Ein Symptom, viele Ursachen |
Juckreiz und Schmerzen in der Analregion können viele Ursachen haben. Nicht immer sind Hämorrhoiden schuld. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Die Haut in der Analregion ist belastet durch Überfeuchtung, übertriebene oder unzureichende Reinigung und Reizung durch den Stuhl. In diesem Milieu fassen bakterielle, fungale und virale Erreger leicht Fuß. Zudem kann sich eine geschädigte Hautbarriere bemerkbar machen oder Grunderkrankungen wie Diabetes, Leber- oder Nierenleiden mit Juckreiz quälen. Wie wichtig eine fundierte feinfühlige Beratung in der Apotheke ist, zeigt das Fallbeispiel.
Eine Stammkundin mit Diabetes Typ 2 verlangt eine Hämorrhoidensalbe. Sie hat diese Salbe schon mehrmals gekauft. Um die Grenzen der Selbstmedikation auszuloten und um diskret die Symptome, Ursachen und Eigendiagnose abzuklären, wird die Patientin in den Beratungsraum gebeten. Tatsächlich berichtet sie von heftigem Juckreiz in der Analregion, sodass sie sich manchmal blutig kratzt. Ihre Nachbarin habe ihr die Hämorrhoidensalbe empfohlen, die aber nur kurzzeitig lindere. Die Apothekerin erklärt ihr den Zusammenhang zwischen der Grunderkrankung Diabetes und der erhöhten Sensibilität der Haut und empfiehlt, zur Abklärung der Symptome sowie zur gezielten Therapie einen Proktologen aufzusuchen. Einige Zeit später kommt die Kundin sehr erleichtert in die Apotheke: Der Arzt habe ein irritatives Analekzem diagnostiziert, möglicherweise ausgelöst durch Externa wie die Hämorrhoidensalbe.
Hinter einem vermeintlich simplen, aber quälenden Juckreiz im Analbereich kann sich eine Vielzahl von anorektalen Erkrankungen wie Hämorrhoiden, Mykosen, bakterielle oder virale Infektionen verbergen. Die sorgfältige Differenzialdiagnose ist wichtig, denn auch generalisierte dermatologische Erkrankungen wie Psoriasis, Neurodermitis oder Allergien können eine Rolle spielen, ebenso systemische Erkrankungen der Leber oder Niere, neurologische oder psychische Erkrankungen. Irritierende Hautpflege oder ballaststoffarme Ernährung verschärfen die Situation.
Oft fällt die eindeutige Diagnose schwer, da sich verschiedene Dermatosen überlagern können, die Symptomatik nicht immer zum Hautbild passt und die diagnostischen Möglichkeiten eingeschränkt sind. So ist die Haut durch häufiges Kratzen traumatisiert, durch Hyperkeratosen lederartig vergröbert, blutig gekratzte Stellen sind verkrustet und die Hautbarriere gestört. Juckreiz und Brennen sind Leitsymptome.
Zu berücksichtigen sind spezielle Risikofaktoren, die anorektale Erkrankungen begünstigen, zum Beispiel anatomische Besonderheiten (Trichteranus), Adipositas, Reizungen durch Fäzes oder Schweiß (Hyperhidrosis) sowie Belastungen der Hautbarriere durch falsche Pflege, Intimprodukte, enganliegende okklusiv wirkende Kleidung oder Inkontinenzprodukte.
Foto: Adobe Stock/Racamani
Es gibt keine kontrollierten Studien zum Einfluss von Ernährung oder Kleidung auf die Entwicklung eines analen Juckreizes. Diskutiert werden der Konsum von scharfen Gewürzen, aber auch koffein- und alkoholhaltige Getränke, Milcherzeugnisse, Schokolade, Erdnüsse, Zitronen, Trauben und Tomaten. Man vermutet, dass der Tonus des Schließmuskels beeinflusst oder die Perianalhaut gereizt wird.
Kleidung aus synthetischen Fasern, die eng am Körper anliegt, lässt wenig Luftzirkulation zu. Besonders im Sommer wird vermehrter Schweiß unzureichend abgeleitet. Dies kann bei Menschen mit empfindlicher Haut den Analbereich reizen und zu einem irritativen Analekzem mit Juckreiz führen. Gerade ältere Menschen, deren Haut zunehmend dünner wird, sind betroffen; dies gilt besonders, wenn sie Slipeinlagen oder Inkontinenzprodukte verwenden. Gleiches gilt für Säuglinge und Kleinkinder, deren anale Haut durch Windeln okklusiv abgedeckt ist.
Dermatologen empfehlen, möglichst oft Luft an die Haut zu lassen, dampf- und luftdurchlässige Unterwäsche zu tragen und zusätzliche Reizung durch übertriebene Hygiene mit häufigem Waschen und Verwendung von Parfüm-, Farb- oder Duftstoffen in Toilettenpapier oder Pflegemitteln zu vermeiden.