Heteroresistenz als mögliche Ursache |
Über Heteroresistenzen wird in den letzten Jahren immer häufiger berichtet. Während zu Beginn des Jahrtausends jedes Jahr weniger als zehn Fälle in der Literatur zu finden waren, wurden allein 2020 mehr als 60 Fälle beschrieben. In Tabelle 2 sind repräsentative Beispiele für einige Bakterien und Antibiotika zusammengestellt (13). Hier finden sich die bekannten, oben erklärten Resistenzmechanismen.
Bakterium | Antibiotikum | möglicher Mechanismus der resistenten Subpopulation |
---|---|---|
A baumannii | Colistin | Lipid-A-Biosynthese ↓Effluxpumpe ↑ |
K. pneumoniae | Meropenem | Porine weniger exprimierthohe Mutationsrate |
K. pneumoniae | Colistin | chemische Modifikationen des Lipid Amehr positiv geladenes LPSEffluxpumpe ↑ |
P. aeruginosa | Colistin | geändertes Lipid-A-Profil |
P. aeruginosa | β-Lactame | Cephalosporinase-ÜberexpressionEffluxpumpe ↑ |
P. aeruginosa | Ciprofloxacin | Mutationen in gyrA und gyrB |
S. aureus | Vancomycin | Zellwandverdickung langsames Wachstumgeändertes Peptidoglycan-Crosslinking |
S. aureus | Daptomycin | geänderte Zellwandzusammensetzung (Ladung/Fluidität) |
S. aureus | Tetracycline | Effluxpumpe ↑ |
Eine Heteroresistenz ist nicht einfach zu diagnostizieren, da sich die Zusammensetzung einer Population hinsichtlich resistenter Keime schnell ändern kann, sogar während eines Assays. Man verwendet meist den sogenannten PAP-Assay (Populations-Analyse-Profiling), der jedoch sehr zeit- und arbeitsaufwendig ist. Dabei wird das Bakterienwachstum in einer Blut- oder Gewebeprobe des Patienten mit einem Antibiotika-Konzentrationsgradienten (in kleinen Schritten) quantifiziert, das heißt, es wird der MHK-Wert bestimmt (entweder auf Platten und in einer Bouillon). Ab einer MHK > 8 der normalen MHK spricht man von Heteroresistenz.
Welche klinische Relevanz hat die Heteroresistenz? Da der PAP-Assay sehr aufwendig ist, gehört er nicht zur Routine des Klinikalltags. Somit ist die Diagnose schwierig und die Bedeutung der Heteroresistenz derzeit noch unklar. Viele Wissenschaftler halten sie für unterschätzt, da Resistenzen falsch klassifiziert werden. Zudem werden Heteroresistenzen immer häufiger festgestellt – wenn man die Gründe eines Therapieversagens erforscht (14).
Foto: PZ/Wurglics
Die Weiss-Gruppe (4) hat Carbapenem-resistente Bakterien, die 2011 bis 2016 in Georgia gesammelt wurden (2), auf Heteroresistenz untersucht, und zwar mit einem Standard-Agar-Plattentest, der eine Empfindlichkeit aller Erreger gegen Cefiderocol ergab. Im zusätzlichen PAP-Assay zeigten sich insbesondere für A. baumannii hohe Raten an Heteroresistenz, also ein paralleles Vorliegen von empfindlichen und resistenten Bakterien in einer Probe. Dies weist darauf hin, dass es eine Cefiderocol-Heteroresistenz in den USA bereits vor dessen Markteinführung (2019) gegeben haben muss.
Bei allen vier untersuchten Carbapenem-resistenten Bakterien (Acinetobacter, Klebsiellen, Pseudomonaden und Stenotrophomonas) wurde eine Heteroresistenz deutlich häufiger gefunden als eine klassische Resistenz. Dies korreliert mit der Gesamt-Mortalitätsrate der CREDIBLE-CR-Studie (2). Die resistente Subpopulation hat den Therapieerfolg verhindert! Autoren der Firma Shionogi, die Cefiderocol vermarktet, folgen dieser Heteroresistenz-Hypothese verständlicherweise nicht (15), da damit die breite Einsetzbarkeit des neuen Cephalosporins eingeschränkt wird.
Bleibt noch die Frage, wie man heteroresistente Erreger eradizieren kann. Wie das Cefiderocol-Beispiel zeigt, reicht eine antibiotische Monotherapie grundsätzlich nicht. Es wird eine Kombination von Antibiotika mit verschiedenen Wirkmechanismen empfohlen, da eine einzelne Subpopulation nicht gegen mehrere Antibiotika resistent ist (9). Persistente Bakterien kann man mit einem Antibiotika-Cocktail dagegen kaum töten, da sie meist gegen mehrere Antibiotika tolerant (oder resistent) sind.