Ein Symptom, viele Ursachen |
Lichen sclerosus betrifft mehr Frauen als Männer. Da es sich um eine Präkanzerose handelt, muss die Haut histologisch untersucht werden. Die oft stark juckende Haut verändert sich im Analbereich entzündlich, atrophiert und sklerosiert. Es kommt zu Problemen bei der Defäkation. Die Ursachen sind bislang ungeklärt; vermutet wird ein autoimmunologischer Prozess.
Viele Erkrankungen im Analbereich werden topisch behandelt. / Foto: Adobe Stock/Bojan
Die Therapie erfolgt über eine dreimonatige topische Behandlung mit Corticoiden (Clobetasolpropionat) oder alternativ mit den Calcineurin-Inhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus. Verdauungsregulierende Maßnahmen können bei schmerzhafter Darmentleerung den Stuhlgang erleichtern. Daneben sollte die mechanische oder chemische Reizung durch Pflegeprodukte vermieden werden. Lichen ruber planus basiert vermutlich auf einer Autoimmunreaktion gegen Keratinozyten.
Zahlreiche Auslöser werden vermutet, darunter auch Arzneimittel wie Betablocker, Interferone, Chloroquin und NSAR. Neben starkem Juckreiz zeigen sich Hautsymptome wie rötliche Papeln auch an Handgelenken und Unterschenkeln. Die Diagnose muss histologisch gesichert werden. Therapiert wird topisch mit Corticoiden wie Prednicarbat, Betamethasonvalerat, Fluocinolonacetonid und Fluocinonid.
Mitunter kommt es zu quälendem Juckreiz im Analbereich ohne lokale Hautveränderung. Dann sind verschiedene Ursachen möglich. Vor allem bei Kleinkindern ist an eine Parasitose zu denken (Kasten).
Bei Erwachsenen liegen eventuell chronische Organerkrankungen zugrunde. Eine chronische Lebererkrankung verursacht zunächst keine eindeutigen Symptome, da das Gewebe der Leber keine schmerzleitenden Nervenfasern hat. Treten Gallensäuren ins Blut über, kann sich die Haut gelblich verfärben und jucken. Bei Niereninsuffizienz ist die Ausscheidungsleistung eingeschränkt und die Konzentration von Stoffwechselabbauprodukten im Körper steigt. Es entsteht quälender Juckreiz am ganzen Körper. Bei manchen Patienten ist er lokal fokussiert als Pruritus ani.
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Eine Mutter klagt in der Apotheke, dass sich die vierjährige Tochter ständig am Po kratze. Gerade nachts sei es besonders schlimm, das Mädchen jammere am Morgen über den starken Juckreiz. Es trage keine Windeln mehr. Die Mutter kann außer den Kratzspuren nichts an der Haut feststellen. Sie verlangt eine juckreizstillende Salbe. Die Apotheke äußert den Verdacht einer Parasitose, die vom Kinderarzt abgeklärt werden muss, und beruhigt die Mutter.
Die Oxyuriasis (Madenwurmbefall) ist die häufigste Wurmerkrankung in Europa (siehe auch den Beitrag Würmer: Einheimische Parasiten). Hauptsächlich Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter sind betroffen. Die Wurmeier gelangen von ungewaschenem Obst, Gemüse und durch Sand auf dem Spielplatz unter die Fingernägel und in den Mund. Im Dünndarm entwickeln sich die geschlechtsreifen Madenwürmer, die Weibchen legen vor allem am Abend und in der Nacht zwischen 5000 und 15.000 Eier in der Analregion ab. Dies verursacht starken Juckreiz. Durch Kratzen verteilen sich die Eier in Nacht- und Bettwäsche. Über Schmierinfektion können Geschwister, Freunde und Eltern infiziert werden.
Die Diagnose erfolgt durch einen Tesa-Abstrichtest, die Behandlung je nach Wirkstoff über einen bis drei Tage mit Anthelminthika (Mebendazol, Pyrantel, Pyrvinium). Kontaktpersonen werden mitbehandelt. Gute Hygienemaßnahmen sind wichtig. Die Therapie wird zwei, besser drei Mal im Abstand von 14 Tagen wiederholt.
Bei Diabetespatienten zeigt sich Juckreiz generalisiert oder lokal (Extremitäten, Vulva, Anus, Kopfhaut). Die Ursachen sind unklar. Diskutiert werden eine verringerte Glucosetoleranz oder die sich entwickelnde Nephropathie und Neuropathie.
Auch psychische oder psychosomatische Erkrankungen können mit lokalem und generalisiertem Juckreiz bei unveränderter Haut einhergehen. Die Patienten neigen zu intensivem Kratzen, was auf Dauer zu Hautveränderungen und einem irritativen Analekzem führt. Möglich ist eine lokale Behandlung mit 0,006-prozentiger Capsaicin-Creme oder mit Menthol-haltigen Topika.
Die Capsaicin-Wirkung setzt erst nach einigen Tagen ein, aber Nebenwirkungen wie stärkerer Juckreiz oder Brennen sind sofort spürbar. Dies sollte das Apothekenpersonal vorab gut erklären. Die mehrmals tägliche Behandlung erfolgt über sechs Wochen.
Menthol erregt die Kälterezeptoren in der Haut, erzeugt ein Kältegefühl und lindert so den Juckreiz. Es wird in 1- bis 5-prozentiger Konzentration in hydrophile oder lipophile Grundlagen eingearbeitet.
Wichtig zu wissen: Quälender Juckreiz im Analbereich schränkt die Lebensqualität erheblich ein. Trotzdem ist es für viele Menschen ein Tabuthema, das oft nur versteckt in der Selbstmedikation auftaucht. So wird zum Beispiel nach einer juckreizstillenden Salbe für Ekzeme gefragt. In erster Linie vermuten die meisten Patienten aber ein Hämorrhoidalleiden und verlangen immer wieder eine Salbe, die tatsächlich kurzzeitig lindert, aber nicht kausal wirkt. Das Apothekenpersonal ist gefragt, sensibel die Grenzen der Selbstmedikation auszuloten und den Patienten auf die Notwendigkeit der ärztlichen Differenzialdiagnose hinzuweisen.
Barbara Staufenbiel studierte Pharmazie in Münster. 16 Jahre lang leitete sie die Rabenfels-Apotheke in Rheinfelden. Seit ihrer Rückkehr nach Münster arbeitet sie in einer öffentlichen Apotheke und engagiert sich für die Fortbildung als Referentin und Autorin mit Schwerpunkt Apothekenpraxis.