Deutschland hofft auf Impfstart am 27. Dezember |
Die Gesundheitsminister der Länder stellen sich auf einen Impfstart direkt nach den Weihnachtsfeiertagen ein. / Foto: Getty Images/VioletaStoimenova
Dies sei Ergebnis einer Schaltkonferenz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), hieß es auch aus Regierungskreisen. Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder erklärte, begonnen werden solle damit insbesondere in Pflegeheimen.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte am Dienstag bekanntgegeben, dass sie am 21. Dezember ihr Gutachten zum Impfstoff der Firmen Biontech und Pfizer abgeben will – acht Tage früher als zuvor geplant. Die Bundesregierung setzt auf eine europäische Zulassung für den ersten Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer noch kurz vor Weihnachten. Wie aus Teilnehmerkreisen der Bund-Länder-Beratungen verlautete, wird als Voraussetzung für einen Start am 27. Dezember eine Zulassung durch die EU-Kommission am 23. Dezember angenommen. Die konkreten Impfstoff-Chargen müssen auch noch vom Paul-Ehrlich-Institut des Bundes geprüft werden.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat einen gemeinsamen Beginn der Impfungen gegen das Coronavirus in der gesamten Europäischen Union vorgeschlagen. «Lasst uns so bald wie möglich gemeinsam mit dem Impfen anfangen, zusammen, als 27, mit einem Start am selben Tag», sagte von der Leyen am Mittwoch im Europaparlament. «Lasst uns zusammen und geeint mit der Ausrottung dieses furchtbaren Virus beginnen.» Von der Leyen ließ keinen Zweifel, dass sie mit einem positiven Bescheid rechnet. «Endlich wird binnen einer Woche der erste Impfstoff zugelassen werden, damit Impfungen sofort beginnen können», sagte sie. Weitere Impfstoffe kämen nächstes Jahr hinzu.
Ihr Sprecher betonte am Mittwoch, dass die EU-Kommission innerhalb von zwei Tagen nach der EMA-Entscheidung dafür sorgen werde, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer auf den Markt kommen könne. Die endgültige Entscheidung darüber, ob das Mittel in den 27 EU-Staaten zugelassen wird, liegt nach dem EMA-Gutachen nämlich bei der Brüsseler Behörde. Von der Leyen betonte, die EU-Kommission habe das weltweit breiteste Sortiment künftiger Impfstoffe zusammengestellt und insgesamt mehr als genug Impfstoffe für alle Europäer eingekauft.
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides mahnte die Mitgliedstaaten mit Blick auf die Corona-Impfvorbereitungen zur Eile. «Jeder muss fertig sein um sicherzustellen, dass der Impfstoff so schnell wie möglich für die Bürger bereitgestellt wird – und das hoffentlich noch in diesem Jahr», sagte sie der «Welt» am Donnerstag. «Das wäre das schönste Weihnachtsgeschenk für uns alle.» Impfungen stünden allen Mitgliedstaaten «zur selben Zeit und zu denselben Bedingungen» zur Verfügung. Jedes Land erhalte gemessen an der Einwohnerzahl gleich viele Dosen.
Bundesgesundheitsminister Spahn hatte das geplante Vorgehen bei Corona-Impfungen in Deutschland gegen Kritik am Mittwoch verteidigt. «Impfen ist der Weg raus aus dieser Pandemie. Und wir sind auf diesem Weg gut vorbereitet», sagte der CDU-Politiker im Bundestag. Es gebe sehr bewusst keine Impfstoff-Notzulassung, sondern eine ordentliches, gründliches Prüfungsverfahren und europäische Solidarität.
Für anfangs nötige vorrangige Impfungen gefährdeter Gruppen habe der Bundestag auch eine gesetzliche Grundlage gelegt. «Für die weitere Ausgestaltung gibt es ein transparentes Verfahren», erläuterte Spahn mit Blick auf eine vorgesehene Empfehlung der Ständigen Impfkommission. Auf dieser Basis plane er dann noch eine Verordnung, die Impfprioritäten festschreibe. Es gebe doch «einen großen Konsens», besonders verwundbare Bevölkerungsgruppen wie etwa über 80-Jährige zuerst zu impfen.
Redner der Opposition forderten teils eine stärkere Einbeziehung des Bundestags über ein weiteres Impfgesetz. FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte, wer wann geimpft werde, könne eine Frage auf Leben und Tod sein. Die Impfstrategie sei daher eine Grundrechtsfrage, über die das Parlament entscheiden müsse. Gesine Lötzsch (Linke) kritisierte, dass die Regierung den Bundestag vor vollendete Tatsachen stelle. Impfen sei Vertrauenssache, und Vertrauen schaffe man nur mit Transparenz und demokratischer Willensbildung. Die Bundesregierung setzt auf eine europäische Zulassung des ersten Impfstoffes kurz vor Weihnachten, noch vor dem Jahreswechsel könnten Impfungen starten.
Eine formelle Impfpflicht hat die Bundesregierung ausgeschlossen – ein indirekter Druck durch das Hausrecht etwa von Restaurant- oder Theater-Betreibern lässt sich nach Ansicht von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) aber kaum vermeiden. «Natürlich sind wir ein Land, was Privatwirtschaft hat. Verhindern werden wir das nicht können», sagte sie am Donnerstag im ZDF-«Morgenmagazin». Orte mit Hausrecht könnten künftig auf eine Impfung oder einen negativen Corona-Test für Gäste bestehen. Karliczek warb jedoch dafür, keine Unterschiede zu machen.
Die Forschungsministerin betonte zugleich die Wirksamkeit und Sicherheit der Corona-Impfung. «Das Zulassungsverfahren hat die klassischen, üblichen hohen Standards, die wir in Europa kennen. Da haben wir überhaupt keine Abstriche gemacht. Man kann diesem Impfstoff vertrauen.» Nötig sei eine Impfquote von 60 bis 70 Prozent. «Wir brauchen die Herdenimmunität», sagte Karliczek.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.