Epidemiekontrolle durch digitale Kontaktverfolgung |
Theo Dingermann |
06.04.2020 11:10 Uhr |
Mit diesen Daten fütterte das Forscherteam etablierte Modellsysteme, um daraus Anforderungen abzuleiten, welche Maßnahmen erforderlich und erfolgversprechend sind, die Epidemie einzudämmen. Wichtig für ihre Überlegungen ist dabei auch der Einsatz einer Handy-App, mit der die Bewegungsmuster einzelner Personen verfolgt werden können, um diese Personen dann zu warnen, wenn sie mit einem mit SARS-CoV-2-Infizierten in Kontakt getreten sind.
Die kombinierten Wirkungen zweier Interventionen wurden modelliert:
Diese Interventionen zielen darauf ab, die Ausbreitung des Virus dadurch zu stoppen, dass die Anzahl der Übertragungen sowohl von symptomatischen Personen als auch die Übertragung durch die Kontakte (die möglicherweise nicht symptomatisch sind) reduziert werden, um so den Rest der Bevölkerung bestmöglich zu schützen.
In der Praxis wird keine der beiden Interventionen bei 100 Prozent der infrage kommenden Personen durchführbar und somit auch erfolgreich sein. Wäre hingegen die Compliance und die Beteiligung der Bevölkerung an der Erhebung von Bewegungsdaten hoch genug, könnte die Kombination von Isolation und Kontaktverfolgung/Quarantäne den Basis-Reproduktionswert R0 unter 1 drücken und damit die Epidemie wirksam kontrollieren.
Letztlich kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die Virusausbreitung zu schnell ist, um sie durch manuelle Kontaktverfolgung eindämmen zu können.
Allerdings gibt es inzwischen Handy-Apps, die eine Kontaktverfolgung und die zugehörigen relevanten Meldungen sofort nach der Bestätigung eines Indexfalls auslösen. Dadurch können Personen, die sich in der Nähe von »möglicherweise Infizierten« aufgehalten haben, sofort informiert und aufgefordert werden, sich vorsichtshalber in Quarantäne zu begeben, bis der Fall geklärt ist. Auf diese Weise könnte sich die Epidemie eindämmen lassen, ohne dass eine Massenquarantäne (»lock-downs«) erforderlich wäre.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.