Entzündung mit Fernwirkung |
Die Parodontitis (umgangssprachlich: »Parodontose«) gilt als eine der häufigsten chronisch entzündlichen, nicht übertragbaren Erkrankungen. Auslösende Bakterien werden zwar auch durch engen Kontakt weitergegeben und sind im Mundmikrobiom enthalten. Bei guter Mundhygiene entsteht aber keine Entzündung.
Die globale Prävalenz der schweren Parodontitis lag im Jahr 2017 bei geschätzt 743 Millionen Menschen; sie betrifft somit zwischen 7,8 und 11 Prozent der Erwachsenen, heißt es in der Leitlinie (3). Hierzulande sind etwa 35 Millionen erkrankt, davon 10 Millionen schwer (4).
Die Parodontitis verläuft schubweise und zerstört – ohne rechtzeitige Intervention – den Zahnhalteapparat so umfassend, dass sich auch gesunde Zähne lockern und ausfallen können. Fachsprachlich wird die fortschreitende Zerstörung des Zahnhalteapparats als »parodontaler Attachmentverlust« bezeichnet.
Den Beginn markieren Beläge und Plaques (pathogener dentaler Biofilm) auf den Zahnoberflächen oberhalb und unterhalb des Zahnfleischrands sowie in den Zahnzwischenräumen, die aufgrund mangelnder Mundhygiene entstehen (3). Diese Plaques, bestehend aus Bakterien und deren Stoffwechselprodukten, lösen eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis) aus. Eine Gingivitis kann auch aufgrund übertriebener Mundhygiene entstehen, wenn dabei das Zahnfleisch verletzt wird.
Unbehandelt entwickelt sich aufgrund der mikrobiellen Dysbiose aus der Gingivitis eine chronische Entzündung, die tiefer ins Gewebe eindringt und schließlich den Knochen angreift (5).
Die Entzündung bleibt jedoch nicht auf den Mundraum beschränkt. Bei einer schweren Parodontitis gelangen bakterielle Endotoxine und proinflammatorische Komponenten bei jedem Kauvorgang aus den Zahnfleischtaschen in den Blutkreislauf (6). Dies kann sich negativ auf den gesamten Körper auswirken. Parodontitis ist mit mehreren Erkrankungen, etwa Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz assoziiert.
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Zu den Risikofaktoren für eine Parodontitis zählen etwa eine erbliche Veranlagung, Rauchen, ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, psychischer Stress, hormonelle Umstellungen, zum Beispiel in der Schwangerschaft und den Wechseljahren, das Immunsystem schwächende Krankheiten wie Aids sowie Medikamente wie Antihypertonika, Immunsuppressiva und orale Kontrazeptiva (5).
In der Beratung kann das Apothekenpersonal auf typische Anzeichen einer Parodontitis hinweisen. Dazu gehören blutendes, geschwollenes und gerötetes Zahnfleisch, Zahnfleischrückgang, Mundgeruch oder lockere Zähne (4). Jeder sollte mindestens einmal jährlich zur zahnmedizinischen Kontrolle inklusive professioneller Zahnreinigung gehen. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen halbjährliche Vorsorgeuntersuchungen.
Darüber hinaus ist eine gute und regelmäßige häusliche Mundpflege für die Gesunderhaltung essenziell. Dafür eignen sich Hand- oder elektrische Zahnbürsten sowie für die Reinigung der Zahnzwischenräume zum Beispiel Zahnseide, Interdentalbürsten, Mundduschen oder (Nylon-)Zahnstocher. Auch Zahnpasten oder Mundspüllösungen mit antimikrobiellen Wirkstoffen können die Entzündung eindämmen (7).