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Neue Rezepturen im NRF 2007

10.12.2007  16:39 Uhr

Neue Rezepturen im NRF 2007

Von Antje Lein

 

Die Auslieferung der diesjährigen Ergänzung zum NRF hat begonnen. Neben mehreren redaktionell überarbeiteten Vorschriften stehen vor allem Arbeits- und Dokumentationsvorlagen für die Herstellung sowie die Standardisierung von neun weiteren Rezepturen und einer Stammzubereitung im Vordergrund.

 

Mit der Ergänzung 2007 enthält das NRF 240 Rezepturen und 23 Stammzubereitungen. Zusätzlich liegt der Loseblattsammlung nun eine CD-ROM mit 68 Vorlagen zur individuellen Rezepturplanung und -dokumentation bei. Die Streichung von Monographien betrifft Zubereitungen, für die aufgrund verfügbarer Fertigarzneimittel oder veränderter Verschreibungspraxis kein Bedarf in der Eigenherstellung mehr besteht oder bei denen Inhaltsstoffe nicht mehr als Rezeptursubstanzen zur Verfügung stehen. Die Tabelle I.5.-1 in den Allgemeinen Hinweisen informiert über die Gründe für die Streichungen.

 

Rezepturplanung und -dokumentation

 

Bei der Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems in der Apotheke muss auch die Herstellung von Rezepturen berücksichtigt werden. Grundlage ist dabei die Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur »Herstellung und Prüfung der nicht sterilen Rezeptur- und Defekturarzneimittel«. Diese empfiehlt sowohl die schriftliche Fixierung von Herstellungsschritten, Waagen-, Geräte- und Packmittelauswahl als auch die Dokumentation der Herstellung, das heißt, das Notieren der Einwaagen und Inprozessprüfungen. Für die in diesem Jahr überarbeiteten und neu aufgenommenen Monographien sowie sämtliche Stammzubereitungen des NRF sind Arbeits- und Dokumentationsvorlagen erstellt worden, die den Anforderungen der Leitlinie entsprechen. Da die Planung und Dokumentation nicht nur für standardisierte Vorschriften, sondern insbesondere auch für die freie Rezeptur relevant ist, wurde als erstes Beispiel eine Mustervorlage für halbfeste Zubereitungen erarbeitet.

 

Rezepturneuheiten

 

Ein besonderes Augenmerk gilt auch in diesem Jahr der Standardisierung pädiatrischer Rezepturen. Die in die Gruppe der Substitutionsmittel aufgenommene Morphinhydrochlorid-Lösung 0,05 % (m/V) wird beim neonatalen Opioid-Entzugssyndrom gegeben. Kinder Heroin- oder Methadon-abhängiger Mütter können nach der Geburt eine Entzugssymptomatik zeigen, die in schweren Fällen medikamentös behandelt werden muss. Gegeben werden dabei Substanzen, die der Droge ähnlich sind. Das Morphin als Reinsubstanz ist der früher verwendeten Opiumtinktur wegen des günstigeren Nebenwirkungsprofils vorzuziehen. Als Analgetikum für die Anwendung bei Erwachsenen und Kindern wurde ein Naproxen-Saft standardisiert, weil in dieser Form in Deutschland kein Fertigarzneimittel zur Verfügung steht. Neben dem Thalidomid-Saft ist damit im NRF eine zweite Rezeptur in der galenisch anspruchsvollen Darreichungsform einer oralen Suspension enthalten. Der Drogenbericht der Bundesregierung zeigt einen stabilen Bedarf für eine Levomethadonhydrochlorid-Lösung zur Substitution, darunter auch als Take-home-Rezeptur. Mit der gleichzeitigen Monographierung des Farbmittel-Konzentrates »Grün« als Stammzubereitung ist es möglich, die Lösung farblich von anderen Substitutionsmitteln abzusetzen. Außerdem wird durch Mischen mit Viskoser Grundlösung (NRF S.20.) der missbräuchlichen Injektion entgegengewirkt. Als Psychopharmakon ergänzen Dexamfetaminsulfat-Tropfen 2,5 % die Präparate zur Behandlung des Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms.

 

Die neuen dermatologischen Rezepturen sind auf die antiseptische Therapie von Hauterkrankungen ausgerichtet. Die Hydrophile Triclosan-Creme 1 %/2 % ist vor allem für die Behandlung von Staphylokokkeninfektionen der Haut relevant. Insbesondere sind davon Atopiepatienten betroffen. Da im subakuten Erkrankungsstadium keine lipophilen Cremes aufgetragen werden sollen, oder diese stärker okklusiv wirkenden Zubereitungen zum Teil als unangenehm empfunden werden, ist die hydrophile Creme eine sinnvolle Ergänzung zu der bereits im NRF standardisierten lipophilen Triclosan-Creme. Die Kombinationsrezeptur Hydrophile Triamcinolonacetonid-Creme 0,025 %/0,05 %/0,1 % mit Chlorhexidindigluconat 1 % ermöglicht die antientzündliche Hautbehandlung bei gleichzeitiger Superinfektion mit Staphylococcus aureus und steht mit diesem Wirkprofil ebenfalls für die Behandlung des Atopischen Ekzems zur Verfügung. Eine im Krankenhausbereich bewährte Polihexanid-Salbe auf Macrogol-Basis ist die dritte Zubereitung mit dem in der Wundbehandlung zunehmend angewendeten Antiseptikum.

 

Die Neuaufnahmen in das NRF werden komplettiert durch ein Medizinprodukt und ein Tierarzneimittel. An der Monographie Macrogol-Hautspülung für die Spülung bei Hautkontaminationen mit Phenolen werden erstmals die Rechtsgrundlagen für die Herstellung von Medizinprodukten aufgezeigt und die Angaben zur Kennzeichnung werden entsprechend den Anforderungen des Medizinproduktegesetzes angepasst. Die Saccharosehaltige Oxalsäure-Dihydrat-Lösung 3,5 % (m/V) für Bienen ist das erste Tierarzneimittel im NRF. Passend zur Monographierung der Oxalsäure-Dihydrat-Lösung ist das Kapitel »Allgemeine Hinweise« um einen Text zu Tierarzneimitteln erweitert worden.

 

Die konsequente Erstellung von Herstellungsplänen, die Dokumentation der Einzel- und Defekturanfertigung und die Standardisierung von Vorschriften verbessern die Rezepturqualität. Empfehlungen des Pharmazeutischen Laboratoriums des NRF sollen dahingehend eine Unterstützung bieten, können aber nur durch konstruktive Kritik und Anregungen aus der Praxis optimiert werden. Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge sind deshalb herzlich willkommen.

Neustandardisierungen im Überblick

Naproxen-Saft 5 % (m/V) (NRF 2.5.)

Hydrophile Triclosan-Creme 1 %/2 % (NRF 11.135.)

Hydrophile Triamcinolonacetonid-Creme 0,025 %/0,05 %/0,1 % mit Chlorhexidindigluconat 1 % (NRF 11.136.)

Polihexanid-Macrogolsalbe 0,04 %/0,1 % (NRF 11.137.)

Macrogol-Hautspülung (NRF 19.7.)

Dexamfetaminsulfat-Tropfen 2,5 % (NRF 22.9.)

Morphinhydrochlorid-Lösung 0,05 % (m/V) (NRF 29.3.)

Levomethadonhydrochlorid-Lösung 0,25 % (m/V) (NRF 29.4.)

Saccharosehaltige Oxalsäure-Dihydrat-Lösung 3,5 % (m/V) für Bienen (NRF 33.1.)

Farbmittel-Konzentrat »Grün« (NRF S.33.)

 

Anschrift der Verfasserin:

Antje Lein

Neues Rezeptur-Formularium

Carl-Mannich-Straße 20

65760 Eschborn

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