Lieferengpässe – Last und Lösungsansätze |
Carolin Lang |
03.11.2020 20:28 Uhr |
Lieferengpässe sind ein alltägliches Problem in Apotheken. Da kann es schon einmal vorkommen, dass pharmazeutisches Personal mit leeren Händen an den Handverkauf zurückkehrt. / Foto: Getty Images/alvarez
Aktuell treten in der öffentlichen Apotheke bei schätzungsweise jedem dritten Rezept Probleme aufgrund von Lieferengpässen auf, berichtete der Apothekeninhaber und Vorsitzende des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, Dr. Peter Froese, in einer vom Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) initiierten Diskussionsrunde. Diese wurde Anfang Oktober aufgrund der Coronavirus-Pandemie unter Moderation der PZ-Redakteurin Daniela Hüttemann in Hamburg aufgezeichnet. Lieferengpass-bedingte Probleme würden eine hohe Arbeitsbelastung für pharmazeutisches Personal darstellen: Dem Kunden die Problematik zu schildern, das Ausweichen auf ein Alternativpräparat sowie damit verbundene Dokumentationen sind zeitaufwendig. Drohende Retaxationen und der Druck, dem Versorgungsauftrag als Apotheke trotz der Umstände gerecht zu werden, stellen weitere Belastungen dar.
Die Versorgung von Krankenhauspatienten leide ebenfalls unter der Situation, wie Hans-Gerd Strobel, Leiter und Chefapotheker der Krankenhausapotheke des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, schilderte. Von den rund 2000 Lagerartikeln der Klinikapotheke bestehe bei knapp 10 Prozent eine eingeschränkte oder keine Lieferfähigkeit. Jeden Tag beschäftigten sich zwei Apothekenmitarbeiter ausschließlich mit Lieferengpässen. Ein Apotheker suche entsprechende Alternativen und spreche sich diesbezüglich mit Ärzten ab. Eine Einkäuferin versuche, trotz der Engpässe ausreichend Arzneimittel zu besorgen. Betroffen seien überwiegend generische Produkte aus den verschiedensten Wirkstoffgruppen wie Antibiotika, Antihypertonika oder Hormonpräparate, aber auch bei den Narkosemitteln gebe es seit Längerem Probleme.
Nachwuchs-Apothekern sei die Problematik bereits bekannt, sagte Ilias Essaida, Beauftragter für Gesundheitspolitik beim BPhD. Bereits während der Famulatur im Grundstudium, aber auch später im Praktischen Jahr bekämen die Pharmaziestudierenden mit, wie Apotheker und Patienten unter den Folgen von Lieferengpässen leiden. Apotheker seien häufig gefrustet, wenn sie eigentlich Ersatzpräparate nennen und beschaffen könnten, dies aber aus vertraglichen oder finanziellen Gründen nicht dürfen. Aktuell sind die Eingriffsmöglichkeiten durch die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung erweitert. Doch unabhängig davon entstehe unter Apothekern häufig das Gefühl, im Studium erlernte Kompetenzen nicht anwenden zu können. Es entwickle sich so auch unter den Studierenden zunehmend ein Frust und eine Abneigung gegen die Arbeit in der Offizin, da sie derzeit von Bürokratie geprägt sei und die Patienten häufiger unzufrieden seien, erklärte Essaida.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.