Epidemiekontrolle durch digitale Kontaktverfolgung |
Theo Dingermann |
06.04.2020 11:10 Uhr |
Auch in Deutschland wird an einer Handy-App gearbeitet, die bei der Kontaktverfolgung von Infizierten mit SARS-CoV-2 helfen soll. / Foto: Fotolia/mrcats
Anerkannte Modellrechnungen sagen vorher, dass mit beachtlichen Todesfällen zu rechnen ist, wenn es nicht gelingen sollte, die Pandemie nachhaltig zu verlangsamen. Für Großbritannien werden für diesen Fall circa 250.000 Todesopfer geschätzt. Für die USA liegen die Zahlen bei circa 1,1 bis 1,2 Millionen Toten.
Nun erschien im Fachjournal »Science« eine Publikation der renommierten epidemiologischen Modellierer-Gruppe um Christophe Fraser vom »Centre for Health Information and Discovery« der Universität Oxford. In dieser Arbeit analysieren die Wissenschaftler Schlüsselparameter zur Ausbreitung der Epidemie, um den jeweiligen Beitrag verschiedener Übertragungswege abzuschätzen und effektive Maßnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Pandemie vorzuschlagen.
Zunächst definieren die Autoren vier Infektionswege und deren Anteil an der Verbreitung der Covid-19-Erkrankung:
Die Autoren legen ihren Modellrechnungen eine Verdopplungszeit der Krankheitsfälle von fünf Tagen und eine Inkubationszeit, das heißt die Zeit zwischen Infektion und dem Auftreten von Symptomen, von 5,2 Tagen zugrunde.
Basis ihrer Untersuchungen bildeten 40 gut charakterisierte Infektionspaare. Mit den Daten dieser Fälle errechneten die Autoren eine aktuelle Basis-Reproduktionszahl R0 von 2. Das ist ein erfreulich niedriger Wert, da in diesem Fall ein Infizierter »nur« zwei Nicht-Infizierte anstecken würde.
Für die verschiedenen Übertragungswege ließen sich folgende Werte ableiten:
Erschreckend dabei ist der sehr hohe Wert an präsymptomatischen Übertragungen von 45 Prozent. Das heißt, dass (i) etwa die Hälfte aller Infektionen zu einem Zeitpunkt stattfinden, an dem der Überträger der Krankheit noch gar nicht realisieren kann, dass er selbst infiziert ist, und dass (ii) der Infizierte bereits die Krankheit weiter zu verbreiten beginnt, wenn bei demjenigen, der ihn infiziert hat, gerade die Symptome einzusetzen beginnen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.