Diese Funktionen soll das DAV-Portal künftig enthalten |
Für 2022 sind neue Funktionen im DAV-Portal geplant, unter anderem ein Tool zum Angebot pharmazeutischer Videosprechstunden. / Foto: Adobe Stock/lev dolgachov
Vor gut einem Monat haben 16 von 17 Landesapothekerverbänden die DigitalgesellschaftGedisa (Gesellschaft für digitale Services der Apotheken mbH) gegründet. Lediglich der Apothekerverband Westfalen-Lippe hatte sich dagegen entschieden, die Gedisa mitzugründen. Mit dieser neuen GmbH wollen die Apotheker die Digitalisierung mittels eines Apothekenportals weiter vorantreiben und professionalisieren. Derzeit nutzen die Apotheker das Verbändeportal des Deutschen Apothekerverbands (DAV) vor allem für die Erzeugung der digitalen Covid-19-Impfzertifikate. 98 Prozent aller Apotheken in Deutschland nutzen mittlerweile das Portal, erklärte Sören Friedrich, bislang IT-Abteilungsleiter bei der ABDA und jetzt Gedisa-Geschäftsführer, bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR) am Mittwoch. Mit der Gründung der Digitalgesellschaft Gedisa ist zudem geplant, den Apotheken bald weitere Funktionen im Rahmen des Portals anbieten zu können.
Derzeit steht bereits die Anwendung »mein-apothekenmanager.de« als Web-App Apothekenkunden zur Verfügung. Damit können beispielsweise Apotheken gesucht und gefunden und angezeigt werden, ob sie etwa Corona-Tests oder digitale Covid-19-Impfzertifikate ausstellen. Über die apothekenseitige Plattform »mein-apothekenportal.de« können die Apotheken dann wiederum unter anderem die Impfzertifikate ausstellen. Inzwischen haben die Offizinen bundesweit mehr als 67,5 Millionen Impfzertifikate ausgestellt, in Nordrhein sind es mehr als 9,3 Millionen Zertifikate, informierte Friedrich.
Ab Anfang 2022 soll es im Portal zudem neue Funktionen geben. »Wir bauen gerade an einem hochsicheren Chat nach Gematik-Standard«, kündigte Friedrich an. Die Gematik habe zum 1. Dezember dieses Jahres den TI-Messenger spezifiziert, der Chat werde zudem vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) abgenommen, so Friedrich weiter. Dieser Chat soll bis ins Warenwirtschaftssystem funktionale Anwendungen finden, und die Kommunikation mit Kunden sowie mit anderen Heilberuflern ermöglichen. Die Gedisa habe die Aufgabe erhalten, den Chat exklusiv für den Apothekensektor zu bauen, betonte Friedrich.
Außerdem werde die Gedisa ein Terminvereinbarungstool aufbauen. Dieses Tool werde zwar von einem externen Unternehmen eingekauft, soll aber über das DAV-Portal die Möglichkeit geben, Termine mit Kunden bezüglich Corona-Tests, Ausstellung von Impfzertifikaten oder auch Coronavirus-Impfungen zu vereinbaren. Mit diesem Tool soll es auch eine entsprechende Kalenderfunktion für die Apotheken geben. Derzeit nutzen viele Apotheken externe Terminverwaltungssoftwares wie beispielsweise No-Q, Probatix oder Apotermin von Pharma4u.
Ab dem zweiten Quartal 2022 ist zudem geplant, Apotheken über das Portal stärker darin zu unterstützen, telepharmazeutische Angebote via Video-Sprechstunden anzubieten. Und auch eine Funktion zum Botendienstmanagement soll es geben, kündigte Friedrich an. Vor allem bei den Jüngeren sei der Botendienst und die digitale Einsendung des Rezepts in die Apotheke sehr beliebt, so der Informatiker. Zudem wollen die Kunden von morgen den Botendienst mit ihren Medikamenten gerne tracken, also ähnlich wie bei Paketdiensten beobachten, wo sich ihre Lieferung jederzeit befindet. Diese Funktion soll nächstes Jahr ebenfalls über das Verbändeportal möglich sein.
Friedrich verspricht dabei, dass alle Funktionen des Verbändeportals auch künftig unabhängig vom Betriebssystems sein und mittels Internet-Browser zugänglich gemacht werden, also eine web-basierte Lösung. Allerdings strebt die Gedisa künftig eine Zwei-Faktor-Authentifizierung an, die den Zugang zum Portal insgesamt sicherer gestalten soll. Diese sicherere Authentifizierung könnte beispielsweise mittels eines USB-Sticks geschehen, der in den PC in der Apotheke gesteckt werden müsste.
Für die Investitionen, die mit der Weiterentwicklung des Portals zusammenhängen, ist eine Anschubfinanzierung der Verbände nötig, erklärte Friedrich weiter. So ist es geplant, dass die Landesapothekerverbände (LAV) die Finanzierung in den ersten drei Jahren, also bis einschließlich 2024 übernehmen. Allerdings erhöhen die Verbände dafür die Jahresbeiträge für die Mitgliedschaften um 600 Euro pro Betriebsstätte. Auch die Delegierten des AVNR haben am gestrigen Mittwoch mit großer Mehrheit den Beschluss gefasst, den Jahresbeitrag für die Apotheken ab 1. Januar 2022 um diese Summe anzuheben, um die Gedisa finanziell unterstützen zu können. »Voller Rückenwind für Gedisa«, sagte AVNR-Vorsitzender Thomas Preis dazu.
Nach 2024 soll sich das Portal mit den neuen Funktionen über die Apotheken tragen, die je nach Wunsch einzelne Features des Portals buchen und monatlich wie ein Abonnement bezahlen. Allerdings erklärte er auch, dass es ab 2024 davon abhänge, wie viele Apotheken die Dienste des Verbändeportals nutzen werden. Wenn die Dienste nur wenige Apotheken nutzen und bezahlen werden, sei weiterhin eine Unterstützung seitens der Landesverbände notwendig, um die Gedisa und ihre Aufgaben zu unterhalten.
Das Portal mit den erweiterten Funktionen sollen dabei auch zukünftig Nicht-Mitglieder der Apothekerverbände nutzen können, betonte Friedrich. Allerdings werde die Nutzungsgebühr für Nicht-Mitglieder um einiges teurer sein als für LAV-Mitglieder. Bereits heute können Nicht-Mitglieder das DAV-Portal beispielsweise für die Erstellung der digitalen Covid-19-Impfzertifikate nutzen, müssen den Zugang aber bezahlen.
Neben der Weiterentwicklung des DAV-Portals diskutierte die Mitgliederversammlung des AVNR auch über das E-Rezept. Preis hielt sich in seinem Bericht zur politischen Lage allerdings bewusst kurz. Trotzdem beschäftigten ihn und die Delegierten die derzeit drängende Frage, wie das Digitalisierungsprojekt E-Rezept eigentlich ab Januar starten wird. Jedes Jahr werden mehr als 500 Millionen Rezepte in den Apotheken vorgelegt, diese Rezepte sollen so bald wie möglich in elektronischer Form stattfinden, sagte Preis. Er appelliert damit an die Apotheker und die Apothekerverbände, sich um dieses Thema zu kümmern. Den angepeilten Start nächstes Jahr sieht er aber kritisch. Das E-Rezept werde definitiv nicht flächendeckend zum 1. Januar starten, so Preis. »Wir werden wenn überhaupt, nur einzelne Rezepte bekommen und bis das System flächendeckend laufen wird, werde es mindestens noch ein halbes Jahr dauern.«
Zudem erklärte der Verbandsvorsitzende, dass der neue Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) auch mal eine Inventur beim E-Rezept vornehmen könnte, wie er das bereits bei den Covid-19-Impfstoffen getan hat. »Die Inventur und Bestandsaufnahme beim E-Rezept ist dringend notwendig«, betonte Preis.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.