Kliniken fordern Melderegister |
18.12.2012 18:32 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Die deutschen Krankenhäuser warnen vor gravierenden Engpässen bei Arzneimitteln und fordern ein zentrales Melderegister für Lieferschwierigkeiten. Derweil haben auch die Hersteller Probleme eingeräumt.
In den vergangenen Monaten hätten Lieferengpässe deutlich zugenommen, heißt es einem Positionspapier der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), das der Pharmazeutischen Zeitung vorliegt. Demnach besteht die Gefahr, »dass bei einer weiteren Verschärfung der Situation die Versorgung von schwerstkranken Patienten mit den notwendigen Arzneimitteln nicht mehr sichergestellt werden kann«.
25 Präparate nicht verfügbar
Die DKG nennt in ihrem Papier Zahlen einer Datenerhebung bei rund 100 Kliniken. Diese würden zwischen 400 und 600 verschiedene Arzneimittel einsetzen. In einem Monat standen der Erhebung zufolge durchschnittlich 25 Medikamente gar nicht oder in nicht ausreichender Menge zu Verfügung. In jedem fünften Fall habe dies dazu geführt, dass Patienten auf therapeutisch nicht gleichwertige Alternativpräparate umgestellt werden mussten. Dadurch werde die Arzneimitteltherapiesicherheit gefährdet.
In deutschen Krankenhäusern müssen Patienten in jedem fünften Fall auf ein Alternativpräparat umgestellt werden, weil Arzneimittel nicht lieferbar sind.
Foto: imago/Killig
Die Engpässe seien in 80 Prozent der Fälle ohne vorherige Information durch die Hersteller aufgetreten. Von den Ausfällen betroffen sind laut DKG insbesondere Arzneimittel zur Behandlung von Krebspatienten, Antibiotika sowie insgesamt Präparate zur intravenösen Verabreichung.
In den vergangenen Monaten haben sich Berichte über Lieferausfälle bei Arzneimitteln gehäuft. Die Engpässe sind dabei nicht auf Krankenhäuser beschränkt, sondern auch in öffentlichen Apotheken keine Seltenheit. Als ein Grund dafür gilt die wachsende Marktkonzentration. Für einige Arzneimittel gibt es weltweit nur noch einen einzigen Hersteller. Kommt es hier zu Problemen in der Produktion, wiegt das schwer. Darüber hinaus sind die Lieferwege oftmals lang, da ein Großteil der Produktion außerhalb von Europa erfolgt. Das Problem beschäftigt inzwischen auch die Politik. In der vergangenen Woche hatte das Bundesministerium für Gesundheit Apotheker und Ärzte zu Gesprächen über das Thema Lieferengpässe eingeladen.
In einem gemeinsamen Papier haben die Hersteller derweil Lieferschwierigkeiten eingeräumt. Die Engpässe könnten »kurzfristig sein und nur wenige Tage dauern, aber auch längere Zeiträume umfassen«, heißt es in der Stellungnahme, an der der Bundesverband der Arzneimittelhersteller, der Branchenverband Progenerika, der Verband forschender Arzneimittelhersteller sowie der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie beteiligt sind.
Nicht jede Lieferschwierigkeit verursache jedoch einen Versorgungsengpass, betonen die Hersteller. So gebe es in den meisten Fällen Alternativpräparate anderer Unternehmen. Die Industrie nennt als eine Ursache für das Problem zunehmenden Kostendruck im Arzneimittelbereich. Dieser zwinge die Hersteller dazu, alle Möglichkeiten der Effizienzsteigerung bei der Produktion zu nutzen.
Neue Pflichten
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert als Konsequenz aus den Problemen, ein zentrales Melderegister für Arzneimittel-Lieferschwierigkeiten. Demnach sollen Hersteller verpflichtet werden, drohende Engpässe so früh wie möglich dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beziehungsweise dem Paul-Ehrlich-Institut zu melden. Darüber hinaus sollte es aus Sicht der Kliniken ein behördliches Risikomanagement geben, um rechtzeitig auf drohende Engpässe reagieren zu können.
Die Krankenhäuser fordern außerdem eine gesetzliche Verpflichtung der Hersteller auf eine ausreichende Lagerhaltung mit konkreten Vorgaben zumindest für lebenswichtige Medikamente. Diesen Vorschlag lehnt die Industrie jedoch ab. Den Herstellern könnten nicht immer neue kostenträchtige Pflichten auferlegt werden. »Sollte eine weitgehende Vorratshaltung verpflichtend vorgeschrieben werden, sehen sich Hersteller möglicherweise veranlasst, auf die Zulassung für wenig rentable Arzneimittel komplett zu verzichten«, heißt es in dem Papier der Herstellerverbände. /