Das sind die neuen Empfehlungen |
Kerstin A. Gräfe |
13.01.2023 16:00 Uhr |
Eine entscheidende Änderung gibt es bei der Prophylaxedauer. Die Leitlinie bricht erstmals mit dem Dogma, dass eine medikamentöse Prophylaxe nach nur sechs bis neun Monaten überprüft werden müsse und maximal zwölf Monate dauern dürfe. Vielmehr soll die Prophylaxedauer von der Schwere und Dauer der Erkrankung sowie von den aktuellen persönlichen Lebensumständen abhängig gemacht werden.
»Natürlich soll die Indikation für eine Prophylaxe auch weiterhin überprüft werden, aber es gibt keinerlei wissenschaftliche Evidenz dafür, dies regelhaft nach neun oder zwölf Monaten zu tun«, sagte Privatdozent Dr. Tim Jürgens, Präsident der DMKG und Facharzt für Neurologie, Güstrow. Vor allem Patienten mit einer chronischen Migräne oder solche, die sich in einer besonders belastenden Lebensphase befänden, seien besonders schwer betroffen und verschlechterten sich oft, wenn die Therapie bereits nach einem Jahr beendet werde. Hier könne es gerechtfertigt sein, die Dauer einer Prophylaxe auf zwei Jahre auszuweiten.
Neben den unspezifischen Medikamenten zur Migräneprophylaxe wie Betablocker oder Amitriptylin standen zur Migräneprophylaxe mit Erenumab (Aimovig®) Fremanezumab (Ajovy®) und Galcanezumab (Emgality®) bereits drei monoklonale Anti-CGRP-Antikörper zur Verfügung. Neu in der Leitlinie ist der seit 2022 zugelassene Anti-CGRP-Antikörper Eptinezumab (Vyepti®). »Als erster monoklonaler Antikörper wird er intravenös gegeben und erreicht daher schnell den therapeutischen Wirkstoffspiegel«, sagte Jürgens.
Neu ist zudem der Verordnungsalgorithmus für die Antikörper. Als einziger von ihnen kann Erenumab seit dem 1. April 2022 ohne Vortherapien zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden Die Rationale lieferte die HER-MES-Studie, in der sich Erenumab als wirksamer und verträglicher erwies als das ebenfalls in der Prophylaxe eingesetzte Topiramat, woraufhin der Gemeinsame Bundesausschuss Erenumab einen beträchtlichen Zusatznutzen attestierte.