Entzündung mit Fernwirkung |
Wer geht schon gerne zum Zahnarzt? Dennoch ist mindestens einmal jährlich eine Vorsorgeuntersuchung Pflicht – besser noch eine halbjährliche Kontrolle. / © Adobe Stock/vizualni
Die Gesundheit von Zähnen und deren Halteapparat wirkt sich neben Diabetes auch auf andere systemische Krankheiten sowie die Lebensqualität aus. Eine gute Mundgesundheit im Alter – also eine hohe Anzahl eigener Zähne und deren gute Funktionalität – geht mit einer besseren mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität (MLQ) einher (1). Ist in jungen Jahren eine hohe MLQ vorhanden, bestehen über viele Jahre hinweg gute Chancen für ein hohes subjektives Wohlbefinden.
Entscheidend sind dabei nicht nur die Zähne, sondern insbesondere auch deren Halteapparat. Der Zahnhalteapparat (Parodontium) besteht aus dem Zahnfleisch (Gingiva), dem Alveolarknochen, der das Zahnfach (Alveole) für den Zahn bildet, dem Wurzelzement (Cementum) sowie der Wurzelhaut (Periodontium), die zwischen Wurzelzement und Alveolarknochen liegt.
Zähne und Zahnhalteapparat unterliegen einem Alterungsprozess, der beispielsweise dazu führt, dass die Zähne mit zunehmendem Alter gelber und spröder werden (2).
Zu den altersphysiologischen Veränderungen des Zahnhalteapparats gibt es bislang kaum Untersuchungen. Das Zahnfleisch scheint sich nur wenig zu verändern, was man auf die Befeuchtung durch den Speichel zurückführt, der anabole Wachstumsfaktoren enthält (2). Beschrieben ist die Osteopenie (Knochenschwund) als Vorstufe der Osteoporose des Alveolarknochens bei Älteren. Auch Parodontitiden (Entzündungen des Zahnhalteapparats) kommen bei Menschen ab 65 Jahren häufiger vor. Allerdings spielen bei deren Entwicklung nicht nur das Alter, sondern auch die Immunlage, systemische Erkrankungen wie Diabetes und Kofaktoren wie das Rauchen eine Rolle (2).
Die aktuelle S2k-Leitlinie »Diabetes und Parodontitis« von 2024 (3) zeigt beispielhaft, wie stark sich die Mundgesundheit und körperliche Erkrankungen gegenseitig beeinflussen.
Die Parodontitis (umgangssprachlich: »Parodontose«) gilt als eine der häufigsten chronisch entzündlichen, nicht übertragbaren Erkrankungen. Auslösende Bakterien werden zwar auch durch engen Kontakt weitergegeben und sind im Mundmikrobiom enthalten. Bei guter Mundhygiene entsteht aber keine Entzündung.
Die globale Prävalenz der schweren Parodontitis lag im Jahr 2017 bei geschätzt 743 Millionen Menschen; sie betrifft somit zwischen 7,8 und 11 Prozent der Erwachsenen, heißt es in der Leitlinie (3). Hierzulande sind etwa 35 Millionen erkrankt, davon 10 Millionen schwer (4).
Die Parodontitis verläuft schubweise und zerstört – ohne rechtzeitige Intervention – den Zahnhalteapparat so umfassend, dass sich auch gesunde Zähne lockern und ausfallen können. Fachsprachlich wird die fortschreitende Zerstörung des Zahnhalteapparats als »parodontaler Attachmentverlust« bezeichnet.
Den Beginn markieren Beläge und Plaques (pathogener dentaler Biofilm) auf den Zahnoberflächen oberhalb und unterhalb des Zahnfleischrands sowie in den Zahnzwischenräumen, die aufgrund mangelnder Mundhygiene entstehen (3). Diese Plaques, bestehend aus Bakterien und deren Stoffwechselprodukten, lösen eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis) aus. Eine Gingivitis kann auch aufgrund übertriebener Mundhygiene entstehen, wenn dabei das Zahnfleisch verletzt wird.
Unbehandelt entwickelt sich aufgrund der mikrobiellen Dysbiose aus der Gingivitis eine chronische Entzündung, die tiefer ins Gewebe eindringt und schließlich den Knochen angreift (5).
Die Entzündung bleibt jedoch nicht auf den Mundraum beschränkt. Bei einer schweren Parodontitis gelangen bakterielle Endotoxine und proinflammatorische Komponenten bei jedem Kauvorgang aus den Zahnfleischtaschen in den Blutkreislauf (6). Dies kann sich negativ auf den gesamten Körper auswirken. Parodontitis ist mit mehreren Erkrankungen, etwa Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz assoziiert.
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Zu den Risikofaktoren für eine Parodontitis zählen etwa eine erbliche Veranlagung, Rauchen, ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, psychischer Stress, hormonelle Umstellungen, zum Beispiel in der Schwangerschaft und den Wechseljahren, das Immunsystem schwächende Krankheiten wie Aids sowie Medikamente wie Antihypertonika, Immunsuppressiva und orale Kontrazeptiva (5).
In der Beratung kann das Apothekenpersonal auf typische Anzeichen einer Parodontitis hinweisen. Dazu gehören blutendes, geschwollenes und gerötetes Zahnfleisch, Zahnfleischrückgang, Mundgeruch oder lockere Zähne (4). Jeder sollte mindestens einmal jährlich zur zahnmedizinischen Kontrolle inklusive professioneller Zahnreinigung gehen. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen halbjährliche Vorsorgeuntersuchungen.
Darüber hinaus ist eine gute und regelmäßige häusliche Mundpflege für die Gesunderhaltung essenziell. Dafür eignen sich Hand- oder elektrische Zahnbürsten sowie für die Reinigung der Zahnzwischenräume zum Beispiel Zahnseide, Interdentalbürsten, Mundduschen oder (Nylon-)Zahnstocher. Auch Zahnpasten oder Mundspüllösungen mit antimikrobiellen Wirkstoffen können die Entzündung eindämmen (7).
Menschen mit Diabetes mellitus leiden häufig unter Parodontitis – und umgekehrt, denn die beiden Erkrankungen sind bidirektional verbunden und beeinflussen sich gegenseitig: So haben Menschen mit schlecht eingestelltem Typ-1- oder Typ-2-Diabetes ein dreifach erhöhtes Risiko, an Parodontitis zu erkranken, als stoffwechselgesunde Personen (8). Zusätzlich verläuft die Parodontitis bei Menschen mit Diabetes schwerer und führt häufiger zu Zahnverlust. Bei einem gut eingestellten Diabetes besteht hingegen kein erhöhtes Risiko (3).
Eine mögliche Erklärung für den Einfluss der schlechten Stoffwechsellage auf die Zahnerkrankung bietet die Hyperglykämie. Diese scheint die Funktion von Immunzellen wie Monozyten, neutrophilen Granulozyten und T-Zellen derart zu beeinflussen, dass es zu einer Zytokin-Dysregulation kommt, die den parodontalen Knochenabbau ankurbelt (9). Zudem fördert eine verstärkte Glykierung von Proteinen die irreversible Bildung von Endprodukten der fortgeschrittenen Glykierung (advanced glycation end products, AGE). Diese AGE lagern sich in parodontalen Geweben ab und wirken proinflammatorisch und prooxidativ, was das Fortschreiten der Parodontitis fördert (9).
Umgekehrt weisen Menschen mit schwerer Parodontitis ein höheres Risiko auf, an Prädiabetes und Typ-2-Diabetes zu erkranken (3). Diesen Zusammenhang unterstützt eine aktuelle koreanische Studie mit mehr als 111.600 Erwachsenen ohne Diabetes (10). Menschen, bei denen eine Parodontitis während einer medianen Beobachtungszeit von neun Jahren behandelt wurde, hatten ein geringeres Risiko, an Diabetes zu erkranken, als solche mit unbehandelter chronischer Parodontitis. Zudem hatten Menschen mit Parodontitis ein signifikant höheres Risiko für Diabetes.
Aus diesen Daten schlossen die Autoren der Leitlinie, dass Parodontitis bei einigen Patienten die Hauptursache für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes sein könnte (3).
Gut für Mund, Herz und Hirn: In einer amerikanischen Studie sank das Risiko für Schlaganfall und Vorhofflimmern durch die regelmäßige Verwendung von Zahnseide signifikant. / © Adobe Stock/fpic
Darüber hinaus ist der Schweregrad der Parodontitis vermutlich direkt mit diabetischen Spätkomplikationen assoziiert. So haben Diabetespatienten mit moderater bis schwerer Entzündung ein höheres Risiko für Retinopathie, Neuropathie, Nephropathie, kardiovaskuläre Komplikationen (atherosklerotische Plaques) und kardio-renale Mortalität als Personen mit Diabetes, aber ohne Parodontitis (3).
Der wechselseitige Einfluss lässt sich auch daran ablesen, dass eine schwere chronische Parodontitis mit deutlich erhöhten HbA1C-Spiegeln einhergeht – sowohl bei Menschen mit als auch ohne Diabetes. Eine erfolgreiche Parodontaltherapie führte hingegen in mehreren Studien zu einer deutlichen Absenkung des HbA1C-Spiegels (3). Für Typ-1-Diabetes fehlen entsprechende Studien.
Für den HbA1C-Anstieg könnten Entzündungsmediatoren wie das C-reaktive Protein (CRP) verantwortlich sein. In einer Langzeitstudie über fünf Jahre fanden sich die höchsten HbA1C-Werte bei den Personen mit den höchsten CRP-Werten – was auf einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und systemischer Entzündung hindeutet (11).
Der systemische Entzündungszustand kann zudem die Gesundheit der Blutgefäße beeinträchtigen. In einer US-amerikanischen Studie mit mehr als 6000 Teilnehmenden und einer Nachbeobachtungszeit von 25 Jahren verringerte sich das Risiko für ischämischen Schlaganfall und Vorhofflimmern durch die regelmäßige Verwendung von Zahnseide signifikant: für ischämischen Schlaganfall um 22 Prozent, für kardioembolischen Schlaganfall um 44 Prozent, für Vorhofflimmern um 12 Prozent (12). Erstautor Professor Dr. Souvik Sen führte dies darauf zurück, dass die regelmäßig angewandte Zahnseide entzündliche orale Infektionen und Zahnfleischerkrankungen reduzieren kann.
Belastend für den gesamten Organismus ist auch der ständige Eintrag von Bakterien in die Blutbahn. Die Bakteriämie kann zu einer Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) führen. Vor allem Menschen mit künstlichen Herzklappen sowie mit künstlichen Hüft- oder Kniegelenken scheinen gefährdet zu sein (13).
Die Häufigkeit von Parodontitis und Zahnlosigkeit nimmt mit dem Alter zu (14). Das gilt insbesondere für Personen, die in Heimen leben, da hier im Vergleich zu selbstständig wohnenden Menschen weniger zahnärztliche Kontrollen stattfinden und oft nur bei Zahnschmerzen behandelt wird.
Ein fortschreitender kognitiver Abbau geht meist mit einer schlechteren Zahnpflege und abnehmender Mundgesundheit einher. In einer umfassenden Registerstudie aus Taiwan entwickelten Personen mit (Alzheimer-)Demenz signifikant häufiger eine Parodontitis als kognitiv gesunde Menschen der gleichen Altersgruppe (15).
Ist also die Parodontitis dafür verantwortlich, dass sich eine Demenzerkrankung entwickelt oder eine vorhandene Demenz schneller voranschreitet? Die Frage der Kausalität ist noch nicht geklärt. Es werden jedoch mögliche Zusammenhänge diskutiert (16). Dazu zählen die Auswirkungen einer chronischen Entzündung mittels Entzündungsmediatoren wie CRP, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden können.
Im Alter nehmen Mund- und Zahnerkrankungen zu. Zusammenhänge mit demenziellem Abbau werden diskutiert. / © Adobe Stock/Ingo Bartussek
Möglich wäre auch eine Infektion des Gehirns durch Mundkeime wie Porphyromonas (P.) gingivalis, der als Hauptverursacher der Parodontitis gilt und mit systemischen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz in Zusammenhang gebracht wird. Bei Menschen mit Alzheimer-Demenz wurde P. gingivalis selbst, aber auch dessen toxische Stoffwechselprodukte, die Gingipaine, in erhöhter Konzentration im Gehirn nachgewiesen. Gingipaine wirken neurotoxisch und schädigen das Tau-Protein (17). Möglicherweise nutzt P. gingivalis einen neu entdeckten Mechanismus, um das Immunsystem zu manipulieren und der Immunabwehr zu entkommen (18).
Eine europäische Beobachtungsstudie deutet ebenfalls darauf hin, dass Parodontitis ursächlich mit Demenz verbunden sein könnte (19). Hier waren eine schlechte parodontale Gesundheit sowie Zahnverlust mit einem erhöhten Risiko für kognitiven Abbau und Demenz assoziiert.
Könnte umgekehrt eine parodontale Therapie den kognitiven Abbau vermindern? Mit dieser Frage befasste sich eine epidemiologische Studie in Deutschland, in der 177 behandelte, parodontal Erkrankte mit 409 unbehandelten Kontrollpersonen verglichen wurden (20). Die Behandlung der Parodontitis hatte einen moderaten Effekt und verbesserte das »Gehirnalter« um etwa zwei bis drei Jahre. Jedoch scheint sich die Parodontaltherapie eher bei jüngeren Menschen positiv auf das Demenzrisiko auszuwirken (22).
Welche Folgen es für die Kognition hat, wenn der Keim P. gingivalis oder dessen Gingipaine medikamentös blockiert werden, untersuchte eine US-amerikanische Studie in In-vitro-Versuchen und in Mausmodellen (17). Die Blockade mit niedermolekularen Gingipain-Inhibitoren verringerte unter anderem die Infektionsrate von P. gingivalis im Gehirn sowie die Neuroinflammation; die Autoren schließen daraus auf eine geringere Neurodegeneration. Die Übertragung des Behandlungsansatzes auf den Menschen brachte jedoch nicht die gewünschten Effekte. Einerseits erwies sich das Medikament als lebertoxisch, andererseits gab es kaum Verbesserungen hinsichtlich des kognitiven Abbaus (21).
Nicht nur chronische Entzündungen, sondern auch die lokale Speichelproduktion beeinflusst die Mundgesundheit und damit die Lebensqualität nachhaltig. Die großen und kleinen Kopfspeicheldrüsen bilden täglich zwischen 1,0 und 1,5 Liter Speichel. Im Lauf des Lebens verändert sich dessen Zusammensetzung nur unwesentlich, allerdings nehmen die Speichelflussraten im Alter ab (2).
Hilfreich bei trockenem Mund / © Getty Images/Igor Barilo
Von Mundtrockenheit (Xerostomie oder Sicca-Syndrom) spricht man bei Speichelmengen von weniger als 0,1 ml/min im Ruhezustand oder weniger als 0,5 ml/min nach Stimulation, zum Beispiel mit Pfefferminzbonbons. Schätzungen zufolge betrifft die Xerostomie etwa 30 Prozent der Über-65-Jährigen und ist fast immer pathologisch bedingt. Dafür kommt eine ganze Reihe von Ursachen infrage, beispielsweise Bestrahlungen im Kopf-Hals-Bereich bei Krebserkrankungen, eine Chemotherapie oder Autoimmunerkrankungen wie das Sjögren-Syndrom. Gerade bei Älteren kann auch ein Flüssigkeitsmangel aufgrund zu geringer Trinkmengen dahinterstecken.
Apothekenteams sollten besonders auf anticholinerg wirksame Medikamente achten. Dazu zählen etwa Antihistaminika, einige Antihypertensiva, Psychopharmaka, spasmolytische Urologika und Opioidanalgetika. Auch Diuretika können den Speichelfluss beeinträchtigen (2).
Xerostomie ist nicht nur schmerzhaft und quälend, sondern mindert auch die Mundgesundheit. Denn im Speichel enthaltene Substanzen wie Bicarbonat, Phosphat und Proteine neutralisieren zahnschädliche Säuren, während Fluorid, Calcium und Phosphat wichtig sind für die Remineralisierung der Zähne. Zudem nimmt die spülende Wirkung des Speichels ab, wodurch Essensreste und Bakterien im Mund verbleiben. Das führt zu vermehrtem Mundgeruch und erhöht das Risiko für Karies.
Das Apothekenpersonal kann hier verschiedene Produkte vorhalten, beispielsweise Kaugummis (ohne Zucker) oder Lutschtabletten sowie Speichelersatzpräparate in Form von Mundspüllösung, Spray oder Gel.
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In den meisten Fällen entsteht Mundgeruch (Halitosis oder Foetor ex ore) durch den bakteriellen Abbau von Nahrungsmittelresten in den Zahnzwischenräumen, den Zahntaschen oder unter schlecht sitzenden Kronen oder Zahnersatz (23). Rauchen und Nahrungsmittel wie Zwiebeln oder Knoblauch, Milchprodukte und Süßigkeiten sind ebenso Ursachen wie gingivale oder parodontale Erkrankungen. Eher selten stecken gastrointestinale Störungen wie die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD), Nierenerkrankungen oder Tumoren in der Speiseröhre oder im Magen dahinter (24).
Ursächliche körperliche Erkrankungen sowie Zahnerkrankungen sollten natürlich behandelt und schlecht sitzende Kronen oder Zahnersatz korrigiert werden. Darüber hinaus ist vor allem eine regelmäßige Mundhygiene zu empfehlen. Hilfreich können Mundspülungen mit Chlorhexidin oder Cetylpyridiniumchlorid sein, die den bakteriellen Belag auf der Zunge verringern, der zu Mundgeruch beitragen kann (25). Chlor- und Zink-haltige Mundspülungen können auch unangenehm riechende Schwefelverbindungen neutralisieren.
Generell wird eine Schleimhautentzündung als Mukositis bezeichnet, im Mundhöhlenraum spricht man von Stomatitis. Diese ist – unabhängig von der Ausprägung – in jedem Fall schmerzhaft. Die Betroffenen klagen über ein brennendes Gefühl beim Essen und Trinken und Schmerzen bei Berührung, zum Beispiel mit der Zahnbürste oder Zunge. Zu erkennen sind einzelne oder mehrere Stellen mit geschwollener, geröteter Mundschleimhaut, die manchmal weißlich erscheinen. Zahlreiche Ursachen kommen infrage (Tabelle).
Weitverbreitet ist die rezidivierende Stomatitis aphthosa (RSA). Die genaue Ursache ist unbekannt, aber oft wird eine Störung der angeborenen Immunität vermutet und die RSA als autoinflammatorische Erkrankung klassifiziert (26). Charakteristisch sind wiederkehrende schmerzhafte Ulzera der Mundschleimhaut. Das Spektrum reicht von einzelnen Läsionen (zwei- bis viermal/Jahr) bis zu einer nahezu ununterbrochenen Erkrankung, bei der sich ständig neue Geschwüre bilden, sobald die alten abheilen. Da einige Erkrankungen, zum Beispiel das Behçet-Syndrom, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Xerostomie, ähnlich aussehende Ulzera im Mundbereich verursachen, sollte man die Patienten zur Differenzialdiagnose an einen Arzt verweisen.
Klein und gemein: Aphthen können starke, mehrere Tage anhaltende Schmerzen verursachen; diese stehen in keinem Verhältnis zur Größe der Läsion. / © Imago/Panthermedia
Betroffen sind insbesondere Personen mit prädisponierenden Faktoren; dazu zählen beispielsweise Nahrungsmittelallergien (etwa Schokolade, Erdnüsse, Eier), lokale Schleimhautverletzungen (durch scharfe Zähne, Zahnbehandlung), Medikamente (Antibiotika, Antiepileptika, Diuretika, Chemotherapeutika, entzündungshemmende und antiretrovirale Medikamente), endokrine Störungen (Zöliakie, Diabetes mellitus, Autoimmunerkrankung der Schilddrüse) oder Stress.
Gemäß einer europäischen Leitlinie von 2022 gibt es keine definierte Behandlung für die Stomatitis aphthosa (26). Um die Beschwerden zu lindern, werden topische Corticosteroide, Antibiotika und Analgetika empfohlen. Diese sollten jedoch unter ärztlicher Aufsicht, zeitlich begrenzt und nicht zu häufig angewandt werden, da Pilzinfektionen, Resistenzen oder Nebenwirkungen auftreten könnten. So erwies sich Chlorhexidindigluconat (in oralen Antiseptika) zytotoxisch gegenüber menschlichen Fibroblasten und Osteoblasten. Systemische, nicht steroidale Antirheumatika oder Steroide zeigten gastrointestinale und kardiale Toxizität sowie nephrotoxische Nebenwirkungen (26). In manchen Fällen kann die Einnahme von Vitamin B1, B2, B6, B12, Folat oder Eisen die aphthöse Stomatitis verbessern (27).
Marion Hofmann-Aßmus absolvierte eine Ausbildung als veterinärmedizinisch-technische Assistentin und studierte anschließend Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Promoviert wurde sie 1999 mit einer Arbeit zur molekularen Kardiologie an der Chemischen Fakultät der LMU München. Seither ist sie freiberuflich in verschiedenen Redaktionen und als Fachjournalistin tätig.