Fünf im Einsatz, viele am Start |
Problematisch scheinen lokal zu applizierende Covid-19-Impfstoffe zu sein, die per Aerosol oder als Nasenspray direkt auf die Schleimhäute aufgetragen werden. Obwohl der Ansatz für Adenovirus-basierte Vektorimpfstoffe plausibel schien, da Adenoviren sich auch über die Epithelien der oberen Atemwege Eintritt in einen Organismus verschaffen, verliefen erste Versuche mit solchenCorona-Impfstoffen enttäuschend.
Als Paradebeispiel hierfür gilt der Impfstoffkandidat AdCOVID des Unternehmens Altimmune. Dies ist ein auf einem Adenovirus beruhender Vektorimpfstoff, ähnlich den Präparaten der Firmen Astra-Zeneca und Janssen. Nur eine Dosis über die Nase sollte erforderlich sein.
Grund zur Freude: Die bisherigen Covid-19-Impfstoffe schützen komplett immunisierte Personen gut vor schweren Krankheitsverläufen, aber nicht unbedingt vor einer Infektion. / Foto: Getty Images/Halfpoint
In Tierversuchen wurde gezeigt, dass das Prinzip funktioniert. Denn zumindest in der Lunge der transgenen Labormäuse entwickelte sich eine sterilisierende Immunität. Dies bedeutet, dass sich diese Tiere bei Coronavirus-Exposition nicht infizierten.
Ernüchterung folgte dann in einer Phase-I-Pilotstudie mit 80 gesunden Erwachsenen zwischen 18 und 55 Jahren. Es ließen sich zwar Antikörper nachweisen, die das SARS-CoV-2-Spike-Protein banden und das Virus bei einer Untergruppe von Probanden neutralisierten. Allerdings waren das Ausmaß der Reaktion und der Prozentsatz der auf AdCOVID reagierenden Probanden wesentlich geringer als bei anderen Corona-Impfstoffen. Aufgrund dieser Daten stellte Altimmune die weitere Entwicklung nach Abschluss der Phase-I-Studie ein (10).
Laut WHO-Liste befinden sich vier orale, acht intranasale Covid-19-Vakzinen, ein zu inhalierender Kandidat und ein Aerosol in der klinischen Entwicklung, mehrere davon in Phase-II und -III.
Dringend benötigt werden Lebendimpfstoffe mit abgeschwächten Viren. Auch die werden voraussichtlich lokal über die Schleimhäute appliziert und sollen wahrscheinlich vor einer Infektion schützen. Allerdings sind die Sicherheitsanforderungen enorm, denn auch Restrisiken dahingehend, dass solche Impfstoffe schwere Krankheitsverläufe verursachen könnten, müssen nachweislich ausgeschlossen sein. Das scheint aber zu gelingen, denn erste Daten aus klinischen Studien der Phase I liegen bereits vor (11).
Theo Dingermann studierte Pharmazie in Erlangen. Nach Promotion und Habilitation war er bis 2013 Geschäftsführender Direktor des Instituts für Pharmazeutische Biologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Jetzt ist er Seniorprofessor der Universität. Die Apotheker kennen ihn als Referenten und Autor von wissenschaftlichen Fach- und Lehrbüchern. Der PZ ist er seit April 2010 als externes Mitglied der Chefredaktion, seit Frühjahr 2019 als einer von drei Chefredakteuren und aktuell als Senior Editor verbunden.
Christina Hohmann-Jeddi studierte Biologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Nach Abschluss des Studiums absolvierte sie eine Ausbildung zur Wissenschaftsredakteurin, danach folgte ein Volontariat bei der Pharmazeutischen Zeitung. Seit 2003 leitet sie das Ressort Medizin.