Bei Kindern nach der Ursache fahnden |
Bei etwa 30 Prozent der Kinder mit HWI kann ein vesiko-ureteraler oder vesiko-renaler Reflux (VUR oder VRR) nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um einen unphysiologischen Rückfluss von Urin in die Harnleiter oder die Nieren, der durch einen insuffizienten Verschlussapparat der Harnleitermündungen in die Blase zustande kommt. Der Reflux führt zu rezidivierenden HWI. Der zwischen Harnblase und Nieren pendelnde Urin kann durch die Keimverschleppung eine Pyelonephritis induzieren, die zur Narbenbildung im Nierenparenchym führen kann. Dies begünstigt die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie und Niereninsuffizienz.
Eine Refluxprüfung sollte bei Säuglingen und Kleinkindern nach der ersten Pyelonephritis mit sonografischen Zeichen eines VUR und bei älteren Kindern bei einem Rezidiv einer Pyelonephritis erfolgen. Die Untersuchung sollte möglichst rasch nach erfolgreicher Therapie der Pyelonephritis erfolgen. Eine antibiotische Prophylaxe, die sich der antibiotischen Therapie anschließt, wird bis zur Refluxprüfung empfohlen.
Standardverfahren zur Refluxprüfung sind die Röntgen-Miktions-Zystourethrografie (MCU) und die Miktions-Urosonografie (MUS).
Bei der Miktions-Zystourethrografie wird die Blase über einen transurethral gelegten Einmalkatheter mit einem Kontrastmittel-Kochsalz-Gemisch gefüllt (Abbildungen 1 bis 3). Während der Füll- und der Miktionsphase kann das Zurückfließen von Kontrastmittel in den Harnleiter radiologisch nachgewiesen werden. Vorteil dieser Methode ist die Darstellung von Anomalien der Harnblase und Harnröhre. Nachteilig ist die – wenn auch sehr geringe – Strahlenbelastung.
Ablauf einer Miktions-Zystourethrografie (von links): Abdomenübersicht eines 13-jährigen Mädchens mit liegendem Katheter, Kontrastmittelgabe über den Katheter und Darstellung der Harnblase, Nachweis eines Refluxes in das rechte Nierenbeckenkelchsystem / Foto: Willer
Eine Alternative stellt die Miktions-Urosonografie dar. Das in die Blase verbrachte Kontrastmittel besteht aus Galaktose und wird mit Palmitinsäure stabilisiert. Nach der Suspendierung des Granulats in Wasser entstehen Mikroluftbläschen, die die Ultraschallechos verstärken und bei einem VUR im Harnleiter oder Nierenbecken gesehen werden.
Dagegen dient die DMSA-Szintigrafie (statische Nierenszintigrafie) dem Nachweis oder Ausschluss von Nierenparenchymdefekten, die durch Entzündungsvorgänge hervorgerufen werden. Das Verfahren ist etabliert in der nuklearmedizinischen Diagnostik und bietet eine sehr hohe Sensitivität. Über einen venösen Zugang wird das Radiopharmakon 99mTc-DMSA (Technetium-Dimercaptosuccinat) injiziert und nach seiner Bindung an Plasmaproteine in den Tubuluszellen der Nieren gespeichert. Vier Stunden nach der Injektion werden mit einer Gammakamera die Nierenaufnahmen angefertigt und eventuell vorliegende Narben identifiziert.
Die DMSA-Szintigrafie sollte erst sechs Monate nach einer Pyelonephritis angefertigt werden. Erfolgt die Untersuchung zu einem früheren Zeitpunkt, kann keine Unterscheidung zwischen reversiblen und irreversiblen Gewebeläsionen getroffen werden. Die Strahlenbelastung ist als gering einzustufen.
Als Alternative zur DMSA-Szintigrafie kann eine Magnetresonanztomografie (MRT) eingesetzt werden. Vorteile sind die fehlende Strahlenbelastung und die gute Beurteilbarkeit vorhandener Narben. Allerdings ist oft eine Sedierung der Kinder notwendig.