Auf eine globale Herausforderung kann es nur globale Antworten geben. Im Fall der Pandemie heißen die Antworten: allgemeine Infektionsprävention und vor allem Impfen. / Foto: Shutterstock/Stefano Garau
Seit Ende 2019 ist die Welt mit einer Pandemie konfrontiert. Die Herausforderung durch SARS-CoV-2 ist gewaltig und für viele Menschen lebensbedrohlich und existenzgefährdend. Gewaltig ist aber auch der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn zu Prävention und Therapie der Infektion. Dies unterscheidet die aktuelle Pandemie von allen früheren.
In Rekordzeit wurden effektive Impfstoffe gegen den Erreger entwickelt, sodass in der EU rund ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie mehrere Präparate zugelassen wurden. Der mRNA-Impfstoff Comirnaty® von Biontech und Pfizer erhielt am 21. Dezember 2020 seine Zulassung, Spikevax® von Moderna am 6. Januar 2021 und Vaxzevria® von Astra-Zeneca am 29. Januar. Die Covid-19 Vaccine Janssen von Johnson & Johnson wurde Mitte März zugelassen. Mit einigem Abstand folgte am 20. Dezember 2021 die EU-Zulassung für die proteinbasierte Vakzine Nuvaxovid® von Novavax; diese soll demnächst verfügbar sein. Alle fünf Präparate zählen zu den Totimpfstoffen.
Bereits am 26. Dezember 2020 erhielt in Deutschland die 101 Jahre alte Edith Kwoizalla aus Halberstadt die erste Spritze zum Schutz vor Covid-19. Inzwischen sind laut Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) etwa 60 Millionen Menschen in Deutschland vollständig geimpft, mehr als 34 Millionen haben bereits eine dritte Dosis als Booster erhalten.
Weltweit haben es 23 Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 bis zur Zulassung gebracht, darunter sechs proteinbasierte Spaltimpfstoffe, vier Vektorimpfstoffe, drei Präparate auf Nukleinsäure-Basis und zehn mit inaktivierten Viren als Antigen. Mehrere Hundert Impfstoffe befinden sich in der Entwicklung.
Mehr als 4,4 Milliarden Menschen haben inzwischen eine oder mehrere Dosen erhalten; das sind 56 Prozent der Weltbevölkerung (1). Bis heute wurden laut Daten der Johns Hopkins University in Baltimore mehr als 9,4 Milliarden Dosen der in verschiedenen Regionen dieser Welt zugelassenen Impfstoffe appliziert (2). Weltweit führend ist dabei Vaxzevria von Astra-Zeneca mit fast 2,5 Milliarden Dosen, gefolgt von den chinesischen Ganzvirus-Impfstoffen Coronavac von Sinovac und dem Präparat von Sinopharm sowie Comirnaty von Biontech/Pfizer mit jeweils mehr als zwei Milliarden Dosen.
Bei der Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen wurden von Beginn an verschiedene Plattformen eingesetzt. Einige davon sind traditionelle Ansätze wie inaktivierte Viren (Beispiel: Grippeimpfstoffe) oder abgeschwächte Lebendviren (Beispiel: Masernimpfstoffe). Andere Ansätze verwenden neuere Plattformen wie rekombinante Proteine (Beispiel: Impfstoffe gegen humane Papillomaviren) und virale Vektoren (Beispiel: Ebolaimpfstoffe). Einige Strategien, wie RNA- und DNA-Impfstoffe, sind völlig neu für einen zugelassenen Impfstoff.
Bisher sind vier Impfstofftypen in verschiedenen Ländern zugelassen. In der EU sind die mRNA-Impfstoffe Comirnaty und Spikevax sowie die Vektorimpfstoffe Vaxzevria und die Janssen-Vakzine verfügbar. Mit Nuvaxovid wurde die erste rekombinante Spaltvakzine zugelassen.
Noch nicht eingesetzt werden Impfstoffe auf Basis abgeschwächter Lebendviren sowie DNA-Impfstoffe.
Seit ihrer Zulassung werden die Impfstoffe in Europa und weltweit breit eingesetzt und streng überwacht. Dadurch hat man im vergangenen Jahr viel hinzugelernt: zur Wirksamkeit, zur Immunologie und auch zur Sicherheit.
Generell haben sich alle zugelassenen Präparate als sehr sicher erwiesen. Allerdings wurden auch Nebenwirkungen erkannt, die Konsequenzen für die Anwendung hatten. Hier sind vor allem die Hirnvenenthrombosen in Verbindung mit einer Thrombozytopenie (Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom, TTS) zu nennen, die bei den Vektorimpfstoffen von Astra-Zeneca und Janssen meist innerhalb von zwei Wochen nach der ersten Impfdosis, aber insgesamt sehr selten (1 bis 2 Fälle pro 100.000 Impfungen) auftreten können. Besonders Frauen unter 60 Jahren waren betroffen. Aufgrund dieser Komplikation empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die beiden vektorbasierten Impfstoffe im Regelfall nur für Menschen ab 60 Jahren.
Eine sehr seltene Nebenwirkung der mRNA-Impfstoffe sind Herzmuskel- (Myokarditis) und Herzbeutelentzündungen (Perikarditis). Analysen von Meldedaten zeigen, dass diese Komplikationen verstärkt bei jungen Menschen bis 30 Jahre auftreten. Nach Impfungen mit Spikevax sind sie häufiger als nach Comirnaty. Daher empfiehlt die STIKO aktuell, junge Menschen unter 30 Jahren ausschließlich mit Comirnaty zu impfen. Für Menschen ab 30 Jahren besteht für beide mRNA-Impfstoffe kein erhöhtes Risiko für eine Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündung.
Die erste gefährliche Nebenwirkung, die bei Covid-19-Impfstoffen beobachtet wurde, waren Anaphylaxien; sie sind bei allen vier schon länger zugelassenen Präparaten aufgetreten. Daten für Nuvaxovid existieren noch nicht, auch weil teilweise in Studien ein Anaphylaxie-Risiko als Ausschlusskriterium galt. Eine mögliche Ursache dieser gefährlichen Reaktionen ist eine Allergie auf Polyethylenglykol (PEG), das in den mRNA-Impfstoffen enthalten ist. Bei bekannten Allergien auf diese Substanz soll auf einen Vektorimpfstoff ausgewichen werden. Andersherum kann bei bekannten Allergien gegen Polysorbate, die in den Vektorimpfstoffen und Nuvaxovid enthalten sind, auf eine mRNA-Vakzine ausgewichen werden.
Aber nicht nur zur Sicherheit, sondern auch zur Wirksamkeit hat man Erfahrungen gesammelt. Die beiden mRNA-Vakzinen wiesen gegenüber der Wuhan-Variante eine Schutzwirkung von mehr als 95 Prozent auf, die beiden Vektorimpfstoffe lagen etwas darunter. Über alle verfügbaren Datenquellen gemittelt, ergeben sich aktuell für die mRNA- und Vektorimpfstoffe unterschiedliche Wirksamkeiten (Abbildung 1). Dabei sind die Daten zur Wirksamkeit gegen die neue Omikron-Variante – sofern überhaupt vorhanden – noch sehr unzuverlässig.
Abbildung 1: Effizienz der verschiedenen Vakzinetypen; gezeigt ist der Schutz vor einer symptomatischen Infektion (oben) sowie vor einer Hospitalisierung (unten); Daten von Airfinity, modifiziert nach (3) / Foto: PZ/Pfeifer
Studien zeigen auch, dass die durch Covid-19-Impfstoffe verliehene Immunität mit der Zeit deutlich abnimmt – ebenso wie die durch Infektion erworbene. Wie schnell und wie stark sich der Immunschutz reduziert, hängt von Präparat und Individuum ab. Den stabilsten Schutz scheint Spikevax – wohl auch durch die hohe Impfdosis – zu verleihen, wohingegen der durch Vektorimpfstoffe verliehene Schutz sehr schnell abnimmt (Abbildung 2). Daher empfiehlt die STIKO jetzt allen Geimpften ab zwölf Jahren eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff im Abstand von drei Monaten nach der Grundimmunisierung. Die aktuell wichtigsten Impfstoffe werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Abbildung 2: Abnehmender Immunschutz; nach (1) / Foto: PZ/Pfeifer
Der Impfstoff des Firmenkonsortiums Biontech/Pfizer enthält als Wirkstoff eine in Lipidnanopartikel verpackte mRNA (Tozinameran), die die genetische Information für ein intaktes Spike-Protein von SARS-CoV-2 enthält. Der Impfstoff ist in Mehrdosen-Durchstechflaschen konfektioniert, deren Inhalt (0,45 ml Konzentrat) vor der Verwendung nach Vorschrift rekonstituiert werden muss. Nach diesem Schritt sind offiziell sechs Dosen von je 0,3 ml entnehmbar. Eine Dosis enthält 30 µg Tozinameran.
In Zellen, die die mRNA aufgenommen haben, wird ein Spike-Protein mit zwei Mutationen, die das Protein in der sogenannten Präfusionskonformation stabilisieren, synthetisiert. Um die Verträglichkeit und Stabilität des Impfstoffs zu erhöhen, ist die mRNA verändert: Alle Uridin-Nukleotide sind durch 1-Methylpseudouridin-Nukleotide (m1ψ) ersetzt (4).
Seit Dezember 2020 ist die Vakzine in der EU für Personen ab 16 Jahren zugelassen und seit Ende Mai 2021 ab zwölf Jahren.
Für Kinder ab fünf Jahren ist derzeit nur die Biontech/Pfizer-Vakzine zugelassen. / Foto: Getty Images/portishead1
Eine Zulassung für Kinder zwischen fünf und elf Jahren hat die Vakzine in einer niedriger dosierten und speziell formulierten Version am 25. November 2021 erhalten. In diesem Fall enthält eine Durchstechflasche (1,3 ml), die durch eine orange Kappe eindeutig erkennbar ist, nach der Rekonstitution mit 1,3 ml Natriumchlorid-Injektionslösung zehn Dosen zu je 0,2 ml. Hierin enthalten sind jeweils 10 µg Tozinameran. Eine Grundimmunisierung umfasst zwei Dosen im Abstand von drei Wochen. Stark immungeschwächten Kindern ab fünf Jahren kann eine dritte Dosis mindestens 28 Tage nach der zweiten Dosis verabreicht werden.
Die STIKO empfiehlt die Covid-19-Impfung derzeit für Kinder von fünf bis elf Jahren mit Vorerkrankungen. Zusätzlich wird sie Kindern empfohlen, in deren Umfeld sich Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf befinden, die selbst nicht oder nur unzureichend durch eine Impfung geschützt werden können, zum Beispiel Hochbetagte sowie Immunsupprimierte. Darüber hinaus können Kinder dieser Altersgruppe ohne Vorerkrankungen nach ärztlicher Aufklärung geimpft werden, sofern Kinder und Eltern beziehungsweise Sorgeberechtigte dies wünschen.
Comirnaty ist derzeit der einzige Impfstoff, der laut STIKO bei Personen unter 30 Jahren eingesetzt werden soll (Tabelle).
| Personengruppe (Jahre) | Grundimmunisierung1. Impfstoffdosis | Grundimmunisierung2. Impfstoffdosis | Impfabstandzwischen 1. und 2. Dosis (Wochen) | Auffrischimpfung3. Impfstoffdosis (in der Regel 3 Monate nach 2. Dosis) |
|---|---|---|---|---|
| Nur mRNA-Impfung | ||||
| 5 bis 11 | Comirnaty (10 µg) | Comirnaty (10 µg) | 3 bis 6 | – |
| 12 bis 17 | Comirnaty (30 µg) | Comirnaty (30 µg) | 3 bis 6 | Comirnaty (30 µg) |
| 18 bis 29 | Comirnaty (30 µg) | Comirnaty (30 µg) | 3 bis 6 | Comirnaty (30 µg) |
| 30 bis 59 | Comirnaty (30 µg)Spikevax (100 µg) | Comirnaty (30 µg)Spikevax (100 µg) | 3 bis 6 | Comirnaty (30 µg)Spikevax (50 µg) |
| Schwangere jeden Alters | Comirnaty (30 µg) | Comirnaty (30 µg) | 3 bis 6 | Comirnaty (30 µg) |
| mRNA-Impfung oder heterologes Impfschema | ||||
| ab 60 | Comirnaty (30 µg)Spikevax (100 µg) | Comirnaty (30 µg)Spikevax (100 µg) | 4 bis 6 | Comirnaty (30 µg)Spikevax (50 µg) |
| ab 60 | Vektorimpfstoff (Vaxzevria oder Covid-19 Vaccine Janssen) | Comirnaty (30 µg)Spikevax (100 µg) | ab 4 | Comirnaty (30 µg)Spikevax (50 µg) |
| andere Situationen | ||||
| Personen, die einen in der EU nicht zugelassenen Impfstoff erhalten haben | erneute Impfserie mit einem in der EU zugelassenen Impfstoff | ab 4 | Comirnaty (ab 18 Jahre)Spikevax (50 µg) (ab 30 Jahre) |
Wie Biontech/Pfizer hat auch Moderna seinen Impfstoff auf einer mRNA-Plattform entwickelt. Der Inhalt einer Mehrdosen-Durchstechflasche Spikevax enthält entweder zehn Dosen zu je 0,5 ml oder maximal 20 Dosen zu je 0,25 ml. Eine Dosis (0,5 ml) enthält 100 µg mRNA, eingebettet in SM-102-Lipidnanopartikel.
Die mRNA in Spikevax ist an zwei Positionen mutiert, um das Spike-Protein in der Präfusionskonformation zu stabilisieren. Auch hier wurden alle Uridin-Nukleotide durch 1-Methylpseudouridin-Nukleotide (m1ψ) ersetzt. Allerdings wird der Impfstoff mit 100 µg pro Dosis mehr als dreifach höher dosiert als der Biontech/Pfizer-Impfstoff.
Retrospektiv kann man sagen, dass Spikevax ein wenig wirksamer ist und auch langsamer an Wirksamkeit verliert als Comirnaty. Dieser Vorteil wird allerdings mit einer etwas höheren Rate an Myo-/Perikarditiden »erkauft«. Seit Januar 2021 ist der Impfstoff in der EU für Personen ab 18 Jahren zugelassen, seit Ende Juli auch für Kinder und Jugendliche ab zwölf. Seit dem 10. November 2021 empfiehlt die STIKO Spikevax nur noch für Personen über 30 Jahre (Tabelle). Zudem sollen auch Schwangere (ab dem zweiten Trimenon) unabhängig vom Alter vorsorglich nur noch Impfungen mit Comirnaty erhalten.
Als Booster ist für Personen ab 30 Jahren die halbe Dosis zugelassen, das heißt 0,25 ml (50 µg mRNA) mindestens drei Monate nach der zweiten Dosis. Personen zwischen zwölf und 29 Jahren sollen dagegen ausschließlich mit Comirnaty geboostert werden.
Weltweit am häufigsten wurde bislang der Impfstoff Vaxzevria verimpft. Hierbei handelt es sich um einen Vertreter der »nicht-replizierenden viralen Vektor-Impfstoffe« (5). In das Genom eines abgeschwächten Adenovirus (ChAdOx1), das Infektionen bei Schimpansen hervorruft, aber genetisch so verändert wurde, dass es sich nicht im Menschen vermehren kann, wurde die DNA-Sequenz für das SARS-CoV-2-Spike-Protein einkloniert.
Der Impfstoff ist in Mehrdosen-Durchstechflaschen à 4 ml (acht Dosen) beziehungsweise à 5 ml (zehn Dosen) im Handel. Eine Dosis (0,5 ml) enthält 2,5 x 108 infektiöse Einheiten (IE) Schimpansen-Adenoviren.
Seit 1. April 2021 empfiehlt die STIKO den Impfstoff nur noch für Personen ab 60 Jahren. Hintergrund für diese Entscheidung waren gehäuft auftretende TTS-Fälle im Zusammenhang mit der Impfung. Personen, die eine erste Dosis Vaxzevria erhalten haben, sollen der Kommission zufolge als zweite Impfung einen mRNA-Impfstoff erhalten. Als Grund nennt die STIKO eine bessere Immunantwort durch die kombinierte Impfung (heterologe Impfung, Kasten). Somit wird Vaxzevria in Deutschland nur noch als erste Dosis der Grundimmunisierung für Personen ab 60 Jahren empfohlen.

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Eine Kreuz- oder Mischimpfung, auch heterologe Impfung genannt, bedeutet, dass eine Person unterschiedliche Impfstoffe gegen einen Erreger erhält, sofern mehrere Impfdosen für einen vollständigen Impfschutz erforderlich sind.
So empfiehlt die STIKO etwa Personen, die mit dem Vektorimpfstoff von Janssen geimpft wurden, zur Optimierung der Grundimmunisierung eine zweite Impfung mit einem mRNA-Impfstoff. Auch Boosterungen erfolgen unabhängig davon, mit welchem Impfstoff die erste Impfserie abgeschlossen wurde, mit einem mRNA-Präparat.
Die Kombination unterschiedlicher Impfstoffe für Erst- und Zweit- beziehungsweise Boosterimpfung ist möglich, da sich die T-Zell-basierte Immunantwort bei allen in Deutschland zugelassenen Covid-19-Impfstoffen gegen das gleiche Antigen des Virus richtet. Studienergebnisse zeigen, dass die Immunantwort nach einem heterologen Impfschema deutlich besser ist als nach einer homologen Vektorimpfserie. Auch die gebildeten Antikörperkonzentrationen waren in Studien deutlich höher.
Covid-19 Vaccine Janssen von Johnson & Johnson (Ad26.COV2.S) ist ebenfalls ein vektorbasierter Impfstoff. Als Antigen enthält er ein modifiziertes humanpathogenes Adenovirus vom Typ 26, in dessen Genom die genetische Information für das SARS-CoV-2-Spike-Protein einkloniert ist. Es ist bislang der erste Covid-19-Impfstoff, bei dem laut Zulassung nur eine Impfdosis nötig ist.
Eine Durchstechflasche enthält fünf Dosen zu je 0,5 ml, in denen wiederum nicht weniger als 108 IE Adenovirus Typ 26 enthalten sind.
Die EU-Kommission ließ den Impfstoff am 11. März 2021 für Personen ab 18 Jahre zu. In der Fachinformation findet sich ein Warnhinweis auf mögliche TTS-Komplikationen, die auch im Zusammenhang mit dieser Vakzine beobachtet wurden. Laut STIKO-Empfehlung ist auch sie nur bei Personen ab 60 Jahren einzusetzen.
Da der Schutz relativ schnell nachlässt, empfiehlt die STIKO zudem allen Menschen, die einmal mit dem Janssen-Impfstoff geimpft sind, eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff. Diese kann frühestens vier Wochen nach der ersten Impfung gegeben werden und ist als »Optimierung der Grundimmunisierung« anzusehen. Ein Booster, ebenfalls mit einem mRNA-Impfstoff, kann nach mindestens drei Monaten erfolgen (Tabelle).
Nuvaxovid von Novavax ist der jüngste der fünf in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffe. Im Gegensatz zu den bislang verfügbaren Präparaten basiert er auf dem seit Langem bekannten Prinzip der Spaltimpfstoffe, ist also proteinbasiert (6). Als Antigen enthält eine Dosis (0,5 ml) 5 µg des SARS-CoV-2-Spike-Proteins, das durch rekombinante DNA-Technologie unter Verwendung eines Baculovirus-Expressionssystems in einer Insektenzelllinie hergestellt wurde. Zudem ist das Adjuvans Matrix M™ zugesetzt.
Anders als die anderen Impfstoffe induziert Nuvaxovid neben der Antikörperantwort bei den T-Zellen nur eine CD4-Antwort, aber keine CD8-Antwort. Das ist nachteilig in der aktuellen Situation, in der sich die besorgniserregende Variante Omikron stark ausbreitet. Zwischenzeitlich ist bekannt, dass diese Virusvariante einen Immunschutz recht gut unterlaufen kann, da viele Antikörper, die aufgrund einer Erkrankung oder infolge einer Impfung gebildet wurden, nicht mehr ausreichend binden können.
Der Jüngste im Bunde: Der Impfstoff Novavax® soll im Februar auf den europäischen Markt kommen. / Foto: Imago Images/MiS
Während die anderen Impfstoffe in dieser Situation noch einen akzeptablen Schutz durch die T-Zell-Immunität bieten, die in erster Linie durch CD8-Zellen gesichert wird, liegt ein solcher Schutz nach Impfung mit Nuvaxovid wohl nicht vor.
Die Wirksamkeit gegen Nicht-Omikron-Varianten scheint allerdings sehr gut zu sein. Laut Studien kann mit einer Wirksamkeit von 90,4 Prozent gerechnet werden. Nur bei der Beta-Variante ist der Schutz gegenüber symptomatischen Covid-19-Erkrankungen mit 60 Prozent weniger gut.
Nuvaxovid ist zugelassen ab 18 Jahren. Die Grundimmunisierung erfolgt mit zwei Dosen zu je 0,5 ml im Abstand von drei Wochen. Eine Boosterimpfung ist derzeit noch nicht zugelassen. Ebenso wenig hat die STIKO bislang Empfehlungen zum Einsatz des Impfstoffs ausgesprochen. Wann das Präparat in Deutschland zur Verfügung steht, ist noch nicht bekannt. Laut Bundesministerium für Gesundheit ist mit einer Lieferung im Februar zu rechnen.
Zusätzlich zu den genannten Präparaten könnten in Zukunft noch weitere in der EU zugelassen werden. Derzeit befinden sich vier Covid-19-Impfstoffe bei der Europäischen Arzneimittelagentur in Prüfung: der russische Vektorimpfstoff Sputnik V (seit 4. März 2021 im Rolling Review), der chinesische Ganzvirus-Impfstoff Covid-19 Vaccine (Vero Cell) Inactivated von Sinovac (seit 4. Mai 2021), der adjuvantierte proteinbasierte Impfstoff Vidprevtyn® von Sanofi und Glaxo-Smith-Kline (seit 20.Juli 2021) und der inaktivierte Ganzvirus-Impfstoff VLA2001 des österreichisch-französischen Unternehmens Valneva (seit 2. Dezember 2021).
Letzterer könnte trotz des späten Starts als erster Kandidat ein positives Votum der EMA erhalten: Das Unternehmen rechnet mit einer Zulassung im ersten Quartal 2022.
Insgesamt sind zahlreiche weitere Covid-19-Vakzinen in verschiedenen Stadien der Entwicklung. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) befinden sich 139 Kandidaten in klinischer und 194 in präklinischer Prüfung (Stand 17. Januar 2022). In klinischen Studien werden auch 16 DNA-basierte Kandidaten und zwei attenuierte Lebendvakzinen getestet.
Welche Kandidaten schaffen es bis zur Zulassung? Hier deuten sich Enttäuschungen, aber auch Hoffnungen an. Eine Enttäuschung könnte man bei den klassischen Totimpfstoffen mit inaktivierten Viren erleben. Waren die Erwartungen anfangs hoch, da dieser Typ auf einer seit 60 bis 70 Jahren eingesetzten Impfstofftechnologie mit bewährten Verfahren und sehr hoher Sicherheit fußt, lassen neuere Ergebnisse Zweifel an der Wirksamkeit aufkommen.
Die Ganzvirus-Impfstoffe von Sinovac und Sinopharm wurden in vielen Ländern der Welt eingesetzt. Zunächst wurde ihnen eine hohe Wirksamkeit von mehr als 80 Prozent bescheinigt. Allerdings deuteten sich bereits Mitte des letzten Jahres Probleme an, da die Schutzwirkung innerhalb kurzer Zeit rapide nachlässt. Die WHO bescheinigte Sinovac im Juni 2021 eine Wirksamkeit von 51 Prozent gegen symptomatische Verläufe. In Thailand, Malaysia oder Indonesien, in Singapur, der Mongolei, Kuala Lumpur und sogar in China selbst begannen die Behörden an der Wirksamkeit des Impfstoffs zu zweifeln.
Mittlerweile verfestigt sich dieser Trend. Selbst die Hoffnung, Impfstoffe auf Basis inaktivierter Viren zumindest als Booster einzusetzen, scheint nicht berechtigt, wie die britische Vergleichsstudie CovBoost zeigt. Ihr zufolge hatte VLA2001 die schwächste Boosterwirkung von sieben geprüften Impfstoffen (7).
Hoffungsvoll stimmen hingegen Meldungen zu einem neuen Impfstofftyp, der darauf abzielt, eine T-Zell-Antwort zu induzieren. Die Entwicklung des Prototyps dieser Impfstoffklasse »CoVac-1« findet in Deutschland an der Universität Tübingen statt. Der Sechs-Peptid-Impfstoff enthält Fragmente von fünf SARS-CoV-2-Proteinen (Spike, Nukleokapsid, Membran, Hülle und offener Leserahmen 8), die von antigenpräsentierenden Zellen aufgenommen und den T-Zellen präsentiert werden. Zudem enthält der Impfstoff den neuartigen Toll-like-Rezeptor (TLR)1/2-Agonisten XS15 und die Wasser-in-Öl-Emulsion Montanide ISA51 VG als Adjuvanzien. Diese fördern die Aktivierung und Reifung von antigenpräsentierenden Zellen und tragen entscheidend dazu bei, dass eine starke T-Zell-Reaktion induziert wird.
Ende November veröffentlichte ein Team um Professor Dr. Juliane Walz vom Uniklinikum Tübingen Phase-I-Daten. Diese zeigten, dass eine Einzeldosis des Impfstoffs gut verträglich war und multifunktionale CD4- und CD8-T-Zell-Reaktionen in einer Größenordnung auslöste, die deutlich über denen lagen, die durch natürliche Infektionen oder andere Impfstofftechnologien hervorgerufen wurden (8).
T-Zell-induzierende Peptidimpfstoffe werden auch von anderen Gruppen entwickelt, wie in einem News-Beitrag in »Nature Biotechnology« berichtet wird (9). So plant das britische Unternehmen »Emergex Vaccines«, Anfang 2022 mit der Erprobung seines Impfstoffs auf Nanopartikelbasis zu beginnen. Der experimentelle Impfstoff enthält neun synthetisch hergestellte Proteinfragmente, die eine T-Zell-Immunität gegen Coronaviren vermitteln sollen. Der Impfstoff wird zudem nadelfrei über die Haut appliziert. Das französische Unternehmen »OSE Immunotherapeutics« testet in Phase I einen ähnlichen Kandidaten mit elf Peptiden, der auf die Aktivierung von T-Zellen abzielt, allerdings injiziert wird. Vorläufige Ergebnisse der ersten acht Studienteilnehmer zeigten sechs Wochen nach der Injektion starke virusspezifische T-Zell-Reaktionen.
Problematisch scheinen lokal zu applizierende Covid-19-Impfstoffe zu sein, die per Aerosol oder als Nasenspray direkt auf die Schleimhäute aufgetragen werden. Obwohl der Ansatz für Adenovirus-basierte Vektorimpfstoffe plausibel schien, da Adenoviren sich auch über die Epithelien der oberen Atemwege Eintritt in einen Organismus verschaffen, verliefen erste Versuche mit solchenCorona-Impfstoffen enttäuschend.
Als Paradebeispiel hierfür gilt der Impfstoffkandidat AdCOVID des Unternehmens Altimmune. Dies ist ein auf einem Adenovirus beruhender Vektorimpfstoff, ähnlich den Präparaten der Firmen Astra-Zeneca und Janssen. Nur eine Dosis über die Nase sollte erforderlich sein.
Grund zur Freude: Die bisherigen Covid-19-Impfstoffe schützen komplett immunisierte Personen gut vor schweren Krankheitsverläufen, aber nicht unbedingt vor einer Infektion. / Foto: Getty Images/Halfpoint
In Tierversuchen wurde gezeigt, dass das Prinzip funktioniert. Denn zumindest in der Lunge der transgenen Labormäuse entwickelte sich eine sterilisierende Immunität. Dies bedeutet, dass sich diese Tiere bei Coronavirus-Exposition nicht infizierten.
Ernüchterung folgte dann in einer Phase-I-Pilotstudie mit 80 gesunden Erwachsenen zwischen 18 und 55 Jahren. Es ließen sich zwar Antikörper nachweisen, die das SARS-CoV-2-Spike-Protein banden und das Virus bei einer Untergruppe von Probanden neutralisierten. Allerdings waren das Ausmaß der Reaktion und der Prozentsatz der auf AdCOVID reagierenden Probanden wesentlich geringer als bei anderen Corona-Impfstoffen. Aufgrund dieser Daten stellte Altimmune die weitere Entwicklung nach Abschluss der Phase-I-Studie ein (10).
Laut WHO-Liste befinden sich vier orale, acht intranasale Covid-19-Vakzinen, ein zu inhalierender Kandidat und ein Aerosol in der klinischen Entwicklung, mehrere davon in Phase-II und -III.
Dringend benötigt werden Lebendimpfstoffe mit abgeschwächten Viren. Auch die werden voraussichtlich lokal über die Schleimhäute appliziert und sollen wahrscheinlich vor einer Infektion schützen. Allerdings sind die Sicherheitsanforderungen enorm, denn auch Restrisiken dahingehend, dass solche Impfstoffe schwere Krankheitsverläufe verursachen könnten, müssen nachweislich ausgeschlossen sein. Das scheint aber zu gelingen, denn erste Daten aus klinischen Studien der Phase I liegen bereits vor (11).
Theo Dingermann studierte Pharmazie in Erlangen. Nach Promotion und Habilitation war er bis 2013 Geschäftsführender Direktor des Instituts für Pharmazeutische Biologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Jetzt ist er Seniorprofessor der Universität. Die Apotheker kennen ihn als Referenten und Autor von wissenschaftlichen Fach- und Lehrbüchern. Der PZ ist er seit April 2010 als externes Mitglied der Chefredaktion, seit Frühjahr 2019 als einer von drei Chefredakteuren und aktuell als Senior Editor verbunden.
Christina Hohmann-Jeddi studierte Biologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Nach Abschluss des Studiums absolvierte sie eine Ausbildung zur Wissenschaftsredakteurin, danach folgte ein Volontariat bei der Pharmazeutischen Zeitung. Seit 2003 leitet sie das Ressort Medizin.