Elektrolyte aus dem Gleichgewicht |
Calcium ist in Hydroxylapatit gebunden und sorgt für Stabilität und Festigkeit des Skeletts und der Zähne. Dies sind aber gleichzeitig auch Calciumspeicher, aus denen das zweiwertige Ion bei Bedarf ins Blut abgegeben wird. Calciumionen sind an der Blutgerinnung, dem Glykogenstoffwechsel, der Aktivierung von Enzymen und Hormonen sowie der Erregungsweiterleitung und Muskelkontraktion beteiligt.
Im Serum beträgt die Calciumkonzentration etwa 10 bis 12 mg/dl (etwa 2,02 bis 2,6 mmol/l). Diese Konzentration wird insbesondere durch das Zusammenspiel von Parathormon, Calcitonin und Vitamin D in der physiologischen Balance gehalten. Wenn der Calciumplasmaspiegel abfällt, wird in der Nebenschilddrüse Parathormon gebildet. Dieses führt in der Niere zu einer vermehrten Umwandlung von 25-Hydroxycholecalciferol in das biologisch aktive Calcitriol und in der Folge zur Bildung von Calbindin, das die Calciumresorption aus Nieren und Darm steigert. Außerdem stimuliert Parathormon die Osteoklasten zur Mobilisierung von Calciumionen aus dem Knochengewebe und senkt gleichzeitig die Phosphatspiegel durch Hemmung der Phosphatrückresorption in der Niere.
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Eine Frau, 75 Jahre alt, Herzinfarkt vor einem Jahr, nimmt laut Kundenkartei unter anderem folgende Medikamente ein: Citalopram, Rivaroxaban und Diphenhydramin in der Selbstmedikation. Sie bringt eine Verordnung über Ciprofloxacin 500 mg vom Gynäkologen mit. Der Interaktionscheck ergibt folgende Problematik: Citalopram – Diphenhydramin – Ciprofloxacin.
Die Kombination mehrerer Wirkstoffe, die die Entwicklung eines arzneimittelinduzierten Long-QT-Syndroms beeinflussen, ist für Risikopatienten (Tabelle 3) nicht zu empfehlen. Es besteht die Gefahr von Tachyarrhythmien vom Typ Torsade de pointes, die auf einer Repolarisationsverlängerung (im EKG als QT-Zeit-Verlängerung erkennbar) beruhen. Eine aktuelle Übersicht über weitere Arzneistoffe mit dieser unerwünschten Wirkung ist unter www.azcert.org zu finden.
Im Gespräch sollte geklärt werden, ob der Gynäkologe die Dauermedikation kennt. Als Einschlafhilfe empfiehlt das Apothekenteam ein pflanzliches Beruhigungsmittel. Falls die Patientin auf Diphenhydramin nicht verzichten möchte, kann die Apotheke dem Arzt einen Wechsel von Ciprofloxacin auf Pivmecillinam oder Fosfomycin vorschlagen, um das Risiko für Torsade de pointes nicht weiter zu erhöhen.
Für den Körper hat die Aufrechterhaltung der biochemischen und physiologischen Prozesse Priorität vor der Knochenmineralisation. Bei einem Calciummangel im Blut wird daher Calcium aus der Knochensubstanz freigesetzt. Eine schwere Hypocalciämie kann Herzrhythmusstörungen durch QT-Zeit-Verlängerung, Krampfanfälle, Muskelzuckungen, Lethargie und Bewusstseinsstörungen auslösen. Ursachen können Funktionsstörungen der Schilddrüse oder Nebenschilddrüse oder Autoimmunprozesse sein. Hohe Parathormonspiegel neben einer Hypocalciämie können einen Vitamin-D-Mangel, eine Hyperphosphatämie, Knochenmetastasen oder eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung anzeigen. Medikamente, die die Calciumspiegel potenziell senken, sind Foscarnet, Bisphosphonate, Cisplatin, Tetracycline oder Fluorid.
Eine akute Hypocalciämie wird intravenös mit Calciumglukonat behandelt. Bei chronischem Calciummangel ohne klinische Symptome wird das Kation oral zusammen mit Vitamin D supplementiert. Vitamin D fördert die Resorption von Calcium und hemmt dessen renale Ausscheidung. Zuvor muss jedoch ein Hypoparathyreoidismus ausgeschlossen werden, der in diesem Fall eine vermehrte Ausscheidung von Calcium über die Nieren und damit eine Nephrocalcinose begünstigen würde.
Zu viel Kalk lagert sich ab. Dies gilt nicht nur für Wasserhahn und Perlator, sondern bei einer Hypercalciämie auch für innere Organe wie Nieren oder Herzklappen. / Foto: Adobe Stock/Alterfalter
Die Folgen einer Hypercalciämie sind zum Beispiel Polyurie, Ablagerungen von Calcium im Nierengewebe, Obstipation, Übelkeit, Störungen des ZNS, Muskelschwäche und kardiovaskuläre Veränderungen, zum Beispiel Herzklappenverkalkungen. Die Ausprägung hängt von Dauer und Höhe der Calciumkonzentration ab. Ursachen von Hypercalciämien können die übermäßige Zufuhr von Calcium-haltigen Lebensmitteln, eine Hypervitaminose D, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Tumorerkrankungen, aber auch Medikamente wie Thiazide, Vitamin D, Vitamin A, Antiestrogene und Lithium sein. Behandelt wird eine Hypercalciämie durch eine massive Hydratation mit isotonischer Kochsalzlösung in Kombination mit Schleifendiuretika. Auch Bisphosphonate oder Calcitonin kommen zum Einsatz.
Für die Beratung in der Apotheke gilt, dass Vitamin D und Calcium nicht unkritisch abgegeben werden dürfen. Mögliche Fragen an die Patienten können sein: »Wurde bei Ihnen schon einmal der Vitamin-D-Spiegel bestimmt? Gibt es irgendwelche Vorerkrankungen der Schilddrüse oder der Nieren, die berücksichtigt werden sollten? Welche Medikamente nehmen Sie dauerhaft ein?«