G-BA führt Rekordzahl an Nutzenbewertungen durch |
Jennifer Evans |
29.07.2021 13:30 Uhr |
Nur wenn ein Arzneimittelwirkstoff vom G-BA einen Zusatznuten bescheinigt bekommt, kann der Hersteller mit den Kassen einen höheren Preis aushandeln, als sie für die zweckmäßigen Vergleichstherapie zahlen. / Foto: Fotolia/OFC Pictures
Seit 2011 prüft der G-BA jeden hierzulande neu zugelassenen Arzneimittelwirkstoff auf seinen Zusatznutzen verglichen mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie. Im vergangenen Jahr haben die Hersteller laut Geschäftsbericht insgesamt 116 Dossiers eingereicht (2011 waren es noch 24 Dossiers), von denen allein 42 Wirkstoffe aus dem Bereich der onkologischen Erkrankungen kamen. Platz zwei belegen mit insgesamt 22 Einreichungen die Stoffwechselkrankheiten. Zu seiner Rekordbilanz im Jahr 2020 zählt der Ausschuss auch 260 Beratungsgespräche.
Nach eigenen Angaben hat der G-BA seit Einführung des Nutzenbewertungssystems, das auf das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) von 2010 zurückgeht, bis Ende des vergangenen Jahres insgesamt 471 Bewertungsverfahren für 271 unterschiedliche Arzneimittel durchgeführt und 519 Beschlüsse gefasst. Mit dem Verfahren hatte der Gesetzgeber damals vor, der freien Preisgestaltung der pharmazeutischen Industrie einen Riegel vorzuschieben. Zuvor war es nämlich so, dass die Pharmakonzerne selbst den Preis für ihr neues Medikament festlegen konnten, und zwar zehn Jahre lang nach Markteintritt. Seit der Reform müssen Hersteller und Kassen nun bereits ein Jahr nach Markteinführung die Erstattungskosten für ihr Medikament aushandeln, sofern der G-BA einen Zusatznutzen attestierte. Andernfalls erhalten die Pharmaunternehmen nur den Preis der entsprechenden Vergleichstherapie. Einige hatten daraufhin ihre Präparate sogar vom Markt genommen. Dem G-BA zufolge hat dieses Bewertungsverfahren der Versichertengemeinschaft aber inzwischen jährlich rund 3,2 Milliarden Euro eingespart.
Schon früh galt das AMNOG-Verfahren als ein »lernendes System«, unter anderem deshalb, weil der Gesetzgeber es seit 2011 mit sieben Änderungen weiterentwickelt hat. Einige dieser Anpassungen sind in dem Geschäftsbericht des Ausschusses genannt, so beispielweise »die Festlegung der zweckmäßigen Vergleichstherapie, die Zusammenfassung mehrerer neuer Anwendungsgebiete zu einem Bewertungsverfahren, Klarstellungen zur Befreiung von der Dossierpflicht, die Möglichkeiten von Neubewertungen, die Veröffentlichung der Beschlüsse in englischer und maschinenlesbarer Fassung oder auch der Verzicht auf die Bewertung jener Arzneimittel, die bereits vor 2011 auf den Markt gekommen waren«. Zudem sind mittlerweile die Zulassungsbehörden bei den Beratungen pharmazeutischer Unternehmer dabei, wenn es um die Planung klinischer Studien geht. »Diese intensive Zusammenarbeit mündete 2017 in eine Kooperationsvereinbarung zwischen den Zulassungsbehörden und dem G-BA«, heißt es. Darüber hinaus führte der Gesetzgeber auch die Möglichkeit einer anwendungsbegleitenden Datenerhebung ein, weil immer mehr Medikamente über »eine besondere arzneimittelrechtliche Zulassung« auf den Markt kamen. Die PZ hatte seinerzeit bereits darüber berichtet. Erstmals forderte der G-BA eine Datenerhebung vom Hersteller als es um das Präparat Zolgensma® ging.