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Nasenbluten

Notfall oder Bagatelle?

24.10.2011  15:01 Uhr

Von Claudia Borchard-Tuch / Nasenbluten (Epistaxis) kann zumeist tatsächlich als »belanglos« eingestuft werden. Es ist oftmals jedoch auch Zeichen einer schwerwiegenden Verletzung oder Grunderkrankung.

Plötzliches akutes Nasenbluten kann heftig und lang anhaltend sein. Aufgrund des gegebenenfalls lebensbedrohlichen Blutverlustes kann die sofortige ärztliche Notfall-Therapie unumgänglich werden (1).

 

Doch auch ein zunächst harmlos erscheinendes, aber immer wiederkehrendes Nasenbluten bedarf der HNO-ärztlichen Konsultation und (Ausschluss-)Diagnostik.

 

Hinter dem Symptom kann sich eine Vielzahl, zum Teil auch lebensgefährlicher Erkrankungen wie Traumen, Infektionen oder Neoplasien verbergen, die wiederum der spezifischen Therapie zugeführt werden müssen.

 

Achtung: Kinder!

 

Epidemiologischen Studien zufolge haben 60 Prozent der Bundesbürger schon mindestens einmal in ihrem Leben unter ein- oder beidseitigem Nasenbluten gelitten. Patienten aller Altersgruppen und sozialer Schichten sind betroffen. Kinder leiden häufiger unter Nasenbluten als Erwachsene (2), zumal es bei ihnen oft auch durch nasale Fremdkörperaspiration zum dann zumeist einseitigen Nasenbluten kommen kann.

 

Stecken sich Kleinkinder Fremdkörper, zum Beispiel Erdnüsse, Erbsen, Perlen, Murmeln oder Knöpfe, in ein Nasenloch, kann dies zu Gefäßverletzungen und somit zum Bluten aus der Nase führen.

 

Unter lokaler Betäubung kann der HNO-Arzt diese Fremdkörper zumeist schnell entfernen, es sei denn, sie sind schon tiefer eingedrungen. Dann kann eine Vollnarkose notwendig werden. Fest steht: Insbesondere kleinteiliges Spielzeug wie Bausätze aus Überraschungseiern gehört nicht in Kinderhand. Anderenfalls müssen diese beim Spielen stets unter Aufsicht bleiben (Abbildung 1).

Zunächst ein wenig Anatomie: Die Nase ist ein von Knochen und Knorpelplatten gebildetes Hohlraumsystem. In ihrem Innern befinden sich die beiden Nasenhöhlen, die durch eine Scheidewand voneinander getrennt sowie mit Stirn-, Kiefer- und Keilbeinhöhle beziehungsweise Siebbeinzellen verbunden sind (Abbildung 2 links).

 

In jede Nasenhöhle ragen von der Seite drei von Nasenschleimhaut überzogene Knochenleisten, die Nasenmuscheln. Am hinteren Nasenausgang gehen die Nasenhöhlen in den oberen Rachenraum über.

 

Die obere Nasenmuschel und ein Bereich zwischen Muschel und Nasenscheidewand sind von Riechschleimhaut bedeckt. Ihre Sinneszellen nehmen den Geruchsreiz auf und senden das Signal aufwärts zu den Riechkolben, die über den Riechstrang mit dem Riechhirn verbunden sind (Abbildung 2 rechts).

 

Innen ist die Nasenhöhle mit der Schleimhaut der Atemwege, dem respiratorischen Epithel, überzogen. An seiner Oberfläche befinden sich bewegliche Härchen, die mit ihrem geordneten Schlag Schleim und Schmutz in Richtung Rachen befördern.

Zahlreiche Drüsen der Nasenschleimhaut sondern Flüssigkeit ab, die zur Befeuchtung der Atemluft dient. Die Schleimhaut wird von venösen Blutgefäßen versorgt, sodass sie leicht anschwellen kann. Allemal, wenn sie verletzt oder irritiert werden, können die Gefäße mit Blutungen reagieren.

 

Habituell oder symptomatisch?

 

Blutungen in den vorderen Abschnitten der Nase (anteriore Epistaxis) und hier insbesondere im Locus Kiesselbachi als extrem gefäßreiches Gebiet treten häufiger auf, sind aber auch ungefährlicher und leichter zu therapieren. Die posteriore Epistaxis, deren oft mit diffusen Blutungen einhergehende Quelle zumeist an der hinteren seitlichen Nasenwand liegt, ist seltener, muss jedoch in der überwiegenden Zahl der Fälle stationär therapiert werden.

 

Schon plötzliche, auch wetterbedingte Druckschwankungen können Risse der feinen Adern im vorderen Bereich der Nasenhöhle hervorrufen. »Bohren« in der Nase oder heftiges Schnäuzen beziehungsweise körperliche Anstrengungen fördern Nasenbluten umso mehr. Lokal wirksame α-Sympathomimetika wie Oxymetazolin oder Tramazolin und glukocorticoidhaltige Nasensprays können Ursache einer Atrophie der Nasenschleimhaut insbesondere dann sein, wenn die Medikamente länger als eine Woche angewendet werden (3). Die Verdünnung der Schleimhaut kann gleichermaßen das Auftreten einer Epistaxis begünstigen.

 

Auch überheizte Räume und Klimaanlagen, eine allergische Rhinitis, Nasenpolypen oder Tumore fördern den Blutfluss aus der Nase. Veränderungen an der Nasenscheidewand wie Eiteransammlungen, kleine Risse oder Löcher, also Perforationen des nasalen Systems zum Beispiel nach Operationen, können mit Blutungen unterschiedlicher Stärke einhergehen.

 

Unabhängig davon, ob ein Bruch des Nasenbeins oder der Nasenscheidewand vorliegt, spielen auch Unfälle, sprich: Stürze (Abbildung 3) beziehungsweise äußere Einwirkungen durch Schläge, als Auslöser eine bedeutende Rolle. Sehr starke Blutungen treten nach einer Schädelbasisfraktur auf, bei der es zur Ruptur der Halsschlagader gekommen ist. Dies gilt als besonders gefährlicher Notfall (4).

 

Zahlreiche Risikofaktoren

 

Häufig liegen dem Nasenbluten mehrere Risikofaktoren zugrunde (2). Einige innere Erkrankungen erhöhen das Blutungsrisiko. Das sind zum einen Leiden, die mit Störungen der Blutgerinnung einhergehen. So ist regelmäßiges Nasenbluten oftmals Zeichen eines Mangels an Gerinnungsfaktoren (5). Nicht zuletzt das Willebrand-Syndrom als häufigste autosomal-dominant vererbbare hämorrhagische Angiohämophilie ist durch eine oftmals schwer stillbare Blutungsneigung gekennzeichnet.

Blutungen aus der Nase können jedoch zum anderen auch durch eine schwere Hepatitis, akute Leberdystrophie oder aber eine Leberzirrhose hervorgerufen werden. Selten liegt ein Vitamin-K-Mangel durch Malabsorptionssyndrome im Rahmen spezifischer Darmkrankheiten wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa oder aber eines Verschlussikterus vor (6, 7).

 

Thrombozytopenie durch einen Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure kann Ursache einer Epistaxis sein. Bestimmte Erkrankungen wie beispielsweise die Antikörper-vermittelte idiopathische thrombozytopenische Purpura (Morbus Werlhof) bewirken einen vorzeitigen Thrombozytenuntergang, der gleichermaßen zur Epistaxis führt.

 

Thromobozytenveränderungen durch Krebs-Erkrankungen, Strahlen- oder Zytostatika-Therapie (Abbildung 4) und hier insbesondere Cyclophosphamid, Thiotepa und Carboplatin (CTC-Schema) lösen als Nebenwirkung oftmals Nasenbluten aus. Gleiches gilt für chronische Niereninsuffizienzen, aber auch durch Nikotinkonsum oder Diabetes mellitus bedingte artheriosklerotische Gefäßschäden (6, 7).

 

Wissenschaftlich belegt ist der Zusammenhang zwischen der Dauer von Bluthochdruck und der Länge und Stärke einer Epistaxis (2, 7). Das Risiko, unter regelmäßigem Nasenbluten zu leiden, steigt mit dem gleichzeitigen Auftreten eines Diabetes mellitus und arterieller Hypertonie.

 

Ausschluss von Grunderkrankungen

 

Weitere, auch seltene Grunderkrankungen müssen ausgeschlossen werden. So sind Schäden an den Gefäßwänden häufig immunologisch bedingt.

 

Die nach dem gleichnamigen Würzburger Internisten und Berliner Pädiater benannte »Purpura Schönlein-­Henoch« als durch Blutgerinnungsstörungen hervorgerufene exanthemische Hautblutung tritt meist im Vorschulalter auf. Ausgelöst durch Infekte, Arzneimittel oder Medikamente kommt es gehäuft bei Jungen zu einer Immunkomplexvaskulitis, die mit flächenhaften Schleimhaut- und somit auch Nasenblutungen einhergeht.

Oftmals tiefere Ursachen – Ein Fallbeispiel

Ein 66-jähriger Patient kommt mit anhaltendem linksseitigem Nasenbluten in die Universitätsklinik Rostock. Er leidet unter Bluthochdruck und nimmt regelmäßig Acetylsalicylsäure zur Therapie einer koronaren Herzkrankheit. Die Ärzte können zwar keine Blutungsquelle erkennen, versorgen den Patienten jedoch mit einer vorderen Nasentamponade. Neun Monate später kommt es erneut zu einem anhaltenden linksseitigen Nasenbluten, wieder wird eine vordere Nasentamponade gelegt. Doch dieses Mal kommt die Blutung nicht zum Stillstand. Der Hämoglobingehalt fällt auf 5,7 mmol/l (9,18 g/dl) ab. Es wird eine Angiographie, das heißt eine röntgenologische Darstellung der Gefäße im Kopfbereich, durchgeführt. Dabei kann eine direkte pathologische Gefäßverbindung zwischen Arterien und Venen in der Keilbeinhöhle nachgewiesen werden, die durch einen im höheren Alter häufig auftretenden altersbedingten Gefäßumbau infolge Artherosklerose und Hypertonus entsteht. Mit Hilfe einer Katheter-Embolisation und Applika­tion intraluminaler spezifischer Verschluss­materialien können die zuführenden Gefäße »abgedichtet« und die Blutung zum Stillstand gebracht werden (9).

Bei der nach dem gleichnamigen Pathologen benannten »Wegener-Granulomatose« handelt es sich um eine seltene nekrotisierende Vaskulitis, die gegebenenfalls eine Granuolombildung in der oberen Nase bewirkt. Betroffen sind zumeist Männer zwischen dem 30. bis 50. Lebensjahr. Schon das Initialstadium kann Beschwerden im Nasen-Rachenraum mit Entzündungen der kleinen und mittelgroßen Blutgefäße sowie chronischem blutigem Schnupfen hervorrufen (6).

 

Auch die nach dem kanadischen Mediziner William Osler benannte Osler-Krankheit (»Morbus Osler-Rendu-Weber«) ist erblich bedingt und durch zahlreiche angiomatöse Teleangiektasen, also Erweiterungen kleiner oberflächlicher Hautgefäße und Knötchen unter anderem an der Nasen- und Mundschleimhaut, charakterisiert. Nasenbluten gehört zu den Leitsymptomen (6).

Frauen können in der Schwangerschaft verstärkt zur Epistaxis neigen, da sich aufgrund des hohen Progesteronspiegels die Gefäße in der Nase erweitern (Abbildung 5 [Steht aus rechtlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung.]).

 

Arzneimittel als Auslöser

 

Neben dem Konsum von Nikotin und Alkohol kann die Einnahme zahlreicher Arzneimittel zu Nasenbluten führen. Hier stehen Thrombozytenaggregationshemmer wie Acetylsalicylsäure und Antikoagulanzien wie Cumarinderivate oder Heparine ganz oben auf der Liste der möglichen Auslöser (2).

 

Auch bei der Einnahme von Phosphodiesterase-5-Hemmern (PDE-5-Inhibitoren) wie Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil ist als Nebenwirkung oftmals eine Epistaxis zu registrieren, da diese Medikamente die Gefäße erweitern und die Thrombozytenfunktion hemmen (8). Das Neuroleptikum Risperidon hemmt die Thrombozytenaggregation und die Gefäßverengung, sodass auch hier ein erhöhtes Risiko für Epistaxis besteht (2, 8).

 

Sofortiges Handeln angesagt

 

Berichtet ein Patient in der Apotheke über regelmäßiges Nasenbluten, so sollte diesem, gegebenenfalls nach Prüfung auch der eingenommenen Medikamente, zur umgehenden ärztlichen Konsultation geraten werden, damit eine entsprechende Anamnese, die Erhebung der Laborparameter beziehungsweise endoskopische oder bildgebende Untersuchungen wie Röntgen, Sonografie, Computer- und Magnetresonanztomografie in die Wege geleitet werden können.

 

Bei plötzlichem Nasenbluten zum Beispiel nach einem Unfall oder aber nach Fremdkörperaspiration muss umgehend ein Notarzt gerufen werden. Wichtig ist, den Patienten zu beruhigen, weil Aufregung das Nasenbluten verstärkt. Da ein Kind, das zum ersten Mal aus der Nase blutet, häufig unter Angstzuständen leidet, ist es in diesem Fall besonders wichtig, Gelassenheit zu zeigen, um eben diese vermitteln zu können.

To do or not to do – Empfehlungen in der Apotheke

Starkes Schnäuzen oder Nasenbohren meiden.

Möglichst nicht rauchen und wenig Alkohol trinken.

Ein feuchtes und frisches Raumklima schaffen, um die Nasenschleimhaut weich und elastisch zu halten.

Zu Pflanzen in der Wohnung raten, da diese die Luftfeuchtigkeit erhöhen.

Ein Befeuchtungssystem oder ein Inhaliergerät mit entsprechender Beratung anbieten.

Zur ausreichenden Zufuhr von Flüssigkeit in Form von Wasser und Tee raten, gegebenenfalls zwei Liter pro Tag wenn keine Kontraindikation, so zum Beispiel Herzinsuffizienz, vorliegt.

Trockene Schleimhäute mit Nasensalben, zum Beispiel mit Dexpanthenol, pflegen. Auch isotonische Kochsalz-Inhalationen, Nasen-Tropfen, Nasenduschen und -Spülungen können helfen, die Schleimhaut feucht zu halten.

 

Da gefäßverengend, gelten Eisbeutel, feuchte Handtücher oder Kühlkompressen im Nacken Studien gemäß als sinnvoll. Der Einsatz blutstillender Watte mit Calciumalginat beziehungsweise die Nutzung von Gelatineschwämmen entspricht heute nicht mehr dem Therapiestandard. Hingegen werden Nasentropfen und -salben zum Beispiel mit Oxymetacolin auch zur Therapie und Vorbeugung angewendet. Auch der Einsatz von Gerbstoffen gilt als obsolet.

 

Sowohl von der US-Amerikanischen Fachgesellschaft »American Academy of Otolaryngology« (10) als auch von den »HNO-Ärzten im Netz« (11) wird zudem das Vorbeugen des Kopfes bei aufrechter Lagerung des Patienten im Sitzen oder Stehen unter minutenlangem Zusammenpressen der Nasenflügel empfohlen. Sinnvoll ist es zudem, das auslaufende Blut durch ein Tuch oder in einem Gefäß aufzufangen (Abbildung 6).

 

Das Deutsche Medizin-Forum (12) rät »bei leichteren Blutungen im vorderen Bereich die Nasenflügel gegen die Nasenscheidewand zu komprimieren. Durch einen aufgerichteten Oberkörper wird die Blutzufuhr zum Kopf gesenkt und das Blut nicht so leicht verschluckt. Ein Eisbeutel im Nacken bewirkt eine reflektorische Vasokonstriktion der die Nasenschleimhaut versorgenden Gefäße«.

Keinesfalls den Kopf in den Nacken legen. Auch Liegen ist gefährlich, da Blut in die Atemwege gelangen kann. Außerdem löst Blut, das in die Speiseröhre und den Magen läuft, gegebenenfalls Übelkeit und Erbrechen aus. Das Kühlen von Nase und Stirn zur Blutstillung gilt als veraltet (8).

 

Der Arzt wird bei gleichzeitiger Kontrolle von Blutdruck und Puls zunächst das Blut aus Nase und Nasenrachenraum absaugen beziehungsweise – zur Verringerung der lokalen Durchblutung – Lokalanästhetika mit Vasokonstrik­toren wie Lidocain in Kombination mit Epinephrin einsetzen (8).

 

Hält die Blutung trotz Absaugen, Kompression, Kühlen oder Vasokons­triktion an, wird er eine Koagulation, sprich: Verödung der Blutungsquelle in die Wege leiten. Anstelle der früher üblichen Verätzung mit 10- bis 15-prozentiger Silbernitratlösung wird heute die einfacher durchführbare Elektrokoagulation angewandt (8).

 

Die Kryotherapie wird nur noch selten eingesetzt (8). Bei dieser Methode wird als Kühlmittel beispielsweise flüssiger Stickstoff direkt auf die Nasenschleimhaut aufgebracht.

 

Nasen- und Ballontamponaden

 

Bei starken und rezidivierenden Formen der Epistaxis sowie bei Blutungen der hinteren Nasenabschnitte muss sehr häufig auf Nasentamponaden zurückgegriffen werden. Am häufigsten werden in Deutschland quellende Schaumstoff-, Fingerlings- und Salben­streifen- tamponaden genutzt.

 

Studien gemäß zeichnen sich die quellfähigen Schaumstofftamponaden durch die Möglichkeit der Wahl einer Vielzahl von Materialien aus, die gleichermaßen mit wundheilenden, antibakteriellen oder blutgerinnungsfördernden Wirkstoffen beschichtet werden können. Als unumgänglich gilt die Beschichtung aller Tamponaden mit Aureomycin zur Verhinderung von Infektionen.

 

Fingerlingstamponaden bestehen aus einem von einem Latex- oder Silikonmantel umhüllten Schaumstoffkern und können verhältnismäßig leicht in die Nase eingeführt werden. Oft reicht der Druck jedoch nicht aus, um eine schwere Blutung zum Stillstand zu bringen.

Salbenstreifentamponaden passen sich besser den anatomischen Verhältnissen an. Bei starken Blutungen sind sie wesentlich wirksamer als Schaumstoff- oder Fingerlingstamponaden, da durch exaktes Anmodellieren der Salbenstränge an die Nasenwand die optimale Okklusion der Nasenhöhle erzielt werden kann. Nachteilig ist der geringe Tragekomfort (2, 8). Ballontamponaden üben einen hohen Druck aus und werden bei starken Blutungen eingesetzt.

 

Anstelle der Tamponade kann die »hot water irrigation« (HWI) durchgeführt werden, bei der die Nasenhöhle mit etwa 50 °C warmem Wasser gespült wird. Vorteilhaft ist, dass dieses Verfahren von den Patienten gut vertragen wird. Allerdings ist der Behandlungserfolg geringer als bei den Tamponade-Verfahren (2, 8).

 

Generell können nasale Tamponaden zu Komplikationen wie schweren Durchblutungsstörungen der Schleimhaut, Hypoxie, Sinusitis und Aspiration der Tamponade oder aber toxischen Schocksyndromem führen, so dass die stationäre Überwachung unumgänglich werden kann (8).

 

Unfälle und Verletzungen

 

Insbesondere bei schwerem Nasenbluten zum Beispiel durch Gesichts- oder Schädelverletzungen ist der Blutverlust oftmals lebensgefährlich. Hier kann es notwendig werden, die Blutung gegebenenfalls durch Unterbindung der Arteria carotis externa zum Stillstand zu bringen. Hinteres Nasenbluten kann durch den Verschluss der Äste der Arteria sphenopalatina gestoppt werden (8).

 

Mithilfe der Lasertherapie werden Gefäße durch Lichtkoagulation verödet. Erfahrungen mit verschiedenen Laserformen wie Argon-, KTP-, Nd:YAG-, Dioden- oder CO2-Laser liegen besonders bei immer wiederkehrendem Nasenbluten im blutungsfreien Intervall vor.

 

Im Vergleich zu herkömmlichen Therapieverfahren liegt zum Beispiel der Vorteil des KTP-Lasers in der selektiven Therapiemöglichkeit unter weitgehender Schonung gesunden Gewebes. Er erlaubt zumeist ein blutungsfreies, präzises Arbeiten sowie eine unkomplizierte, relativ schnelle Wundheilung. Ein KTP-Laser nutzt als aktives Medium – wie die Abkürzung besagt – Kaliumtitanylphosphat und produziert Laserlicht innerhalb des sichtbaren Spektrums. Dieses wird stark im Hämoglobin absorbiert, sodass eine selektive Koagulation von vaskulären Hautveränderungen möglich ist.

 

Der Nd:YAG-Laser wiederum nutzt als aktives Medium einen Neodym-dotierten Yttrium-Aluminium-Granat-Kristall. Auch dieses Laserlicht wird stark im Hämoglobin absorbiert und erlaubt somit die selektive Koagulation vaskulärer Gefäßschäden.

 

Bei akuter Epistaxis ist eine Lasertherapie nicht durchführbar, da die Sicht des Arztes durch die Blutung beeinträchtigt wird. Auch ist die Kraft des Laserstrahls während der Blutung an den Gefäßwänden nicht ausreichend effektiv (8).

 

Bei der interventionell-radiologischen Therapie wird unter radiologischer Kontrolle mit Hilfe eines Katheters Polyvinylalkohol, Gelatine oder Gewebekleber in das zu verschließende Blutgefäß eingeführt. Das für die Epistaxis verantwortliche Gefäß ist nur bei aktiver Blutung mit Hilfe von Kontrastmittel angiographisch erkennbar. Die Erfolgsquote ist hoch (8). /

Literatur

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Limberger, A., Zenner, H. P., HNO-Notfälle beim Hausbesuch. Internist 41 (2000) 731–732.

Folz, B. J., Kanne, M., Werner, J. A., Aktuelle Aspekte zur Epistaxis. HNO 56 (2008) 1157–1166.

Rote Liste 2011, Rote Liste Service GmbH Frankfurt (Main).

Boenninghaus, H.-G., Lenarz, T., HNO: Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Springer Berlin, 13. Aufl., 2007.

Schmidt, R. F., Lang, F., Heckmann, M., Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie. Springer Berlin Heidelberg, Auflage 31, 2010.

Fauci, A. S., et al., Harrison’s Principles of Internal Medicine, McGraw Hill New York, 17. Aufl., 2008.

Taeumer, T., et al., Stellenwert von Gerinnungsstörungen bei Patienten mit Epistaxis. HNO 59 (2011) 582–587.

Reiß, M., Reiß, G., Epistaxis: Ursachen, Diagnostik und Therapie. MMP 11 (2010) 410–417.

Schuldt, T., Dommerich, S., Rezidivierende Epistaxis bei unklarer Blutungsquelle. Betrachtung einer seltenen Differenzialdiagnose und der Therapie. HNO 2011.

American Academy of Otolaryngology. Nosebleeds. www.entnet.org/health information/nosebleeds.cfm, 2011

Deutsches Medizin-Forum, Nasenbluten (Epistaxis). Übersicht über Ursachen, Diagnostik, Therapieoptionen. www.medizin-forum.de/index.php?option=com_content&task=view&id=51&Itemid=141, 2011.

HNO-Ärzte im Netz. Nasenbluten: Kopf nach vorn und Nasenflügel zusammendrücken. www.hno-aerzte-im-netz.de/news/hno-news/nasenbluten_kopf_nach_vorn_und_nasenfluegel_zusammendruecken.html, 2011

 

Die Autorin

Claudia Borchard-Tuch studierte Medizin an der Universität Düsseldorf, erhielt 1982 die Approbation und schloss ein Jahr später ihre Promotion ab. Nach einer Tätigkeit als Assistenzärztin studierte sie Informatik an der Fernuniversität Hagen und schloss mit dem Diplom ab. Seit 1983 ist Borchard-Tuch freiberuflich als Autorin und Wissenschaftsjournalistin medizinischer Fachzeitschriften tätig.

 

Dr. med. Claudia Borchard-Tuch, Forsthofweg 9, 86441 Zusmarshausen, claudia.borchardtuch(at)googlemail.com

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