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Harnwegsinfektionen

Bei Kindern nach der Ursache fahnden

Harnwegsinfektionen gehören zu den häufigsten bakteriell verursachten Infektionen bei Säuglingen und Kindern, sind aber keineswegs banal. Die Ursachen müssen vom Arzt abgeklärt werden, damit eine spezifische Therapie eingeleitet werden kann. Eine Selbstmedikation ist bei Säuglingen und Kleinkindern nicht vertretbar.
Brigitte Willer
01.05.2022  08:00 Uhr

Bis zu einem Alter von sechs Jahren machen 7 Prozent der Mädchen und 1,6 Prozent der Jungen eine Harnwegsinfektion (HWI) durch. Mehr als die Hälfte dieser Kinder erkrankt bis zum dritten Lebensjahr. Danach sind meistens Mädchen betroffen.

Bestimmte Eigenschaften sogenannter uropathogener Bakterien auf der einen Seite, eine verminderte lokale Abwehrfähigkeit des Wirts, Blasenfunktions- und/oder Stuhlentleerungsstörungen und/oder Fehlbildungen des Harntrakts auf der anderen Seite begünstigen eine Keimbesiedelung des Harntrakts. Die Infektion kann auf die Blase beschränkt sein oder die Nieren mit einbeziehen. Wenn Harnwegsinfektionen mit Fieber einhergehen und rezidivierend auftreten, kann ein vesiko-ureteraler oder vesiko-renaler Reflux, also ein Rückfluss von Urin in die Harnleiter oder Nieren, vorliegen. Bei klinischen Anzeichen einer HWI wird eine antibakterielle Therapie empfohlen, um die Krankheitssymptome rasch zu beseitigen und bleibende Nierenschäden zu verhindern.

Dieser Artikel bezieht sich auf die S2k-Leitlinie »Harnwegsinfektionen im Kindesalter« vom August 2021. Bezüglich der Therapiemöglichkeiten fließen die Erfahrungen der Autorin aus der täglichen praktischen Arbeit am Patienten mit ein.

Entstehung von Harnwegsinfekten

Eine Harnwegsinfektion wird definiert als Besiedelung des Harntrakts mit Infektionserregern, die eine lokale und/oder systemische Entzündungsreaktion hervorrufen. Abzugrenzen sind unter anderem asymptomatische, unkomplizierte, komplizierte und rezidivierende Infektionen (Kasten).

Die häufigste Ursache von HWI ist auch bei Kindern die Aszension von Keimen in den Harntrakt; eine hämatogene Streuung ist dagegen selten. In der Regel handelt es sich um Bakterien, die aus dem Darm oder von der Haut stammen. Meist sind Mädchen und Frauen betroffen, weil ihre Harnröhre kürzer ist als die von Jungen und Männern.

Die Anfälligkeit und das Ausmaß bakterieller HWI hängen von der Pathogenität des Erregers und der Abwehrbereitschaft des Wirts ab. So tragen einige uropathogene Escherichia-coli-Stämme als häufigste Verursacher von HWI auf ihrer Oberfläche spezielle Mikrofibrillen, die ihnen ein Eindringen in die Blasenwand erleichtern. Besitzen E.-coli-Stämme keine funktionstüchtigen Pili, sind sie nicht in der Lage, spezifisch am Epithel des Harntrakts zu binden und damit einen Entzündungsprozess zu induzieren. Es resultiert eine asymptomatische Bakteriurie.

Vielfältige Symptome

Kinder zeigen in verschiedenen Altersgruppen unterschiedliche Symptome. Bei Neugeborenen sind die Symptome unspezifisch. Mögliche Hinweise geben die Verweigerung von Nahrungsaufnahme und Trinken, Durchfall, Gedeihstörungen, Erbrechen und Lethargie. Fieber tritt eher nicht auf.

Bei älteren Säuglingen und Kleinkindern können Fieber, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen Anzeichen für eine HWI sein. Manchmal bemerken die Eltern auch einen auffällig riechenden Urin. Kinder über zwei Jahre klagen oft über Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie) und/oder Unterbauchschmerzen. Den Eltern fällt auf, dass die Kinder gehäuft Wasser lassen müssen (Pollakisurie), eventuell wird eine Hämaturie oder ein veränderter Uringeruch beobachtet. Bei Kindern, die schon trocken waren, kann es wieder zu Einnässepisoden kommen.

Bei einer Pyelonephritis kommt es häufig zu Fieber, Schüttelfrost sowie Flanken- und/oder Bauchschmerzen.

Basisdiagnostik

Um eine Harnwegsinfektion sichern zu können, sind verschiedene Untersuchungen wichtig. Neben der körperlichen Untersuchung sind dies die Urinanalyse, die Blutkultur bei Verdacht auf eine Sepsis bei Früh- und Neugeborenen und Säuglingen sowie die Sonografie der Nieren und Blase.

Eine Urinuntersuchung ist bei jedem unklaren Fieber, bei Unterbauchschmerzen, Wiedereinnässen oder Blut im Urin unerlässlich. Geeignete Verfahren sind der Urinstreifentest, die Mikroskopie sowie die Harnkultur mit Antibiogramm. Antibiogramme dienen der Antibiotika-Resistenzbestimmung. Als Standardverfahren für die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) gilt der Bouillon-Mikrodilutionstest. Die MHK gibt die niedrigste Konzentration des Antibiotikums an, die das Wachstum noch unterdrücken kann. Die Bestimmung und Interpretation von MHK-Werten erfolgt nach EUCAST-Kriterien (EUCAST: European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing). Die Testungen werden in die Kategorien »S« für sensibel, »I« für intermediär und »R« für resistent eingeteilt.

Wird mehr als ein Keim im Antibiogramm gefunden, liegt eine Mischkultur vor. Diese kann Zeichen einer Kontamination sein. Im Zweifel sollte die Harnkultur wiederholt werden.

Eine weiterführende Diagnostik ist indiziert, wenn in der Vorgeschichte schon Harnwegsinfekte aufgetreten sind, wenn es Anzeichen für Blasenfunktionsstörungen gibt oder bei Verwandten ein vesiko-ureteraler oder vesiko-renaler Reflux bekannt ist.

Weiterführende Diagnostik

Bei etwa 30 Prozent der Kinder mit HWI kann ein vesiko-ureteraler oder vesiko-renaler Reflux (VUR oder VRR) nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um einen unphysiologischen Rückfluss von Urin in die Harnleiter oder die Nieren, der durch einen insuffizienten Verschlussapparat der Harnleitermündungen in die Blase zustande kommt. Der Reflux führt zu rezidivierenden HWI. Der zwischen Harnblase und Nieren pendelnde Urin kann durch die Keimverschleppung eine Pyelonephritis induzieren, die zur Narbenbildung im Nierenparenchym führen kann. Dies begünstigt die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie und Niereninsuffizienz.

Eine Refluxprüfung sollte bei Säuglingen und Kleinkindern nach der ersten Pyelonephritis mit sonografischen Zeichen eines VUR und bei älteren Kindern bei einem Rezidiv einer Pyelonephritis erfolgen. Die Untersuchung sollte möglichst rasch nach erfolgreicher Therapie der Pyelonephritis erfolgen. Eine antibiotische Prophylaxe, die sich der antibiotischen Therapie anschließt, wird bis zur Refluxprüfung empfohlen.

Standardverfahren zur Refluxprüfung sind die Röntgen-Miktions-Zystourethrografie (MCU) und die Miktions-Urosonografie (MUS).

Bei der Miktions-Zystourethrografie wird die Blase über einen transurethral gelegten Einmalkatheter mit einem Kontrastmittel-Kochsalz-Gemisch gefüllt (Abbildungen 1 bis 3). Während der Füll- und der Miktionsphase kann das Zurückfließen von Kontrastmittel in den Harnleiter radiologisch nachgewiesen werden. Vorteil dieser Methode ist die Darstellung von Anomalien der Harnblase und Harnröhre. Nachteilig ist die – wenn auch sehr geringe – Strahlenbelastung.

Eine Alternative stellt die Miktions-Urosonografie dar. Das in die Blase verbrachte Kontrastmittel besteht aus Galaktose und wird mit Palmitinsäure stabilisiert. Nach der Suspendierung des Granulats in Wasser entstehen Mikroluftbläschen, die die Ultraschallechos verstärken und bei einem VUR im Harnleiter oder Nierenbecken gesehen werden.

Dagegen dient die DMSA-Szintigrafie (statische Nierenszintigrafie) dem Nachweis oder Ausschluss von Nierenparenchymdefekten, die durch Entzündungsvorgänge hervorgerufen werden. Das Verfahren ist etabliert in der nuklearmedizinischen Diagnostik und bietet eine sehr hohe Sensitivität. Über einen venösen Zugang wird das Radiopharmakon 99mTc-DMSA (Technetium-Dimercaptosuccinat) injiziert und nach seiner Bindung an Plasmaproteine in den Tubuluszellen der Nieren gespeichert. Vier Stunden nach der Injektion werden mit einer Gammakamera die Nierenaufnahmen angefertigt und eventuell vorliegende Narben identifiziert.

Die DMSA-Szintigrafie sollte erst sechs Monate nach einer Pyelonephritis angefertigt werden. Erfolgt die Untersuchung zu einem früheren Zeitpunkt, kann keine Unterscheidung zwischen reversiblen und irreversiblen Gewebeläsionen getroffen werden. Die Strahlenbelastung ist als gering einzustufen.

Als Alternative zur DMSA-Szintigrafie kann eine Magnetresonanztomografie (MRT) eingesetzt werden. Vorteile sind die fehlende Strahlenbelastung und die gute Beurteilbarkeit vorhandener Narben. Allerdings ist oft eine Sedierung der Kinder notwendig.

Ausschluss von Blasenfunktionsstörungen

HWI bei Kindern gehen sehr häufig mit einer nicht organischen (funktionellen) Harninkontinenz einher (siehe den PZ-Beitrag »Gezielte Therapie hat gute Erfolge«). Meistens sind Mädchen betroffen; bei Jungen ist diese Kombination seltener zu beobachten. Die funktionelle Harninkontinenz wird definiert als Einnässen am Tag oder Symptome wie Pollakisurie (erhöhte Miktionsfrequenz), Haltemanöver, Stottermiktion oder Aufschub der Miktion.

Der Pollakisurie liegt meist eine Blasenüberaktivität aufgrund einer Reifungsverzögerung der zentralen Hemmung des Blasenmuskels zugrunde. Der plötzlich einschießende Harndrang führt bei den Kindern zu Haltemanövern wie Kneifen des Beckenbodens oder in die Hocke gehen, um einen Urinverlust zu vermeiden.

Die Stottermiktion kommt durch eine fehlende Koordination zwischen Detrusor und Beckenboden zustande. Statt zur Miktion zu entspannen, kommt es zu einer Kontraktion des Beckenbodens. Die Folgen sind Verdickung der Blasenwand und Restharnbildung. Ursachen sind eine zentrale Reifungsverzögerung oder ein erlerntes Fehlverhalten durch häufige Haltemanöver wie Kneifen des Beckenbodens bei der Blasenüberaktivität.

Beim Miktionsaufschub zögern die Kinder die Miktion willentlich hinaus.

Diese Störungsbilder können ineinander übergehen. Die Blasenüberaktivität ist ein wesentlicher Risikofaktor für HWI im Kindes- und Erwachsenenalter. Zudem wirkt die Restharnbildung als ideales Reservoir für Keime. Blasenfunktionsstörungen können auch mit einem VUR und HWI assoziiert vorliegen.

Mädchen mit rezidivierenden Harnwegsinfekten haben gehäuft eine Obstipation mit oder ohne Stuhlinkontinenz. Durch die Schmierinfektion kommt es aufgrund der engen benachbarten Beziehung zwischen After und Harnröhre zu einer Keimaszension in die Blase. Diese wird begünstigt durch die kurze Harnröhre. Bestehen Stuhlentleerungsstörungen und ein VUR, ist die Gefahr für eine Keimaszension in die Nieren mit bleibenden Nierenparenchymschäden sehr hoch.

Bei Kindern mit rezidivierenden HWI ist es daher wichtig, explizit nach einer Obstipation mit oder ohne Stuhlinkontinenz und einer Einnässproblematik zu fragen.

Antibakterielle Therapie

E. coli ist bei circa 80 Prozent der kleinen Patienten der Hauptverursacher von HWI. E. coli gehört zur Familie der Enterobacteriaceae; es sind gramnegative, nicht sporenbildende, fakultativ anaerobe, begeißelte oder unbegeißelte Stäbchenbakterien. Im Darm von Warmblütern kommen verschiedene Stämme vor; die meisten sind nicht pathogen. Einige Stämme besitzen bestimmte Virulenzfaktoren und können damit zum Beispiel uropathogene Eigenschaften haben. Weitere mögliche Erreger sind andere Enterobakterien, Enterokokken, Staphylokokken (grampositive Bakterien) und Pseudomonas aeruginosa (gramnegativ).

Bei klinischen Zeichen einer HWI wird eine antibakterielle Therapie empfohlen. Oft muss eine kalkulierte Antibiotikumgabe begonnen werden, bevor das Antibiogramm vorliegt. Das bedeutet, dass das eingesetzte Antibiotikum umgestellt werden muss, wenn es sich später als nicht wirksam erweist. Bei der Wahl des Arzneistoffs für eine kalkulierte Therapie sollten die hohen Resistenzraten von E. coli für Trimethoprim (TMP) oder TMP plus Sulfamethoxazol und Amoxicillin berücksichtigt werden.

Antiinfektiva zur peroralen Therapie der unkomplizierten Zystitis im Kindes- und Jugendalter sind Fosfomycin als Einmalgabe (ab dem 12. Lebensjahr), Nitrofurantoin, Trimethoprim mit/ohne Sulfamethoxazol und Amoxicillin plus Clavulansäure (Tabelle 1). Die empfohlene Therapiedauer beträgt drei bis fünf Tage.

Substanz Bemerkungen
Trimethoprim, Trimethoprim plus Sulfamethoxazol • beide Einzelsubstanzen wirken bakteriostatisch
• bei regionaler Resistenzrate von E. coli > 20 Prozent: primärer Einsatz vor Erhalt des Antibiogramms nicht empfohlen
• alleiniger Einsatz von Trimethoprim reduziert Nebenwirkungsrate und ist möglich
• kontraindiziert bei Früh- und Neugeborenen
• Anwendungsbeschränkung bei Säuglingen unter sechs Lebenswochen
• Mittel der zweiten Wahl bei Zystitis
Nitrofurantoin • bakterizide Wirkung vor allem gegen E. coli und Enterokokken
• nach peroraler Gabe gute Resorption und größtenteils unverändert renale Elimination, dadurch hohe Konzentrationen im Urin
• kontraindiziert bei Säuglingen unter drei Lebensmonaten wegen Gefahr einer hämolytischen Anämie
•empfohlen zur Therapie der unkomplizierten Zystitis und zur Rezidivprophylaxe
• wegen schlechter Gewebegängigkeit kein Einsatz bei Pyelonephritis
Cephalosporine: • bakterizide Wirkung
Cefaclor • keine Empfehlung zur kalkulierten Therapie der Pyelonephritis
• wenn sich auslösende Bakterien im Antibiogramm als sensibel erweisen: orale Gabe auch bei Pyelonephritis möglich
Cefixim, Cefpodoxim • zur kalkulierten Therapie bei unkomplizierter Pyelonephrititis
Aminopenicilline: • bakterizide Wirkung
Amoxicillin • keine Empfehlung zur kalkulierten Therapie wegen sehr hoher Resistenzraten bei E. coli
• wenn auslösende Bakterien im Antibiogramm als sensibel getestet: Einsatz bei unkomplizierter HWI möglich
• wirksam auch gegen Enterokokken
Amoxicillin plus Clavulansäure • durch Zusatz von Clavulansäure als Hemmstoff der Penicillinase: Erweiterung des Spektrums von Amoxicillin auf β-Lactamase produzierende Keime wie Staphylococcus aureus, viele Enterobacteriaceae und andere
• zur kalkulierten Therapie bei unkomplizierter Pyelonephritis
Fosfomycin • bakterizide Wirkung
• Einsatz bei unkomplizierter Zystitis bei Mädchen ab 12. Lebensjahr. Hier Mittel der ersten Wahl als Einmalgabe
• rasche Resistenzentwicklung
Nitroxilin • bakterizide Wirkung gegenüber den meisten gramnegativen und grampositiven bakteriellen Erregern von HWI
• Einsatz bei der unkomplizierten Zystitis ab 14. Lebensjahr
Chinolone: Ciprofloxacin • bakterizide Wirkung
• breites Wirkspektrum gegen gramnegative Bakterien
• Reserveantibiotikum bei komplizierten HWI und Pyelonephritis, wenn andere Antibiotika nicht eingesetzt werden können, ab 2. Lebensjahr
Tabelle 1: Auswahl an antibakteriellen Wirkstoffen zur peroralen Therapie einer Harnwegsinfektion (HWI) im Kindesalter

Bei jugendlichen Mädchen mit einer unkomplizierten Zystitis kann laut Leitlinie ein Phytotherapeutikum eingesetzt werden. Allerdings muss darüber aufgeklärt werden, dass die Gefahr der Entwicklung einer Pyelonephritis im Vergleich zur antibakteriellen Therapie erhöht ist.

Die Entscheidung über eine parenterale oder orale Applikation des Antibiotikums hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem vom Alter des Kindes und der Schwere der Erkrankung. Die Tabelle 2 zeigt eine Auswahl (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) an antibakteriellen Wirkstoffen zur parenteralen Therapie einer HWI im Kindesalter.

Wirkstoffe und -klassen Erläuterungen
Aminopenicilline: • bakterizide Wirkung
Ampicillin • keine Empfehlung zur kalkulierten Therapie wegen sehr hoher Resistenzraten bei E. coli
• wenn auslösende Bakterien im Antibiogramm als sensibel getestet: Einsatz bei der unkomplizierten HWI möglich
• wirksam auch gegen Enterokokken
Piperacillin plus Tazobactam • Kombination mit Tazobactam als β-Lactamase-Hemmstoff erweitert das Erregerspektrum
• geeignet für die kalkulierte Therapie bei Urosepsis
Cephalosporine: Cefuroxim, Ceftazidim • bakterizide Wirkung
• Anwendung bei Zystitis, Pyelonephritis
Chinolone: Ciprofloxacin • bakterizide Wirkung
• breites Wirkspektrum gegen gramnegative Bakterien
• zugelassen als Reserveantibiotikum bei komplizierter HWI und Pyelonephritis, wenn andere Antibiotika nicht eingesetzt werden können
Fosfomycin • bakterizide Wirkung
• Reserveantibiotikum nach Antibiogramm
Aminoglykoside: Amikacin, Gentamicin, Tobramycin • Reserveantibiotika
• Einsatz bei komplizierter HWI nur, wenn Antibiotika mit weniger Nebenwirkungen (Beispiel Gentamicin) nicht wirksam sind
• anwendbar bei Infektionen mit Problemkeimen wie Pseudomonas aeruginosa, Klebsiella, Indol-positive Proteus, Staphylokokken
Carbapeneme: Imipenem plus Cilastin • bakterizide Wirkung
• sehr breites antibakterielles Wirkspektrum im grampositiven und gramnegativen Bereich
• zunehmende Entwicklung Carbapenem-resistenter Enterobakterien (CRE)
• Reserveantibiotikum zur Behandlung von schweren HWI und bei multiresistenten Keimen (MRGN)
Tabelle 2: Auswahl an antibakteriellen Wirkstoffen zur parenteralen Therapie einer Harnwegsinfektion (HWI) im Kindesalter

Infektionsprophylaxe über mehrere Monate

Wichtige Risikofaktoren für rezidivierende Infektionen sind der vesiko-renale Reflux, Fehlbildungen im Harntrakt, Blasenfunktions- und Stuhlentleerungsstörungen wie Enkopresis (Einkoten) oder Obstipation. Gerade die Funktionsstörungen von Blase und Darm werden als Ursache für rezidivierende Infekte unterschätzt und dementsprechend auch nicht behandelt.

Eine Infektionsprophylaxe über drei bis sechs Monate sollte erwogen werden bei:

  • Säuglingen mit einem VUR zur Vermeidung von Pyelonephritiden und daraus resultierenden Nierenparenchymnarben;
  • Kindern mit Blasenfunktionsstörungen und rezidivierenden Harnwegsinfektionen. Die Dauer der Langzeitprophylaxe sollte genutzt werden, um die Blasenfunktionsstörungen zu therapieren;
  • Mädchen mit rezidivierenden unkomplizierten Zystitiden mit hohem Leidensdruck.

Laut Leitlinie bevorzugte antibakterielle Wirkstoffe für die Langzeitprophylaxe sind Nitrofurantoin, Trimethoprim, Nitroxilin und Cefaclor.

  • Nitrofurantoin (2 mg/kg KG als Einmalgabe abends) zeichnet sich durch eine geringe Resistenzentwicklung aus und wird von Kindern in der Regel gut vertragen. Gelegentlich können Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen auftreten. Ernste Nebenwirkungen wie die Entwicklung einer Lungenfibrose treten nicht auf. Zudem hat Nitrofurantoin nur einen geringen Einfluss auf die Darmflora.
  • Trimethoprim (2 mg/kg KG als Einmalgabe) ist für Kinder gut verträglich, allerdings schränkt die regional unterschiedliche Resistenzentwicklung den Einsatz ein.
  • Nitroxilin (150 mg abends) zeichnet sich ähnlich wie Nitrofurantoin durch eine niedrige Resistenzrate aus. Der Wirkstoff ist erst ab einem Alter von 14 Jahren zugelassen.
  • Cefaclor (10 mg/kg KG als Einmalgabe abends) wird wegen der Bildung von Extended Spectrum Beta-Lactamase-produzierenden Keimen zur Langzeitprophylaxe nur eingeschränkt empfohlen.

Nicht antibakterielle Wirkstoffe zur Prophylaxe

Mannose ist eine zu den Monosacchariden gehörende natürliche Hexose. Von der Glucose unterscheidet sie sich nur durch die Stellung der Hydroxygruppe an C2. Im Organismus ist Mannose hauptsächlich Bestandteil von Membranen.

Mannose wird vom Körper kaum verstoffwechselt und im Urin unverändert ausgeschieden. E. coli bindet mit seinen Typ-1-Pili an die Mannose im Urin und nicht mehr am Uroepithel. Dadurch können Rezidive verhindert werden. Während in einer Studie mit erwachsenen Frauen gezeigt wurde, dass Mannose das Risiko von HWI ähnlich wie Nitrofurantoin senken kann, ist die Datenlage bei Kindern gering. In der Praxis wird Mannose bei Kindern zur Prophylaxe von unkomplizierten Zystitiden eingesetzt. Die Dosis beträgt bei Kindern unter 14 Jahren 1000 mg, ab dem 14. Lebensjahr 2000 mg.

Cranberry hemmt die Anheftung der P-Fimbrien am Uroepithel und kann zur Prophylaxe von unkomplizierten rezidivierenden Zystitiden ab dem späteren Kindesalter eingesetzt werden.

Die Kombination von Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel verhindert das Eindringen von E. coli in die Uroepithelzelle und kann bei Kindern ab sechs Jahren nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zur Prophylaxe von unkomplizierten rezidivierenden Zystitiden eingesetzt werden. Ein Kombipräparat aus Rosmarinblättern, Liebstöckelwurzel und Tausendgüldenkraut kann bei Kindern ab zwölf Jahren zur Prophylaxe eingesetzt werden.

Die orale Immunstimulation mit lyophilisierten lysierten Fraktionen von 18 ausgewählten E.-coli-Stämmen ist bei Kindern ab vier Jahren zur Prophylaxe von rezidivierenden unkomplizierten Zystitiden zugelassen.

Risikofaktoren und Harnreflux behandeln

Viel wichtiger als die Wirkstoffe zur Prophylaxe sind jedoch die Erkennung und konsequente Behandlung von Blasenfunktions- und Stuhlentleerungsstörungen als Hauptrisikofaktoren für rezidivierende HWI.

Zeigen Mädchen mit rezidivierenden HWI auch im infektfreien Intervall Symptome von Blasenfunktionsstörungen, sollten diese konsequent behandelt werden.

Bei Stuhlentleerungsstörungen (Obstipation mit/ohne Stuhlinkontinenz) wird folgendes Vorgehen empfohlen: Das Kind sollte dazu angehalten werden, beim ersten Defäkationsreiz sofort die Toilette aufzusuchen. Durch das chronische Zurückhalten wird der Stuhlgang oft hart, sodass die Entleerung sehr schmerzhaft werden kann, was das Vermeidungsverhalten verstärkt.

Osmotisch wirksame Verbindungen wie Polyethylenglykole zur täglichen Stuhlregulierung binden Wasser im Darmlumen. Der Stuhlgang wird weicher und voluminöser. Die Darmperistaltik wird angeregt und führt schließlich zu einem Entleerungsreiz. Zusätzlich können in den ersten beiden Wochen Zäpfchen mit Natriumhydrogencarbonat und Natriumdihydrogenphosphat gegeben werden. Nach dem Einführen in den Enddarm entsteht Kohlendioxid, das einen Entleerungsreiz auslöst.

Im ersten Lebensjahr besteht die Möglichkeit, dass ein Harnreflux (VUR, VRR) von allein ausheilt. Eine antibiotische Langzeitprophylaxe soll HWI verhindern, die zu dauerhaften Nierenschäden führen. Wenn der Reflux nicht von allein ausheilt, wird eine operative Korrektur empfohlen. Die Art des Eingriffs hängt davon ab, wie ausgeprägt der Reflux ist. Mögliche Operationsverfahren sind die endoskopische Unterspritzung der Harnleitermündung (mittels Blasenspiegelung wird ein Silikondepot unter die Harnleitermündung injiziert) oder ein offen chirurgisches Vorgehen (Antirefluxplastik).

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