Gesundes Mikrobiom sorgt für Balance |
Das vaginale Mikrobiom und damit auch das Vaginalsekret verändern sich im Lauf des Lebens. / © Adobe Stock/Robert Kneschke
Die Vaginalflüssigkeit setzt sich zusammen aus einem Sekret der Bartholin-Drüsen des Scheidenvorhofs und einem Transsudat der vaginalen Epithelzellen. Sie enthält Wasser, Elektrolyte, Harnstoff, organische Säuren (Fettsäuren, Essigsäure, Milchsäure) und Proteine (Immunglobuline). Daneben finden sich abgeschilferte Epithelzellen, Drüsensekret aus dem Gebärmutterhals, in geringen Mengen Leukozyten und Erythrozyten (vermehrt während der Menstruation) sowie Bakterien des Vaginalmikrobioms.
Das Vaginalsekret sorgt für die individuell unterschiedlich starke Lubrifikation der Scheide und dient als Schutzschild vor Keimen. Alter, hormonelle (Schwangerschaft, Stillzeit, Wechseljahre) und pathologische Faktoren (Bakterien, Viren, Pilze) verändern Menge, Zusammensetzung, Konsistenz, Farbe und Geruch des Sekrets. Für die gesunde Vaginalflüssigkeit ist die Balance der Vaginalflora entscheidend.
Das als Vaginom bezeichnete vaginale Mikrobiom besteht überwiegend aus mehr als 500 verschiedenen Mikroorganismen und wird maßgeblich vom Darmmikrobiom beeinflusst. Es setzt sich zusammen aus anaeroben und aeroben Bakterienarten (Staphylokokken, Streptokokken und Coli-Bakterien) sowie Pilzen und Viren. Etwa 260 verschiedene Lactobacillus-Arten, darunter L. crispatus, L. gasseri, L. iners und L. jensenii, nach ihrem Entdecker auch Döderlein-Stäbchen genannt, dominieren die Balance.
Unter Estrogen-Einfluss bildet sich in den Epithelzellen Glykogen, das die Lactobacillus-Bakterien zu Milchsäure verstoffwechseln. Daraus resultiert ein physiologischer saurer pH-Wert von 3,8 bis 4,4. Zusammen mit dem desinfizierend wirkenden Wasserstoffperoxid einiger Lactobazillen wird so die Vermehrung und Anheftung von pathogenen Keimen verringert und die gesunde Vaginalflora stabilisiert.
Hormonelle Veränderungen beeinflussen den pH-Wert und damit die Balance der Vaginalflora. Im Kindesalter liegt der vaginale pH-Wert bei 7 und sinkt in der Pubertät mit zunehmendem Einfluss von Estrogen. Im Zyklusverlauf nimmt die estrogenisierte Epitheldecke in der ersten Hälfte zu und unter Progesteron-Einfluss in der zweiten Hälfte ab. Menstruationsblut und basisches Spermiensekret durch Geschlechtsverkehr lassen den pH-Wert ansteigen. In den Wechseljahren sinkt der Estrogen-Gehalt der Epithelzellen und der pH-Wert steigt auf Werte von 6 bis 7.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt zum Schutz der Darm- und Vaginalflora Mahlzeiten, die reich an Obst, Gemüse, Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen sind und möglichst wenig Zucker enthalten. Eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme fördert die Befeuchtung der Schleimhäute. Besonders Frauen, die häufig unter Pilzinfektionen der Scheide leiden, profitieren von einer zuckerarmen Ernährung.
Der tägliche Ausfluss von Vaginalsekret ist individuell unterschiedlich. Menge und Konsistenz ändern sich im Lauf des Menstruationszyklus und in unterschiedlichen Lebensphasen. Kurz vor dem Eisprung (Zervixschleim), dem Einsetzen der Regelblutung sowie in der Schwangerschaft nimmt die Sekretmenge unter dem Einfluss von Estrogen zu. Sexuelle Erregung und Stress sind weitere Einflussfaktoren.
Der normale Ausfluss (Weißfluss, Fluor albus, Leukorrhoe) ist weißlich und weitgehend geruchlos. Eine ungewöhnliche Farbe, eigenartiger Geruch oder Juckreiz in der Scheide deuten auf eine Infektion hin – auch bei Mädchen (Kasten). Das Apothekenpersonal sollte zum Arztbesuch raten.
Mit sinkendem Estrogen-Spiegel lässt der normale Weißfluss während der Wechseljahre nach und die Trockenheit der Schleimhaut nimmt zu mit dem Risiko einer vulvovaginalen Atrophie. Die hormonellen Veränderungen können Schmierblutungen und eine Dysbalance der Vaginalflora verursachen. Bei lokaler Estrogen-Substitution (ärztlich verordnete Hormontherapie) wird der pH wieder saurer. Dies verbessert die Lubrifikation und Stabilität der Vaginalflora und verringert die Gefahr von Infektionen der Harnblase und der Vagina.
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Vaginalausfluss ist während der ersten beiden Lebenswochen und ein paar Monate vor der ersten Periode in der Pubertät bei Mädchen normal.
Doch auch in der Kindheit kann es zu Juckreiz und vaginalem Ausfluss kommen. Ursachen hierfür sind chemische Zusätze in Dusch- oder Badegel, ein Fremdkörper in der Scheide wie Toilettenpapierreste oder kleines Spielzeug, sexueller Missbrauch oder Infektionen durch Bakterien oder Parasiten aus dem Darm. Pilzinfektionen sind äußerst selten.
Hält der Juckreiz an oder kommen Fieber, grün-gelblicher oder blutiger Vaginalausfluss hinzu, so ist auf jeden Fall ein Arzt zu konsultieren. Er kann durch gründliche Anamnese, gynäkologische Untersuchung und Tests mit einer Probe des Vaginalsekrets eine Diagnose erstellen. Das Apothekenpersonal kann zur Linderung der Symptome Sitzbäder mit Kamille oder adstringierenden Substanzen (Phenol-Methanal-Harnstoff-Polykondensat) empfehlen.
Mädchen sollten die richtige Reinigung sowohl der Scheide als auch des Anus von vorn nach hinten lernen. Nasse Kleidung ist zeitnah zu wechseln, Baumwollschlüpfer sind verträglicher als Synthetik. Zum Reinigen des Intimbereichs oder zum Baden sind pH-neutrale Produkte ohne Parfümstoffe, Konservierung oder Parabene vorzuziehen.
Das gesunde Mikrobiom ist wichtig für die reproduktive Gesundheit. Kurz vor und während des Eisprungs steigt der pH-Wert in der Vagina unter Estrogen-Einfluss leicht an: ideal für die Fortbewegung und Befruchtungsfähigkeit der Spermien. Schwankt der pH-Wert zu stark, sind die Spermien erheblich beeinträchtigt. Nach einer Befruchtung nimmt die Estrogen-Produktion zu, was die Lebensbedingungen der Lactobazillen verbessert und das Vaginom stabilisiert.
Steigt der pH-Wert trotzdem auf über 4,4, vermehren sich vor allem anaerobe Keime der natürlichen Scheidenflora. Entzündungsreaktionen sind die Folge; damit einhergehend werden vermehrt Prostaglandine gebildet. Vor allem Prostaglandin E2 regt die Uterusmuskulatur an. Das Risiko für Frühgeburt oder Blasensprung ist deutlich erhöht.
Vorbeugend kann das Apothekenpersonal vor allem Frauen mit einer Risikoschwangerschaft dazu raten, alle zwei Wochen den pH-Wert des Scheidensekrets mit einem pH-Wert-Handschuh oder mit Teststreifen aus der Apotheke zu messen. Anhand einer Farbskala lässt sich der pH-Wert ermitteln. Bei ansteigenden Werten ist der Gynäkologe aufzusuchen. Ebenso kann das Apothekenteam lokal wirksame Lactobacillus-Präparate in der Schwangerschaft zur Vorbeugung empfehlen.
Im Wochenbett, einer Zeitspanne von sechs bis acht Wochen nach der Geburt, hat die Frau einen Wochenfluss (Lochien). Blut und Wundsekret werden während der Rückbildung und Verkleinerung der Gebärmutter ausgeschwemmt.
Eine Entzündung der Scheide wird als Vaginitis (Kolpitis) bezeichnet. Zu den Symptomen gehören ein veränderter vaginaler Ausfluss, Reizung, Juckreiz, Schmerzen und Rötung.
Die Ursachen sind vielfältig. Hormonschwankungen, Immunschwäche, übertriebene oder falsche Intimpflege, hormonelle Verhütung, Medikamente, nasse enge Unterwäsche und Stress können pH-Wert und Zusammensetzung des Vaginoms beeinflussen. Entzündungen und eine pathogene Überwucherung mit Keimen (Bakterien, Viren, Pilze), auch aus dem sonst physiologischen Vaginom, sind möglich.
Zur lokalen Kurzzeittherapie einer Mykose oder Vaginose kann das Apothekenpersonal Antiseptika oder Povidon-Jod-Vaginalsuppositorien empfehlen. Antiseptika sind allerdings nur bei leichten Beschwerden über maximal zehn Tage geeignet, da sie auch die gesunde Vaginalflora irritieren können. Bei persistierenden Beschwerden ist der Arzt aufzusuchen.
Frauen mit vaginalen Beschwerden brauchen eine feinfühlige diskrete Beratung in der Apotheke. / © Shutterstock/PeopleImages
Frauen mit vaginalen Beschwerden brauchen eine strukturierte Beratung in der Apotheke (Grafik), denn Selbstdiagnosen stimmen nur in 34 Prozent aller Fälle. Persistieren die Beschwerden, sollte die Patientin zum Arzt geschickt werden. Die Grenzen der Selbstmedikation sind bei farblich verändertem oder blutigem Ausfluss und Schmerzen erreicht.
Frauen mit Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Schilddrüsenerkrankungen haben ein höheres Risiko für krankhaften Vaginalfluss. Studien haben gezeigt, dass die diabetische Mikrobiota mehr pathogene Bakterien enthält. Das Darmmikrobiom beeinflusst die Vaginalflora, sodass das Risiko für Vaginitiden zunimmt. Die veränderte Glykämie im Vaginalgewebe fördert Pilzadhäsion und -wachstum und schwächt die körpereigene Abwehr.
Schilddrüsenhormone steuern wichtige Stoffwechselfunktionen des Körpers. Bei Störungen sind Sexualhormone wie Estrogen, das zur Aufrechterhaltung der gesunden Vaginalflora wichtig ist, mitbetroffen.
Möglicher Leitfaden für eine strukturierte Beratung in der Apotheke. Wichtig ist, die Eigendiagnose zu hinterfragen und die Grenzen der Selbstmedikation sicher zu erkennen. / © PZ/Stephan Spitzer
Vaginalmykosen, genauer Hefepilzinfektionen, die überwiegend durch Candida albicans verursacht werden, äußern sich durch einen starken, weißlich-bröckeligen, buttermilchähnlichen Ausfluss sowie Juckreiz der Scheide. Mitunter fehlt der Ausfluss. Der Sexualpartner wird zwar selten angesteckt, ist er jedoch symptomatisch (gerötete Eichel), sollte er mitbehandelt werden.
Der Gynäkologe stellt eine Rötung und Schwellung der mit weißlichen Belägen bedeckten Vaginalschleimhaut fest. Zudem können Wundgefühl, Brennen oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr auftreten. Adipositas trägt mit Intertrigo, Scheuern und Schwitzen zu einem erhöhten Risiko für Candidosen im Vaginalbereich bei.
Die Therapie erfolgt laut der S2k-Leitlinie »Vulvovaginalkandidose« (Version 2.1, Stand 2020; abgelaufen) mit Polyen- oder Azol-Antimykotika. Zur Selbstmedikation sind apothekenpflichtige Einzel- oder Kombinationspräparate mit Vaginaltabletten, -ovula oder -creme zur ein-, drei- oder siebentägigen Applikation im Handel. Die fungizide Wirkung der Azol-Antimykotika Clotrimazol und Miconazol beruht auf einer Störung der Biosynthese von Ergosterol, einem wichtigen Baustein der Pilzzellmembran. Das Polyen-Antimykotikum Nystatin wirkt fungistatisch und fungizid durch Komplexbildung mit Ergosterol. Das Apothekenpersonal sollte auf mögliche Überempfindlichkeiten, die eingeschränkte Wirksamkeit von Kondomen und Diaphragma hinweisen und zur Anwendung der Vaginalia beraten (Kasten).
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Vaginalia sind indiziert bei Entzündungen, Mykosen oder bakteriellen Infektionen, zur Befeuchtung und Normalisierung des Scheidenmilieus oder zur hormonellen Therapie. In der Apotheke ist fachkundige Beratung erforderlich, idealerweise in einem separaten Raum.
Vaginaltabletten, -zäpfchen, -ovula,- creme oder -ringe mit lokaler oder systemischer Wirkung enthalten einen oder mehrere Wirkstoffe in einer geeigneten Grundlage. Vaginaltabletten sind leicht zerbrechlich; sie sollten vor Feuchtigkeit geschützt aufbewahrt und erst kurz vor der Anwendung aus der Blisterpackung entnommen werden.
Vaginaltabletten, -ovula oder -zäpfchen werden für eine möglichst lange Kontaktzeit bevorzugt am Abend vor dem Schlafengehen tief in die Scheide eingeführt. Für eine leichtere Applikation gibt es Einführhilfen aus Plastik. Das Apothekenpersonal sollte einen Wäscheschutz empfehlen, da die nicht resorbierbaren Hilfsstoffe der Arzneiformen mit dem Vaginalsekret aus der Scheide fließen.
Zur äußerlichen und innerlichen Behandlung von Vaginalerkrankungen kommen Cremes oder Gele zur Anwendung. Einmaltuben sollten zusammengedrückt langsam aus der Vagina herausgezogen werden. Bei Mehrdosenverpackungen ist ein Applikator beigefügt, der nach der Anwendung zu reinigen ist.
Wegen mechanischer Verletzungsgefahr sind Applikatoren zur Vaginalanwendung während der Schwangerschaft nicht geeignet. Lipophile Hilfsstoffe wie Paraffine können die Reißfestigkeit von Latex verändern und die Sicherheit von Kondomen beeinträchtigen.
Vaginalringe zur lokalen Anwendung oder mit systemischer Wirkung sind ringförmige flexible Therapiesysteme aus Kunststoffen, die ein Depot von einem oder zwei Arzneistoffen enthalten. Sie werden zur Kontrazeption sowie zur Hormontherapie angewandt.
In schweren Fällen und mit besserer Adhärenz wird eine Einmaldosis des oralen Azol-Antimykotikums Fluconazol verordnet.
Ibrexafungerp ist ein vielversprechendes neues orales Antimykotikum aus der Gruppe der Glucan-Synthasehemmer (Echinocandine), in Deutschland aber bislang nicht im Handel.
Das Apothekenpersonal sollte zum Arztbesuch raten, wenn Frauen mehrfach ein Antimykotikum verlangen und die Symptomatik persistiert. Rezidive weisen auf eine Resistenz gegen Antimykotika oder auf die Infektion mit Non-Candida-albicans-Arten wie Candida glabrata hin. Cortisol-haltige Topika lindern Entzündung und Juckreiz, schaffen aber gute Wachstumsbedingungen für Pilze und sind daher nicht zu empfehlen.
Manche Erkrankungen, zum Beispiel eine bakterielle Vaginose, erhöhen das Risiko von Frühgeburten oder Komplikationen. / © Getty Images/JGI
Die Symptomatik einer bakteriellen Vaginose, häufig verursacht durch Staphylokokken, Streptokokken oder Coli-Bakterien, sind ein gelb-grüner oder grauer, dünner, übelriechender vaginaler Ausfluss. Dazu kommt ein meist fischiger Geruch, der sich bei alkalischem Ausfluss nach Geschlechtsverkehr oder Menstruation verstärkt.
Die Diagnose erfolgt durch gynäkologische Anamnese, pH-Wert-Messung des Vaginalsekrets und mikroskopische Untersuchung des Abstrichs (S2k-Leitlinie »Bakterielle Vaginose«, Version 5.0, Stand 2023). Der Arzt verordnet Metronidazol oral oder topisch oder alternativ 2-prozentige Clindamycin-Vaginalcreme (Tabelle). Die Therapie der Sexualpartner ist nicht erforderlich, wird aber bei chronisch rezidivierenden Verläufen ohne Evidenz erwogen.
Eine bakterielle Vaginose erhöht in der Schwangerschaft das Risiko von Frühgeburt, vorzeitigen Wehen oder Entzündung der Gebärmutter. Die Therapie erfolgt topisch mit Metronidazol oder Clindamycin. Ergänzend sind lokale Lactobacillus-Präparate zu empfehlen.
Erkrankung | Symptome, Risiken | Behandlung: Wirkstoff, Dosierung, Therapiedauer |
---|---|---|
Mykose | starker, weißlich-bröckeliger, buttermilchähnlicher AusflussJuckreiz der Scheide Rötung und Schwellung der mit weißlichen Belägen bedeckten Vaginalschleimhaut | lokal: 1- oder 3-Tages-Behandlung mit Azol- oder Polyen-Antimykotika als Salbe, Ovula oder Kombipackungoral: 1×150 mg Fluconazol (Rx) |
bakterielle Vaginose | gelb-grüner oder grauer, dünner, übelriechender vaginaler Ausflussfischiger Geruch | Metronidazol: oral 2×500 mg für 7 TageMetronidazol: topisch 0,75% Gel 5 g (ein Applikator voll) 1×/d für 5 Tage intravaginalalternativ: topisch 2% Clindamycin-Vaginalcreme 1×/d für 7 Tage |
Gonorrhö (Bakterium Neisseria gonorrhoeae) | möglicher asymptomatischer Verlauf Urethritis Zervizitis mit eitrigem Ausfluss, aufsteigendem Verlauf und möglicher Infertilität | Ceftriaxon 1 bis 2 g i.m. oder i.v. einmalig plus Azithromycin 1,5 g oral einmalig Cefixim 800 mg oral als Einmaldosis oder 2×400 mg oral im Abstand von 8 bis 12 Stunden plus Azithromycin 1,5 g oral als Einmaldosis |
Genitalherpes (HSV-1, HSV-2) | verstärkter Ausflussschmerzhafte Bläschen | Aciclovir: 3×400 mg oral für 7 bis 10 Tage oder 5×200 mg oral für 7 bis 10 Tage, in schweren Fällen: 3×5 mg/kg KG i.v. für 5 bis 7 TageFamciclovir: 3×250 mg oral für 7 bis 10 TageValaciclovir: 2×500 mg oral für 7 bis 10 Tagebei Bedarf Analgetika |
Trichomoniasis (Trichomonas vaginalis) | asymptomatischer Verlauf mit geröteter VaginaJuckreiz, Brennen in der Scheidedünner, grünlich-gelblicher, schaumiger, oft übelriechender AusflussZervizitis, Urethritis, Zystitisvereinzelt Herpes-ähnliche Bläschen | Metronidazol: 2×500 mg oral für 7 Tage odereinmalig 2 g in hartnäckigen Fällen: Metronidazol plus Tinidazol 1×2 g oral für 7 TageSexualpartner mitbehandeln |
Chlamydien | asymptomatischer Verlaufvaginaler schleimig-eitriger AusflussZervizitis, Urethritis, Zystitismögliche Infertilität | Azithromycin: einmalig 1×1,5 gDoxycyclin: 2×100 mg über 7 Tage Erythromycin: 4×500 mg über 7 TageSexualpartner mitbehandeln |
Der normale Vaginalfluss enthält immer auch einen weißlichen Zervixschleim, der von den Drüsen des Gebärmutterhalses gebildet wird und im Zyklusverlauf von klebrig über cremig bis flüssig und durchsichtig (Eisprung) variiert. Sind Konsistenz, Farbe oder Geruch verändert, deutet dies auf Infektionen hin.
Neben einer Vielzahl an Bakterien, Pilzen oder Viren spielen vor allem sexuell übertragbare Infektionen eine Rolle (S2k-Leitlinie »Sexuell übertragbare Infektionen, STI – Beratung, Diagnostik, Therapie«; S2k-Leitlinie »Infektionen mit Chlamydia trachomatis«, beide in Überarbeitung). Diese STI werden durch Gonokokken (Gonorrhö), Herpes simplex (Herpes), Trichomonas vaginalis (Trichomoniasis) und Chlamydien ausgelöst.
Die Gonorrhö, verursacht durch das Bakterium Neisseria gonorrhoeae, verläuft bei Frauen meist asymptomatisch. Es kann aber auch zu einer Urethritis und Zervizitis mit eitrigem Ausfluss, aufsteigendem Verlauf und möglicher Infertilität kommen. Die Vaginalschleimhaut ist nicht betroffen. Aufgrund der Resistenzentwicklung wird eine Gonorrhö mit einer Kombination aus Azithromycin (oral) und Ceftriaxon (parenteral) behandelt (Tabelle). Das neue Triazaacenaphthylen-Antibiotikum Gepotidacin steht kurz vor der Zulassung.
Infektionen mit Herpes-simplex-Viren (selten HSV-1, überwiegend HSV-2) machen sich durch verstärkten Ausfluss und schmerzhafte Bläschen im Vulvabereich bemerkbar. Nach einer Erstinfektion verbleiben die Viren in nahen Ganglien und werden bei einer Schwächung des Immunsystems wieder reaktiviert. Die Therapie erfolgt oral mit Virustatika (Aciclovir, Famciclovir, Valaciclovir) und bei Bedarf mit Schmerzmitteln (Tabelle).
Ein Genitalherpes in der Schwangerschaft gefährdet den Embryo und das Neugeborene stark. Die europäische Leitlinie zur Behandlung von Herpes genitalis empfiehlt die möglichst frühzeitige Behandlung mit Virustatika (Aciclovir). Sind noch Herpesläsionen im Genitalbereich beim Einsetzen der Wehen vorhanden, wird der Frau zu einem Kaiserschnitt geraten.
Infektionen mit Trichomonaden können asymptomatisch nur durch eine gerötete Vagina auffallen. Juckreiz, Brennen in der Scheide und ein dünner, grünlich-gelblicher, schaumiger, oft übelriechender Ausfluss sowie eine Zystitis sind weitere mögliche Symptome. Vereinzelt zeigen sich Herpes-ähnliche Bläschen. Ist die Harnröhre mitbetroffen, klagen die Patientinnen über Schmerzen beim Wasserlassen und häufigen Harndrang. Therapiert wird mit Metronidazol, in hartnäckigen Fällen ergänzt durch Tinidazol (muss über die Internationale Apotheke bestellt werden). Der Sexualpartner muss mitbehandelt werden.
Eine Chlamydien-Infektion verläuft bei der Frau oft asymptomatisch oder mit schleimig-eitrigem Vaginalausfluss. Gebärmutter und Harnröhre können sich im Verlauf entzünden. Unbehandelt steigt das Risiko einer Infertilität. Die Diagnose erfolgt mit Nukleinsäure-Amplifikationstests. Therapiert wird mit Azithromycin, Doxycyclin oder dem Makrolidantibiotikum Erythromycin (Tabelle). Der Sexualpartner muss mitbehandelt werden.
Zu den Arzneimitteln, die das Risiko für eine Vaginitis erhöhen können, zählen Antibiotika. Es kommt zur massiven Veränderung der normalen Vaginal- und Darmflora, da neben den pathogenen Bakterien auch viele natürlich vorkommende Keime wie Milchsäurebakterien vernichtet werden.
Der Anstieg des pH-Werts in der Scheide und die damit einhergehende Dysbalance der Vaginalflora erleichtert eine Überwucherung mit Erregern wie Gardnerella und Streptokokken. Das Risiko steigt mit Dauer und Häufigkeit der Therapie, zum Beispiel auch nach der antibiotischen Behandlung einer bakteriellen Vaginose mit Metronidazol oder Clindamycin.
Arzneistoffgruppen wie Immunsuppressiva (Corticoide), Antirheumatika oder Chemotherapeutika begünstigen eine Mykose. Unter solchen Therapien kann es bei einer vaginalen Pilzinfektion sogar zu heftigeren Entzündungen kommen, wenn das Immunsystem auf die Mykose überreagiert.
Hormonelle Schwankungen mit Veränderung des Estrogen-Spiegels durch Einnahme von Kontrazeptiva können die vaginale Balance beeinträchtigen.
Das Risiko für eine trockene Vaginalschleimhaut wird durch Arzneimittel mit anticholinerger Wirkung (Antihistaminika, Anticholinergika) gesteigert. Dies verschlechtert die Lebensbedingungen der Milchsäurebakterien und erhöht die Gefahr für Infektionen.
SGLT-2-Hemmer fördern die renale Ausscheidung von Glucose. Dies bereitet einen idealen Nährboden für Erreger in den Harnwegen und dem Genitalbereich.
Das Apothekenpersonal kann begleitend zu einer antibiotischen Therapie Präparate mit Milchsäurebakterien empfehlen. Bei einer Dauermedikation mit den genannten Arzneimitteln kann in gewissen Abständen eine Kur mit Laktobazillen hilfreich sein.
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Vulvodynie ist eine schmerzhafte chronische Erkrankung im Bereich der Vulva mit sehr individuellen Symptomen und oft jahrelangen, erfolglosen Arztbesuchen und Therapien mit Antibiotika oder Antimykotika (siehe Titelbeitrag in PZ 16/2024). Die Symptomatik reicht von Schmerzen und Beschwerden beim Geschlechtsverkehr bis zu Brennen, Kribbeln und Juckreiz im äußeren Genitalbereich. Ausfluss ist selten.
Da abgesehen von einem geröteten Erythem äußerlich nicht viel zu sehen ist und ein Abstrich erst bei einer sekundären Infektion ein Ergebnis bringt, werden die Beschwerden oft als psychosomatisch eingestuft. Dies schränkt die Lebensqualität der Frauen stark ein. Das Apothekenpersonal sollte hellhörig werden, wenn Frauen meinen, unter hartnäckigen Mykosen zu leiden, die auf Antimykotika nicht ausreichend ansprechen, oder berichten, dass sie schon mehrfach beim Gynäkologen waren, aber keine eindeutige Diagnose gestellt werden konnte.
Man unterscheidet die primäre Vulvodynie, die im Kindesalter beginnt, von der sekundären Form, die erwachsene Frauen betrifft. Die Schmerzen können lokal einen bestimmten Bereich oder generalisiert die gesamte Vulva betreffen.
Bei der provozierten Vulvodynie treten die Beschwerden erst nach Reizung durch Fahrradfahren, Geschlechtsverkehr oder Kleidung auf. Sind keine Auslöser erkennbar, handelt es sich um die nicht provozierte Form. Daneben gibt es Mischformen. Die häufigste Form ist die sekundär provozierte Vestibulodynie.
Ein multimodales Therapiekonzept umfasst Ansätze wie Beckenbodengymnastik oder Entspannungstechniken sowie Medikamente. Analgetika und NSAR (ASS, Ibuprofen, Diclofenac) zeigen keine ausreichende Wirkung. Zur symptomatischen Linderung sind bis zu sechsmal täglich Lidocain-haltige Lokaltherapeutika oder oral niedrig dosierte Antidepressiva oder Antikonvulsiva geeignet.
Das Apothekenpersonal kann Sitzbäder mit adstringierenden Wirkstoffen oder Coolpacks empfehlen. Fetthaltige Salben verringern schmerzhafte Reizungen. Antiseptika, Antimykotika sowie eine übermäßige Intimhygiene verschlimmern die Symptomatik.
Die Werbung propagiert Intimpflegeprodukte. Da die Vagina sich selbst reinigt, schadet übertriebene Intimpflege mehr als sie nützt. Die Frau sollte bevorzugt die äußeren Bereiche der Scheide säubern.
Während der Menstruation sehr nützlich, aber nicht geeignet zum Auffangen von Vaginalsekret / © Shutterstock/Fotos593
Die Haut im Intimbereich ist dünn und empfindlich, daher stören Syndets mit basischem pH-Wert den Säureschutzmantel und beeinflussen den pH-Wert der Vagina, sodass Juckreiz, Brennen, Ausfluss, Entzündungen oder sogar Infektionen die Folge sein können. Intimpflegeprodukte sollten auf den physiologischen pH-Wert von 4,4 eingestellt und frei von Reizstoffen wie Parfüm, Antiseptika oder Konservierungsstoffen sein. Der Zusatz von Milchsäurebakterien stabilisiert. Da der pH-Wert in den Wechseljahren steigt, sind auch Produkte mit pH-Wert von 6 bis 7 erhältlich.
Von Hausmitteln zur Förderung der vaginalen Gesundheit sollte das Apothekenpersonal abraten. So enthalten mit Joghurt getränkte Tampons Milchsäurebakterien, die tierischer Abstammung sind und die Vaginalflora stören. Vaginalduschen oder -spülungen irritieren die Selbstreinigung und waschen die natürliche Flora aus.
Manche Frauen tragen ununterbrochen Tampons, da ihnen ihr physiologischer Ausfluss unangenehm ist. Dies provoziert eine erhöhte Infektionsgefahr.
Ist es durch Medikamente, hormonelle Störungen oder Infektionen zu Schäden oder Irritationen im Vaginom gekommen, sind Probiotika zur Regeneration und Vorbeugung von Rezidiven geeignet. Dies entspricht auch der Empfehlung der Leitlinien zur Behandlung der Vaginalcandidose und der bakteriellen Vaginose.
Es werden zwei Vorgehen unterschieden: Wird eine Infektion medikamentös behandelt, kann das Apothekenpersonal zeitgleich die siebentägige lokale Applikation von Milchsäure zur Senkung des pH-Werts anbieten. Soll das Vaginom im Anschluss an eine Antibiose oder Mykose wieder aufgebaut werden, sind Präparate mit Milchsäurebakterien, oral oder vaginal appliziert, sinnvoller.
Lactobazillen, vorzugsweise Stämme von L. rhamnosus, gasseri und reuteri, werden oral oder lokal appliziert. Vaginal angewandt empfiehlt sich der Beginn einer Behandlung über 7 bis 14 Tage, beginnend nach der Menstruation. Oral applizierte Milchsäurebakterien wirken erst nach einer gewissen individuellen Latenz, denn sie müssen erst den Weg über den Darm in die Vagina finden. Darauf sollte das Apothekenteam hinweisen.
Kundinnen, die wiederholt unter Harnwegsinfektionen leiden, profitieren von Milchsäure-haltigen Lokaltherapeutika, und zwar kurmäßig jeden Monat nach der Menstruation über zwei bis drei Tage. Dies gilt auch für Frauen, die besonders häufig von Scheideninfektionen betroffen sind, zum Beispiel durch die Verschiebung des pH-Werts durch basisches Sperma nach dem Geschlechtsverkehr oder durch basisches Menstruationsblut. Wichtiger Tipp: Die Lokaltherapeutika beeinträchtigen die Reißfestigkeit von Kondomen.
Da Milchsäure-haltige Handelspräparate das Scheidenmilieu auf physikalischem Weg ansäuern, zählen sie zu den Medizinprodukten. Dagegen gelten Lactobacillus-haltige Produkte seit Mai 2024 als Arzneimittel, da Milchsäurebakterien einen Stoffwechsel haben und die Wirkung auf pharmakologischem Weg erfolgt. Als Arzneimittel muss die Wirksamkeit durch Studien belegt sein.
Barbara Staufenbiel studierte Pharmazie in Münster. 16 Jahre lang leitete sie die Rabenfels-Apotheke in Rheinfelden. Seit ihrer Rückkehr nach Münster arbeitet sie in einer öffentlichen Apotheke und engagiert sich für die Fortbildung als Referentin und Autorin mit Schwerpunkt Apothekenpraxis.