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E-Rezept-Einführung

Fachärzte wollen keine »digitalen Versuchslabore« sein

Derzeit halten die Fachärzte das E-Rezept noch für eine Belastung im Praxisalltag. Sie fordern von der Bundesregierung, digitale Neuerung künftig erst nach ausgiebiger Erprobung einzuführen. Das betonten sie bei ihrer Pressekonferenz am heutigen Donnerstag.
Jennifer Evans
24.02.2022  17:00 Uhr

Wenn es um die Digitalisierung geht, schmeckte den Fachärzten in Deutschland der Hauruck-Kurs des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) überhaupt nicht. Das machte der Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der Fachärzte Deutschlands (SpiFa), Dirk Heinrich, am heutigen Donnerstag deutlich. Er forderte stattdessen »eine neue Ausrichtung der Digitalisierung«, die sich sowohl auf den Nutzen für die Patienten als auch für die Ärzte fokussiert. Das deckt sich mit der Sicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), über die die PZ bereits berichtet hatte.

In dem Zusammenhang sprach Heinrich auch das Thema E-Rezept an. Ihm will nicht einleuchten, warum es die digitale Verordnung zunächst parallel noch als Ausdruck geben soll. Aus seiner Sicht ist das »eine Krückenlösung«, die den Ärzten mehr Arbeit bereite als abnehme. Daher rief er die neue Regierung dazu auf, neue Technologien erst einzuführen, wenn diese auch »ausgiebig getestet« seien und in der Praxis funktionierten. »Einrichtungen in der Gesundheitsversorgung sind keine digitalen Versuchslabore«, warnte er in seinem Vortrag. Zudem hält er es für notwendig, künftig die Verantwortungen in diesem Bereich klar zu regeln – für den Fall, dass es bei der Umsetzung digitaler Neuerung einmal hakt.

Anlass für die heutige Pressenkonferenz des Spitzenverbands war es, seine Positionen mit Blick auf den Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP aufzuzeigen. Der Verband vertritt hierzulande nach eigenen Angaben mehr als 160.000 Fachärztinnen und Fachärzte.

Weniger Bürokratie, mehr Kooperation

Deutlichen Zuspruch gab es vonseiten der Fachärzte für das Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetz, das die Koalitionspartner planen sowie für den Ausbau einer dezentralen Forschungsdateninfrastruktur. Eine bessere Nutzung der Daten für die Wissenschaft hält der SpiFa für zentral. Für ebenso wichtig ist ihm eine Entschlackung des Fünften Sozial Gesetzbuch (SGB V) sowie ein stärkerer Fokus auf eine sektorenübergreifende Versorgung. In Heinrichs Augen wird in Deutschland noch viel zu viel stationär behandelt. Grundsätzlich begrüßen die Fachärzte auch »berufsübergreifende Kooperationen«. Welche genau er damit meint, sagte der SpiFa-Chef allerdings nicht.

Nicht zuletzt bietet der Verband der Regierung seine Unterstützung in der Drogenpolitik an. Dabei geht es unter anderem um Modelle zum Drug-Checking sowie darum, Schäden durch Drogenkonsum zu minimieren. Unklar bleibt hingegen, wie der Verband dazu steht, sollten die Apotheken in Zukunft in die lizensierte Abgabe von Cannabis einbezogen werden. Der Koalitionsvertrag definiert nämlich nicht klar, wer demnächst solche Lizenzen erwerben darf. Zumindest die FDP hätte ursprünglich gern die Apotheken dabei gehabt.

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