Gesundes Mikrobiom sorgt für Balance |
Die Werbung propagiert Intimpflegeprodukte. Da die Vagina sich selbst reinigt, schadet übertriebene Intimpflege mehr als sie nützt. Die Frau sollte bevorzugt die äußeren Bereiche der Scheide säubern.
Während der Menstruation sehr nützlich, aber nicht geeignet zum Auffangen von Vaginalsekret / © Shutterstock/Fotos593
Die Haut im Intimbereich ist dünn und empfindlich, daher stören Syndets mit basischem pH-Wert den Säureschutzmantel und beeinflussen den pH-Wert der Vagina, sodass Juckreiz, Brennen, Ausfluss, Entzündungen oder sogar Infektionen die Folge sein können. Intimpflegeprodukte sollten auf den physiologischen pH-Wert von 4,4 eingestellt und frei von Reizstoffen wie Parfüm, Antiseptika oder Konservierungsstoffen sein. Der Zusatz von Milchsäurebakterien stabilisiert. Da der pH-Wert in den Wechseljahren steigt, sind auch Produkte mit pH-Wert von 6 bis 7 erhältlich.
Von Hausmitteln zur Förderung der vaginalen Gesundheit sollte das Apothekenpersonal abraten. So enthalten mit Joghurt getränkte Tampons Milchsäurebakterien, die tierischer Abstammung sind und die Vaginalflora stören. Vaginalduschen oder -spülungen irritieren die Selbstreinigung und waschen die natürliche Flora aus.
Manche Frauen tragen ununterbrochen Tampons, da ihnen ihr physiologischer Ausfluss unangenehm ist. Dies provoziert eine erhöhte Infektionsgefahr.
Ist es durch Medikamente, hormonelle Störungen oder Infektionen zu Schäden oder Irritationen im Vaginom gekommen, sind Probiotika zur Regeneration und Vorbeugung von Rezidiven geeignet. Dies entspricht auch der Empfehlung der Leitlinien zur Behandlung der Vaginalcandidose und der bakteriellen Vaginose.
Es werden zwei Vorgehen unterschieden: Wird eine Infektion medikamentös behandelt, kann das Apothekenpersonal zeitgleich die siebentägige lokale Applikation von Milchsäure zur Senkung des pH-Werts anbieten. Soll das Vaginom im Anschluss an eine Antibiose oder Mykose wieder aufgebaut werden, sind Präparate mit Milchsäurebakterien, oral oder vaginal appliziert, sinnvoller.
Lactobazillen, vorzugsweise Stämme von L. rhamnosus, gasseri und reuteri, werden oral oder lokal appliziert. Vaginal angewandt empfiehlt sich der Beginn einer Behandlung über 7 bis 14 Tage, beginnend nach der Menstruation. Oral applizierte Milchsäurebakterien wirken erst nach einer gewissen individuellen Latenz, denn sie müssen erst den Weg über den Darm in die Vagina finden. Darauf sollte das Apothekenteam hinweisen.
Kundinnen, die wiederholt unter Harnwegsinfektionen leiden, profitieren von Milchsäure-haltigen Lokaltherapeutika, und zwar kurmäßig jeden Monat nach der Menstruation über zwei bis drei Tage. Dies gilt auch für Frauen, die besonders häufig von Scheideninfektionen betroffen sind, zum Beispiel durch die Verschiebung des pH-Werts durch basisches Sperma nach dem Geschlechtsverkehr oder durch basisches Menstruationsblut. Wichtiger Tipp: Die Lokaltherapeutika beeinträchtigen die Reißfestigkeit von Kondomen.
Da Milchsäure-haltige Handelspräparate das Scheidenmilieu auf physikalischem Weg ansäuern, zählen sie zu den Medizinprodukten. Dagegen gelten Lactobacillus-haltige Produkte seit Mai 2024 als Arzneimittel, da Milchsäurebakterien einen Stoffwechsel haben und die Wirkung auf pharmakologischem Weg erfolgt. Als Arzneimittel muss die Wirksamkeit durch Studien belegt sein.
Barbara Staufenbiel studierte Pharmazie in Münster. 16 Jahre lang leitete sie die Rabenfels-Apotheke in Rheinfelden. Seit ihrer Rückkehr nach Münster arbeitet sie in einer öffentlichen Apotheke und engagiert sich für die Fortbildung als Referentin und Autorin mit Schwerpunkt Apothekenpraxis.