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Einnässen bei Kindern

Gezielte Therapie hat gute Erfolge

Therapieprinzipien

Generell sollten die Symptome in einer bestimmten Reihenfolge behandelt werden. Als Erstes werden eventuell vorliegende Stuhlgangsprobleme – Obstipation und/oder Einkoten – behandelt. Begleitstörungen, zum Beispiel ADHS, sollten vor und/oder begleitend zur Therapie der Einnässproblematik behandelt werden.

Bei rezidivierenden Harnwegsinfekten sollte der Arzt eine antibiotische Langzeitprophylaxe erwägen und mit Eltern und Kind besprechen. Besonders geeignet ist der Einsatz von Nitrofurantoin, weil es relativ wenig Nebenwirkungen beim Kind verursacht und eine geringe Resistenzentwicklung zeigt.

Tagessymptome sollten vor der Enuresis nocturna behandelt werden. Eine Kombinationstherapie wirkt sich günstig auf den Therapieerfolg aus.

Monosymptomatische Enuresis behandeln

Grundlage der Therapie aller kindlichen Inkontinenzformen ist die Urotherapie. Diese umfasst alle nicht chirurgischen und nicht pharmakologischen Verfahren zur Behandlung von funktionellen und organischen Ausscheidungsstörungen (Definition der ICCS). Die Behandlung kann ausschließlich urotherapeutisch erfolgen oder ergänzend zu einer chirurgischen oder pharmakologischen Therapie.

Die Urotherapie wird in eine Standard- und eine spezielle Therapie unterteilt. Die Standardtherapie umfasst Information und Entmystifizierung (Besprechen/Abklären von Vorurteilen, Ängsten und Schuldzuweisungen), Instruktionen über die Optimierung von Miktions-, Trink- und Ernährungsverhalten und Begleitung durch den Therapeuten. Bei der speziellen Urotherapie kommen ein Alarmsystem wie Klingelhose oder -matte, Beckenbodentherapie oder Anleitung zum intermittierenden Einmalkatheterismus hinzu.

Bei der Standardtherapie erklärt der Therapeut in einem ersten Schritt die normale Entwicklung der Blasenfunktion. Im nächsten Schritt wird erläutert, was bei einer normalen Entwicklung schiefgehen kann und welche Prozesse oder Funktionen im individuellen Fall gestört sind. Hilfreich ist die Information, dass eine Entwicklungsverzögerung der zentralen Blasenkontrolle vorliegt und Schuldzuweisungen oder Bestrafungen nicht angebracht sind. In einem dritten Schritt wird mit den Eltern und dem Kind ein Trink- und Miktionsplan aufgestellt, der auf das Kind und seinen Tagesablauf individuell abgestimmt wird. Dabei wird die individuelle Trinkmenge zugrunde gelegt, die das Kind laut Trink- und Miktionsprotokoll gewöhnlich zu sich nimmt. Sie wird so umgestellt, dass das Kind 90 Prozent davon bis 17 Uhr getrunken hat.

Zusätzlich wird das Kind zu bestimmten Zeiten nach der Uhr zur Toilette geschickt. Pro Tag sollten sieben bis acht Toilettengänge eingeplant werden. Die Zeiten sollten so gewählt werden, dass sie an jedem Tag problemlos möglich sind. Der erste Toilettengang sollte unmittelbar nach dem Aufstehen stattfinden. Weitere können in zwei Schulpausen, vor dem Mittagessen, vor oder nach den Hausaufgaben, um 17 Uhr und um 19 Uhr erfolgen. Der letzte Toilettengang findet immer unmittelbar vor dem Schlafengehen statt.

Die Therapie muss mehrere Monate durchgehalten werden. Die Kinder sollten unter der Urotherapie drei bis vier Monate komplett trocken sein, bevor die Therapie aufgegeben werden kann. Die Methode ist bei mehr als 90 Prozent der Kinder erfolgreich.

Führt die Urotherapie allein nicht zum Erfolg, sollte zusätzlich ein Alarmsystem zur Nacht eingesetzt werden. Unter dieser Kombinationstherapie werden Kinder in der Regel nachts komplett trocken.

Der Einsatz von Desmopressin ist bei der monosymptomatischen Enuresis möglich. Desmopressin ist ein synthetisches Analogon zum natürlichen humanen L-Arginin-Vasopressin (antidiuretisches Hormon, ADH). Durch die strukturellen Veränderungen im Desmopressin verschwindet die vasopressorische Wirkung weitgehend, während die antidiuretische Wirkung verlängert wird. Die Einnahme erfolgt 60 Minuten vor dem Schlafengehen. Die Dosierung beträgt 0,2 mg einer Tablette und 120 µg einer Schmelztablette und kann bei Bedarf verdoppelt werden.

Zur Verhinderung der seltenen Komplikation einer hypotonen Hyperhydratation sollte unter Desmopressin die Trinkmenge abends auf 200 ml reduziert werden. Nach dem Absetzen ist eine hohe Rückfallquote zu beobachten. Ein langsames Ausschleichen von Desmopressin scheint sich günstig auf die Rückfallquote auszuwirken. Diese Medikation ist der Urotherapie mit oder ohne Alarmsystem unterlegen. Temporär, etwa vor Schullandheimaufenthalten, ist die Gabe von Desmopressin jedoch sinnvoll.

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