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Demenzen

Langsamer Abschied für alle

Wer die Diagnose Alzheimer-Demenz erhält, der braucht Therapie, Geduld, viel Verständnis und liebevolle Begleitung auf seinem Weg. Ärzte, Apotheker, Physiotherapeuten und Angehörige sollten an einem Strang ziehen, um die Selbstständigkeit und Lebensqualität – von Patient und Pflegenden – so lange wie möglich zu erhalten.
Katja Renner
27.12.2020  08:00 Uhr

Gemäß der demografischen Entwicklung nimmt die Zahl der Menschen mit demenziellen Erkrankungen stetig zu. Das Statistische Bundesamt schätzte deren Zahl Ende 2018 in Deutschland auf mehr als 1,5 Millionen. Jedes Jahr treten mehr als 300.000 Neuerkrankungen auf und bis 2050 rechnen Experten mit einer Verdoppelung dieser Zahl (1). Morbus Alzheimer ist diejenige Demenzform, die mit 60 Prozent am häufigsten auftritt. Der Hauptrisikofaktor ist das Altern selbst. Nach Angaben der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft leiden in Deutschland rund 10 Prozent der über 65-Jährigen an einer Demenz (2). Zwei Drittel der Erkrankten sind 80 Jahre oder älter.

Weltweit entwickelt alle drei Sekunden jemand eine Demenz, aber die meisten erhalten keine Diagnose oder Unterstützung. Die Zahl der Todesfälle aufgrund von Demenzerkrankungen hat sich zwischen 2000 und 2016 mehr als verdoppelt. Im Jahr 2016 war sie damit die fünfthäufigste Todesursache weltweit, im Vergleich zum 14. Platz im Jahr 2000 (2).

Let’s talk about

Diese Zahlen und Fakten verdeutlichen sehr gut, welche medizinische und gesellschaftliche Herausforderung diese Erkrankung bedeutet. Im Welt-Alzheimer-Report 2019 wurden Ergebnisse einer Befragung zu Wissensstand und Stigma Demenz veröffentlicht (2, 3). Der Report stellt heraus, dass unter den Befragten (Demenzkranken, Pflegekräften, Ärzten, Bevölkerung) ein großer Teil der Ansicht ist, dass Demenz ein normaler Aspekt des Alterungsprozesses sei, der auch mit medizinischer Unterstützung nie verbessert werden könne und für den es keine Möglichkeit der Prävention gebe. Die Angst, eine Demenz zu entwickeln, sei weltweit groß, aber das wahre Verständnis der Krankheit gering, konstatieren die Autoren.

Daher ruft die Alzheimer’s Disease International (ADI), die internationale Dachorganisation von weltweit 100 nationalen Alzheimer-Gesellschaften, dazu auf, vermehrt über Erkrankung, Risiken und Therapie aufzuklären. Kampagnen wie »Let’s Talk About Dementia« sollen helfen, Menschen zu ermutigen, sich zu informieren und Rat und Unterstützung zu suchen (3).

Die Apothekenteams können hier wertvolle Hilfe geben, denn sie begegnen tagtäglich älteren Menschen und ihren Angehörigen und begleiten Stammkunden teilweise über Jahrzehnte. Da fallen Verhaltensänderungen oder körperliche Vernachlässigung schon vor einer Diagnosestellung auf und sollten vorsichtig hinterfragt werden. Ärztliche Verordnungen von Antidementiva können sie zum Anlass nehmen, das Gespräch zu suchen. Apotheker sollten ihre Beratungsrolle in der Vor-Ort-Apotheke wahrnehmen und Patienten sowie Angehörige über die Krankheit, Anwendung der Medikamente, Hilfs- und Pflegemöglichkeiten informieren.

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