird – ein wesentlicher Vorteil für die Verträglichkeit. ACSVL1 katalysiert die Umwandlung von Bempedoinsäure in das pharmakologisch aktive Bempedoyl-CoA, das selektiv die ATP-Citrat-Lyase (ACL), ein Schlüsselenzym der hepatischen Cholesterolsynthese, hemmt (Abbildung 2).

Infolge der reduzierten Cholesterolkonzentration in Hepatozyten wird – analog zu Statinen – die Expression von LDL-Rezeptoren auf den Hepatozyten hochreguliert: Die LDL-Plasmakonzen-tration sinkt. In kontrollierten Studien zeigte sich keine erhöhte Rate an Muskelschmerzen. Dies lässt sich durch die leberspezifische Aktivierung des Prodrugs erklären.

Bempedoinsäure hat sich in mehreren Phase-III-Studien als wirksamer LDL-Senker erwiesen (15 bis 20 Prozent bei Monotherapie); in Kombination mit Ezetimib konnte LDL um 35 Prozent gesenkt werden (Tabelle 2). Damit ist Bempedoinsäure in der Kombinationstherapie potenter als Ezetimib allein, bleibt aber hinsichtlich der LDL-Reduktion hinter hoch dosierten Statinen oder PCSK9-Hemmern zurück.

▶ Trotz der pharmakologisch überzeugenden Eigenschaften wird der klinische Zusatznutzen von Bempedoinsäure im Vergleich zur etablierten Statintherapie zurückhaltend bewertet, da noch keine Daten zur Senkung der kardiovaskulären Mortalität vorliegen.

Ezetimib

Ezetimib ist zugelassen zur Behandlung der primären Hypercholesterolämie sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit Statinen, insbesondere wenn diese allein nicht ausreichen. In Kombination mit einem Statin ist der Wirkstoff ebenfalls indiziert zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse bei homozygoter familiärer Hypercholesterolämie. In der klinischen Praxis wird Ezetimib häufig als Mittel der zweiten Wahl angesehen.

Ezetimib hemmt selektiv die Cholesterolresorption im Dünndarm. Sein Angriffspunkt ist der Transporter NPC1L1 (Niemann-Pick-C1-like-1), der an der apikalen Membran von Enterozyten im proximalen Dünndarm exprimiert wird (Abbildung 2). NPC1L1 vermittelt dort die Aufnahme von Cholesterol aus dem Darmlumen in die Enterozyten. Durch Blockade dieses Transporters hemmt Ezetimib gezielt die Resorption von Cholesterol aus dem Darmlumen. Infolgedessen sinkt der hepatische Cholesterolpool, was wiederum zur Hochregulation von LDL-Rezeptoren und zu vermehrter Aufnahme von LDL aus dem Blut führt.

Nach oraler Gabe wird Ezetimib rasch resorbiert und in der Leber durch UDP-Glucuronyltransferasen zu pharmakologisch aktivem Glucuronid konjugiert. Dieses Ezetimib-Glucuronid ist der wirksame Metabolit, der über die Galle in den Dünndarm sezerniert und dort als NPC1L1-Blocker wirksam wird. Bei Spaltung des Glucuronids resultiert ein enterohepatischer Kreislauf, der die lang anhaltende Wirkung erklärt. Das CYP450-System wird durch Ezetimib nicht relevant beeinflusst.

In Monotherapie senkt Ezetimib LDL um 15 bis 20 Prozent (Tabelle 2). Es wirkt synergistisch mit Statinen; die duale Hemmung senkt LDL additiv, ohne die Nebenwirkungsrate zu erhöhen. Der therapeutische Nutzen dieser Kombination zeigte sich in der IMPROVE-IT-Studie mit einer zusätzlichen LDL-Senkung von 25 Prozent gegenüber einer Statin-Monotherapie bei gleichzeitigem Rückgang kardiovaskulärer Ereignisse. Allerdings ist im direkten Vergleich zu Statinen die durch Ezetimib erzielte Mortalitätsreduktion deutlich geringer.

▶ Ezetimib nützt insbesondere Patienten mit (sehr) hohem kardiovaskulärem Risiko, bei denen trotz Statintherapie die LDL-Zielwerte nicht erreicht werden. Ebenso ist es eine sinnvolle Option für Patienten mit Statin-Intoleranz, da es keine muskelbezogenen Nebenwirkungen verursacht.

PCSK9-Antikörper Alirocumab und Evolocumab

Alirocumab und Evolocumab sind humanisierte monoklonale Antikörper, die gezielt das im Blut zirkulierende Protein PCSK9 (Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) neutralisieren (Abbildung 2 links).

PCSK9 ist ein Schlüsselfaktor in der Regulation von LDL, da es an LDL-Rezeptoren bindet und deren Abbau im Proteasom vermittelt. Somit begrenzt es die Verfügbarkeit von LDL-Rezeptoren auf der Zelloberfläche und die hepatische Aufnahme von LDL. Infolge der PCSK9-Neutralisation bleibt der LDL-Rezeptor nach Endozytose erhalten und wird nicht abgebaut, sondern recycelt zurück an die Zellmembran. Dies erhöht die Anzahl funktionaler LDL-Rezeptoren auf Hepatozyten, wodurch mehr LDL-Partikel aus dem Blut aufgenommen werden und LDL im Plasma signifikant sinkt – häufig um 50 bis 60 Prozent.

Alirocumab und Evolocumab sind indiziert für Patienten mit Hypercholesterolämie, insbesondere bei primären Formen sowie bei gemischter Dyslipidämie. Sie kommen sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit Statinen und anderen Lipidsenkern zum Einsatz – vor allem bei Patienten, die ihre LDL-Zielwerte unter maximal verträglicher Dosis eines Statins nicht erreichen oder die Statine nicht vertragen. Zudem sind PCSK9-Antikörper für Hochrisikopatienten mit manifester kardiovaskulärer Erkrankung zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos geeignet, bei denen eine intensive LDL-Senkung notwendig ist.

Evolocumab und Alirocumab werden in Dosen von 140 mg alle zwei Wochen (oder 420 mg alle vier Wochen) beziehungsweise 75 bis 150 mg alle zwei Wochen (oder 300 mg alle vier Wochen) subkutan appliziert. Beide Antikörper haben eine Halbwertszeit von 11 bis 20 Tagen, was die seltene Applikation ermöglicht. Nach subkutaner Injektion gelangen sie über die Lymphbahnen ins Blut und verteilen sich im Extrazellulärraum. Als monoklonale Antikörper werden PCSK9-Hemmer durch proteolytischen Abbau in Zellen des retikuloendothelialen Systems eliminiert.

PCSK9-Antikörper gelten insgesamt als sehr gut verträglich. Die Immunogenität (Ausbildung von neutralisierenden Anti-Antikörpern) ist sehr gering, da es sich um vollständig humanisierte Antikörper handelt. Die Gefahr einer allergischen Reaktion ist entsprechend niedrig.

In klinischen Studien senkten sie LDL in Kombination mit Statinen (hier besteht ein synergistischer Effekt, da Statine die PCSK9-Expression induzieren) um bis zu 75 Prozent. Große kardiovaskuläre Outcome-Studien wie FOURIER (für Evolocumab) und ODYSSEY OUTCOMES (für Alirocumab) haben gezeigt, dass PCSK9-Antikörper nicht nur LDL signifikant reduzieren, sondern auch das Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse sowie die kardiovaskuläre Mortalität senken. Besonders profitieren Patienten mit sehr hohem kardiovaskulärem Risiko oder genetischen Fettstoffwechselstörungen wie familiärer Hypercholesterolämie (insbesondere bei heterozygotem Gendefekt), bei denen andere Lipidsenker nicht ausreichend greifen.

▶ PCSK9-Antikörper zählen zu den derzeit potentesten Lipidsenkern und sind eine wichtige therapeutische Erweiterung der konventionellen lipidsenkenden Therapie. Sie sind auch bei Patienten mit Statin-Intoleranz effektiv, da sie völlig unabhängig von der HMG-CoA-Reduktase wirken. Dies erlaubt eine gezielte LDL-Senkung ohne muskuläre Nebenwirkungen.

PCSK9-Hemmer Inclisiran

Inclisiran ist eine kleine interferierende RNA (siRNA: small interfering RNA), die gezielt die Translation der PCSK9-mRNA in Hepatozyten unterbindet. Inclisiran besteht aus einem doppel-strängigen RNA-Duplex, das chemisch stabilisiert wurde, um eine verlängerte Wirkdauer durch Resistenz gegenüber Abbau via RNAsen zu gewährleisten.

Inclisiran wird subkutan appliziert; die Dosis beträgt 284 mg (Wiederholung initial nach drei Monaten, anschließend alle sechs Monate). Nach subkutaner Injektion gelangt es über den Blutkreislauf zu den Hepatozyten (Abbildung 2).

Zur gezielten Leberaufnahme ist Inclisiran mit drei N-Acetylgalactosamin-Zuckereinheiten antennenartig (triantennäres GalNAc) konjugiert. Diese binden spezifisch an den auf der Oberfläche von Hepatozyten exprimierten Asialoglykoprotein-Rezeptor, woraufhin das Molekül durch Rezeptor-vermittelte Endozytose aufgenommen wird. Im Zytoplasma von Hepatozyten wird der »Passenger-Strang« der siRNA entfernt. Der verbleibende »Guide-Strang« wird in den RISC-Komplex (RNA-induced silencing complex) eingebaut. Dieser bindet komplementär zur PCSK9-mRNA und führt zu deren Abbau durch RNAsen.

In der Folge wird die Translation von PCSK9 verhindert und die Anzahl funktioneller LDL-Rezeptoren auf Hepatozyten steigt, da diese nicht mehr im Proteasom abgebaut werden.

Inclisiran ist zugelassen zur Behandlung der primären Hypercholesterolämie einschließlich familiärer (insbesondere heterozygoter) Formen sowie der gemischten Dyslipidämie bei Erwachsenen, deren LDL-Spiegel trotz anderer Maßnahmen nicht ausreichend gesenkt wird. Es wird zusätzlich zu Statinen oder bei Statin-Intoleranz in Monotherapie oder in Kombination mit anderen Lipidsenkern eingesetzt.

In den ORION-Studien wurde gezeigt, dass Inclisiran zu einer LDL-Reduktion um 50 Prozent gegenüber dem Ausgangswert führt. Die LDL-Senkung ist langfristig stabil mit minimalen Fluktuationen zwischen den Injektionen. Die Wirkung setzt innerhalb weniger Wochen ein und stabilisiert sich nach der zweiten Dosis.

▶ Inclisiran bietet einen signifikanten Zusatznutzen insbesondere für Patienten mit atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung oder hohem kardiovaskulärem Risiko, die trotz Statinen ihre LDL-Zielwerte nicht erreichen, für Patienten mit familiärer Hypercholesterolämie sowie bei eingeschränkter Therapietreue. Der Wirkstoff ist sehr gut verträglich. Durch das Fehlen systemischer und muskulärer Nebenwirkungen eignet sich Inclisiran besonders gut für Risikopatienten mit komplexer Medikation oder Statin-Unverträglichkeit.

Evinacumab bei homozygoter FH

Evinacumab ist indiziert zur Behandlung der homozygoten familiären Hypercholesterolämie (HoFH). Dies ist eine schwere genetische Störung des Lipidstoffwechsels, bei der LDL-Rezeptoren oder andere Mechanismen der LDL-Clearance defekt sind. Das Medikament wird additiv zu anderen lipidsenkenden Maßnahmen, zum Beispiel zu Statinen, Ezetimib, PCSK9-Hemmern oder der LDL-Apherese, eingesetzt.

Evinacumab ist ein monoklonaler Antikörper, der gezielt gegen das Protein Angiopoietin-like 3 (ANGPTL3) gerichtet ist, einen zentralen Regulator des Lipidstoffwechsels. Nach intravenöser Applikation (15 mg/kg Körpergewicht alle vier Wochen) erreicht Evinacumab seine Zielstruktur ANGPTL3 an Endothelien (Abbildung 2, rechts oben).

Das Protein ANGPTL3 hemmt im physiologischen Zustand zwei Schlüsselenzyme des Lipidabbaus: die Lipoproteinlipase und die endotheliale Lipase. Die Blockade durch Evinacumab enthemmt die Aktivität dieser Enzyme; dies führt zu erhöhtem Abbau von Triglycerid-reichen Lipoproteinen (VLDL, IDL) und verringerter Bildung von LDL. Evinacumab ist auch wirksam bei Fehlen funktionaler LDL-Rezeptoren und daher besonders relevant bei HoFH-Patienten.

▶ In der Zulassungsstudie sank das LDL bei intensiv vorbehandelten Patienten mit HoFH nach sechs Monaten um 50 Prozent. Bis dato ist Evinacumab die einzige zugelassene Therapie, die unabhängig vom LDL-Rezeptor funktioniert. Obwohl kardiovaskuläre Endpunktdaten noch begrenzt sind, deutet die massive LDL-Reduktion auf ein potenziell bedeutsames Risikomanagement für Atherosklerose und vaskuläre Komplikationen hin.

Gallensäurebinder

Gallensäurebindende Ionenaustauscherharze (Colestyramin, Colesevelam) sollten nur in Einzelfällen als Reservemedikament bei Patienten mit primärer Hypercholesterolämie eingesetzt werden, wenn eine maximal verträgliche Behandlung mit Statinen und Ezetimib nicht ausreichend erscheint oder Statine nicht vertragen werden.

Ionenaustauscherharze können die Resorption zahlreicher Medikamente, unter anderem von Schilddrüsenhormonen und Antikoagulanzien stören. Ein Einnahmeabstand von mindestens einer bis zwei Stunden zu anderen Medikamenten wird empfohlen.

In der Zwei- und Dreifachkombination mit Statinen oder Statinen plus Ezetimib kann mit einem Gallensäurebinder eine weitere LDL-Senkung erreicht werden. Inwieweit daraus eine Senkung von kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität resultiert, ist offen.

Fibrate

Fibrate werden zur Behandlung von Hypertriglyzeridämien und gemischten Hyperlipidämien eingesetzt, auch zusätzlich zu einem Statin. Sie sind außerdem eine therapeutische Option bei familiärer Hypertriglyzeridämie und niedrigem HDL-Cholesterol zur Pankreatitis-Prophylaxe.

Fibrate senken primär den Triglyzeridspiegel (30 bis 50 Prozent), reduzieren geringfügig LDL (10 Prozent) und erhöhen moderat HDL (5 bis 15 Prozent). Im Vergleich zu Statinen oder PCSK9-Hemmern ist die LDL-senkende Wirkung schwach, aber der Einfluss auf die Triglyceride deutlich stärker.

In Studien, zum Beispiel FIELD und ACCORD-Lipid, zeigten Fibrate nur bei bestimmten Subgruppen wie Patienten mit hohen Triglycerid- und niedrigen HDL-Werten einen moderaten Nutzen. Eine generelle Senkung der Gesamtmortalität konnte bisher nicht eindeutig belegt werden. Dennoch können Fibrate bei sorgfältiger Indikationsstellung, zum Beispiel bei diabetischer Dyslipidämie, einen zusätzlichen Nutzen haben.

Sie werden hepatisch metabolisiert, häufig durch Hydrolyse zu aktiven Metaboliten, die überwiegend renal ausgeschieden werden; daher ist eine Dosisanpassung bei eingeschränkter Nierenfunktion notwendig.

Häufige unerwünschte Wirkungen sind gastrointestinale Beschwerden und Transaminasen-Anstieg sowie Myalgien und Myopathien, vor allem bei Kombination mit Statinen oder in höherem Alter.

Fazit: Das aktuelle Repertoire an Lipidsenkern zur kardiovaskulären Ereignisprophylaxe ist breit, wirksam und gut differenziert – sowohl für die Primär- als auch die Sekundärprävention. Es erlaubt eine individualisierte Therapie je nach Risikoprofil, genetischer Prädisposition und Therapieansprechen.

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