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Apothekerin mit Hirnvenenthrombose

»Ich kann nicht sagen, dass ich die Impfung bereue«

Die 29-jährige Apothekerin Sonja Kehm hat die Impfung mit dem Covid-19-Impfstoff von Astra-Zeneca nur knapp überlebt. Die Folgen könnten sie ihr Leben lang begleiten. Trotzdem bereut sie die Impfung nicht. Im Gespräch mit der PZ berichtet sie von ihren Erfahrungen.
Carolin Lang
20.07.2021  09:00 Uhr
»Ich kann nicht sagen, dass ich die Impfung bereue«

»Das Erste, woran ich mich wieder erinnern kann, ist, dass ich furchtbare Kopfschmerzen hatte und genervt war, dass die Klingel, mit der ich mich bei der Krankenschwester bemerkbar machen kann, nicht in meiner Reichweite war«, sagt Sonja Kehm. »Ich wollte außerdem meine Brille haben, konnte das aber nicht ausdrücken. Ich wusste das Wort ›Brille‹ nicht mehr.« Die 29-jährige Offizinapothekerin wurde nach eigenen Angaben am 24. März 2021 mit dem Covid-19-Impfstoff Vaxzevria® von Astra-Zeneca geimpft – acht Tage bevor die Ständige Impfkommission (STIKO) den Impfstoff nur noch ab 60 Jahren empfahl. Elf Tage nach der Impfung erlitt sie eine Hirnvenenthrombose und eine Hirnblutung.

Damit ist Kehm offenbar eine von 157 Personen in Deutschland, bei denen nach einer Impfung mit Vaxzevria  eine Thrombose mit Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) auftrat, wie aus dem aktuellen Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) hervorgeht (Erfassung vom 27. Dezember 2020 bis zum 30. Juni 2021). Für ihre Altersklasse (20 bis 29 Jahre) sind bisher 23 TTS-Fälle nach einer Impfung mit Vaxzevria vom PEI dokumentiert. Es handelt sich dabei um ein eher ungewöhnliches klinisches Bild, bei dem ein Gefäßverschluss mit einem Mangel an Blutplättchen einhergeht. Hirnvenenthrombosen wurden bei mehr als der Hälfte der TTS-Patientinnen und -Patienten festgestellt. Mehr als elf Millionen Dosen des Vektorimpfstoffs wurden hierzulande bis zum genannten Zeitpunkt verimpft.

Symptomverlauf

Anzeichen für diese seltene Nebenwirkung können unter anderem Schwindel, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Übelkeit, Erbrechen oder Luftnot sein, wenn diese später als drei Tage nach der Impfung mit Vaxzevria auftreten und anhalten. Das Robert-Koch-Institut (RKI) rät Betroffenen dazu, bei diesen Anzeichen umgehend ärztliche Hilfe zu suchen. Bislang traten die Symptome in der Regel 4 bis 16 Tage nach der Impfung auf.

So auch bei Kehm: Am Tag der Impfung habe sie zunächst »typische Impfreaktionen« wie Kopfschmerzen, Fieber und Schüttelfrost gehabt. »Die Symptome haben mich absolut nicht beunruhigt. Es war ja bekannt, dass solche Nebenwirkungen auftreten können«, schildert sie der Pharmazeutischen Zeitung. Nach Abklingen der Symptome seien etwa vier bis fünf Tage später erneut moderate Kopfschmerzen aufgetreten, gegen die die Apothekerin Ibuprofen eingenommen habe. Das habe sie ebenfalls nicht beunruhigt, da sie häufiger unter Kopfschmerzen leide, berichtet sie. Über die Möglichkeit der seltenen Nebenwirkung sei sie sich durchaus bewusst gewesen. »Im Nachhinein denke ich, da hätten vielleicht die Alarmglocken bei mir klingeln müssen. Denn auch das Ibuprofen hat nicht so gut gewirkt, wie ich das gewohnt bin. Ich dachte aber, mich wird es schon nicht treffen.«

In der Nacht auf den 31. März, also sieben Tage nach der Impfung, habe Kehm unter starker Übelkeit gelitten und sich mehrfach übergeben müssen. »Das kam mir komisch vor, da ich keine anderweitige Magen-Darm-Symptomatik hatte.« Trotzdem sei sie am nächsten Morgen erst einmal zur Arbeit in die Central Apotheke in Walldorf gegangen, da sie an dem Tag die einzige Apothekerin vor Ort gewesen sei. »Es waren meine Eltern, die eine schwerwiegende Nebenwirkung befürchteten und mich in der Apotheke abgeholt und in die Notfallambulanz der Kopfklinik Heidelberg gebracht haben«, berichtet sie.

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