Gericht hält Verkürzung des Genesenenstatus für verfassungswidrig |
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, ist in der Politik derzeit umstritten. Hintergrund ist die Verkürzung des Genesennachweises von sechs auf drei Monate. Ein Verwaltungsgericht hält diese Verkürzung nun für verfassungswidrig. / Foto: Adam Berry/Getty Images
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hält die Verkürzung des Genesenenstatus auf drei Monate für verfassungswidrig. Ganz konkret ist der Genesenenstatus derzeit 28 Tage nach einem positiven Coronatest noch 62 Tage gültig. In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat die 3. Kammer des Gerichts den Landkreis Osnabrück am Freitag dazu verpflichtet, den Antragsteller einen Genesenennachweis über sechs Monate auszustellen. Die Gerichtskammer hält die kürzlich geänderte Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung für verfassungswidrig und unwirksam, deshalb sei die Verordnung in der Fassung vom 8. Mai 2021 anzuwenden, die den Nachweis für sechs Monate als gültig erklärt.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) dürfe diese Vorgabe in den Augen der Kammer nicht machen, denn: »Für diese Weiterdelegation auf das RKI fehle es an einer Rechtsgrundlage, der Verweis auf eine sich ständig ändernde Internetseite des RKI sei intransparent und zudem unbestimmt. Ob derartig weitreichende Entscheidungen zudem einem Parlamentsvorbehalt unterlägen, also nur von dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber getroffen werden dürften, oder ob sie auch die Verwaltung treffen dürfe, könne letztlich offenbleiben«, schreibt die Kammer in einer Pressemitteilung. Zudem habe das RKI nicht hinreichend wissenschaftlich aufgearbeitet, ob es belegt sei, dass nach 90 Tagen der Schutz Genesener vor einer Infektion ende. Erst vergangene Woche hatte das RKI die Verkürzung des Genesenenstatus erläutert. Die Verkürzung des Status sei mit Studienergebnissen zu erklären, die darauf hinweisen, dass die Schutzwirkung nach einer Infektion stark nachlassen, so das RKI. Allerdings hatte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Professor Carsten Watzl vor einigen Tagen kritisiert, dass die Verkürzung des Genesenennachweises auf drei Monate eine politische Entscheidung sei, die auf Basis der Daten nicht nachvollziehbar sei.
Der Beschluss der Kammer (Aktenzeichen: 3 B 4/22) ist noch nicht rechtskräftig und kann innerhalb zwei Wochen nach Zustellung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden. Der Beschluss hat allerdings zunächst nur Folgen für den Antragsteller. Andere Genesene, die ihren verkürzten Nachweis nicht akzeptieren, müssten sich deshalb grundsätzlich auch an die Gerichte wenden, heißt es vonseiten der Kammer.
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