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Rheumatoide Arthritis

Biologika senken die Sterblichkeit

16.10.2012  15:02 Uhr

Von Annette Mende, Berlin / Vor 13 Jahren kam mit Infliximab das erste Biologikum auf den Markt. Seitdem werden die Daten von Patienten unter Biologika-Therapie weltweit in speziellen Registern gesammelt. Auswertungen zeigen jetzt: Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ist die Therapie nicht nur sicher, sie kann sogar das Leben verlängern.

Monoklonale Antikörper haben die Pharmakotherapie in vielen Indikationen revolutioniert. Mit diesen Wirkstoffen wurde es möglich, so gezielt wie nie zuvor in das Krankheitsgeschehen einzugreifen. Allerdings wusste man zunächst nur wenig über mögliche seltene Nebenwirkungen und Langzeit-Effekte der Substanzen. »Von Anfang an war daher klar, dass die Patienten unter Biologika-Therapie langfristig überwacht werden müssen«, sagte Professor Dr. Angela Zink vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin bei einer Pressekonferenz im Vorfeld des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Berlin.

Zink leitet das seit elf Jahren bestehende deutsche Biologika-Register Rabbit. Die Abkürzung steht für »Rheumatoide Arthritis: Beobachtung der Biologika-Therapie«. »Inzwischen können wir aufgrund der Registerdaten das Mortalitäts-, Krebs- und Infektionsrisiko der Patienten gut einschätzen«, sagte Zink. Seit Langem sei bekannt, dass die Lebenserwartung von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) verkürzt ist. »Bei Auswertung der Rabbit-Daten haben wir jetzt aber festgestellt, dass RA-Kranke eine normale Lebenserwartung haben, wenn es gelingt, die Krankheitsaktivität auf ein niedriges Niveau zu senken«, so die Epidemiologin.

 

Die Krankheitsaktivität in den Griff zu bekommen, ist also nicht nur der Schlüssel zum Therapieerfolg, sondern wirkt sich auch direkt auf die Sterblichkeit aus. Ein Grund für die verringerte Mortalitätsrate ist laut Zink, dass Biologika helfen, Corticosteroide einzusparen. »Die Krankheitsaktivität muss man senken, und zwar mit möglichst wenig Cortison«, fasste sie zusammen.

 

Auch auf die Höhe des Infektionsrisikos hat die Corticosteroid-Dosis einen mitbestimmenden Einfluss. Dass das Risiko für schwerwiegende Infektionen – insbesondere mit dem Tuberkulose-Erreger – unter einer Therapie mit Biologika steigt, haben neben den deutschen Rabbit-Daten verschiedene andere europäische Register gezeigt. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn daneben wirken sich auch andere Faktoren wie Alter, Komorbiditäten, Funktionsstatus, frühere Infektionen, Therapieverlauf und eben die Dosis der begleitenden Cortisontherapie auf das Infektionsrisiko aus. »Biologika erhöhen zwar das Infektionsrisiko. In der Summe kann es aber durch die Senkung der Krankheitsaktivität und die Einsparung von Glucocorticoiden niedriger sein als unter konventioneller Therapie«, erklärte Zink.

 

Ob das Infektionsrisiko den Nutzen einer Biologika-Therapie überwiegt, ist daher immer eine Einzelfallentscheidung. Hilfe bietet hier ein Score, den Mitarbeiter des Rabbit-Teams auf Basis der Registerdaten entwickelt und validiert haben. Er ist unter www.biologika-register.de für medizinische Fachkreise mit DocCheck-Passwort frei zugänglich.

 

Als die ersten Biologika auf den Markt kamen, die den Tumornekrosefaktor α (TNF-α) blockieren, befürchtete man, dass diese Arzneistoffe langfristig das Krebsrisiko der Patienten erhöhen könnten. Zink konnte jetzt diesbezüglich Entwarnung geben. Auswertungen mehrerer europäischer Register hätten übereinstimmend ergeben, dass das Risiko von RA-Patienten, an einem Lymphom oder einem soliden Tumor zu erkranken, unter der Therapie mit TNF-Blockern nicht erhöht ist. Einzig beim Hautkrebs gebe es aus einer US-amerikanischen Studie Hinweise auf ein erhöhtes Risiko. Diesen Verdacht konnten allerdings weder die Daten des deutschen Rabbit-Registers noch die seines britischen Pendants erhärten.

 

Die neuen Erkenntnisse zur Sicherheit der Biologika-Therapie sind unter anderem deshalb so wichtig, weil die Verordnungszahlen dieser Arzneimittel stetig steigen. Von den rheumatologisch betreuten Patienten erhält heute fast jeder Vierte (23 Prozent) ein Biologikum. Das deutsche Rabbit-Register enthält mittlerweile die Daten von fast 11 000 Patienten, europaweit sind mehr als 50 000 Patienten erfasst.

 

Unterhalt und wissenschaftliche Auswertung der Datenbanken erfolgen durch unabhängige Experten. Das Geld für diese Arbeit kommt von den Herstellern. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA verpflichtet sie dazu, sich an der Finanzierung der Register zu beteiligen. /

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