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Seltene Erkrankungen

Hersteller fürchten um Versorgung auf dem Land

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will anwendungsbegleitende Datenerhebungen bei der Behandlung von Patienten mit seltenen Leiden zur Pflicht machen. Ärzte und Kliniken, die daran nicht teilnehmen, sollen künftig bestimmte Mittel nicht mehr verschreiben dürfen. Die Pharmaindustrie schlägt Alarm.
Christina Müller
04.04.2019  12:02 Uhr

Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) muss sich heute in erster Lesung den Fragen der Abgeordneten im Deutschen Bundestag stellen. Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) appelliert zu diesem Anlass an den Gesetzgeber, in einigen Punkten nachzubessern.

Der Verband kritisiert etwa die im aktuellen Entwurf vorgesehene Regelung, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) künftig Ärzten und Krankenhäusern die Verordnung von Arzneimitteln bei der Therapie kleiner oder spezieller Patientengruppen untersagen darf, sofern sie nicht an der geforderten Datenerhebung teilnehmen. Damit gefährde Spahn vor allem die Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen in strukturschwachen Gebieten, warnt der BAH in einer Mitteilung. »Besonders auf dem Land sind damit Versorgungslücken für Patienten mit seltenen Erkrankungen zu erwarten. Denn es ist unwahrscheinlich, dass in jeder Region Deutschlands gerade für diese neue Therapie ein teilnehmendes Zentrum vorhanden ist«, sagte Hermann Kortland, stellvertretender BAH-Hauptgeschäftsführer. Wirke der behandelnde Arzt an der Datenerhebung nicht mit, bedeute dies für den Patienten faktisch den Ausschluss von Leistungsansprüchen auf zugelassene und mit einem positiven Risiko-Nutzen-Verhältnis versehene Arzneimittel.

Den Plan, die Vorgaben für den Abschluss von Rabattverträgen zu verschärfen, begrüßt Kortland hingegen. Laut GSAV-Entwurf sollen die Krankenkassen in Zukunft dabei nicht nur die Vielfalt der Anbieter, sondern auch eine unterbrechungsfreie und bedarfsgerechte Lieferfähigkeit berücksichtigen. Ziel ist es demnach, Versorgungsengpässe zu vermeiden.

»Diese Absicht ist grundsätzlich gut und richtig«, lobte Kortland. Gleichzeitig forderte er, die Regelung zu konkretisieren, um den Krankenkassen keine Schlupflöcher zu lassen. »Unser Vorschlag dazu steht: Wenn sich der Gesetzgeber darauf festlegt, dass zum einen bei Ausschreibungen verbindlich drei Anbieter den Zuschlag bekommen, und zum anderen diese Dreipartnerklausel – beispielsweise durch Preisabstandsregelungen – nicht ausgehebelt werden darf, stärkt dies die Versorgungssicherheit.«

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