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Kinder mit Rheuma

Biologika erhöhen Krebsrisiko nicht

02.09.2015  10:37 Uhr

Von Annette Mende, Berlin / An Rheuma erkrankte Kinder haben kein erhöhtes Krebsrisiko, wenn sie über lange Zeit Biologika erhalten. Das zeigen übereinstimmend mehrere Langzeitstudien.

Diesbezügliche Befürchtungen standen im Raum, seit die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA 2009 vor einem erhöhten Risiko für Lymphome und andere bösartige Tumorerkrankungen bei mit TNF-α-Blockern behandelten Kindern gewarnt hatte. Aktuelle Unter­suchungen belegen zwar ein zwei- bis vierfach erhöhtes Krebsrisiko von rheuma­kranken Kindern und Jugendlichen. »Dieses Risiko besteht aber unabhängig davon, wie die Patienten behandelt werden«, sagte Professor Dr. Kirsten Minden von der Berliner Charité auf einer Pressekonferenz im Vorfeld des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie. Man gehe daher heute davon aus, dass es nicht auf die Bio­logika, sondern auf die Erkrankung selbst zurückzuführen sei.

Grundlage dieser Einschätzung bilden sieben große Untersuchungen mit insgesamt mehr als 20.000 Patienten, darunter zwei Studien aus Deutschland. Laut Minden zeigen sie auch eine äußert positive Entwicklung bei der Langzeitprognose der Patienten: Mit der heute möglichen frühzeitigen Kontrolle der Krankheitsaktivität seien die Folgeschäden deutlich zurückgegangen. Dauerhafte Gelenkschäden oder Organkomplikationen, zum Beispiel Visus­einbußen infolge der rheumatischen Augenentzündung, lägen heute beim Erreichen des Erwachsenenalters nur noch bei jedem vierten Patienten vor. »Vor 15 Jahren war das noch bei jedem Zweiten der Fall.« Mehr als die Hälfte, nämlich 60 Prozent der Betroffenen, erreichten heute mit voller Alltagsfunk­tion das Erwachsenenalter.

 

Gelenkrheuma bei Kindern, die juvenile idiopathische Arthritis (JIA), unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von Rheuma bei Erwachsenen. »Daher und auch weil die Erkrankung bei Kindern auf einen wachsenden Organismus trifft, sollten die Patienten von einem Behandlungsteam aus erfahrenen Spezialisten betreut werden«, sagte Minden. In der Regel erkranken Patienten bereits im Kleinkindalter an JIA. Eltern sollten hellhörig werden, wenn ihr Kind eine Schonhaltung einnimmt, bestimmte Bewegungen vermeidet oder häufig getragen werden möchte. Auch Schwellungen großer Gelenke, etwa des Knies, sind ein Warnsignal.

 

»Früher führte die JIA schicksalhaft zur dauerhaften Behinderung der Betroffenen und senkte auch ihre Lebenserwartung«, informierte Minden. Mittlerweile sei die Erkrankung sehr gut behandelbar. Als Basistherapeutikum kommt vor allem Methotrexat zum Einsatz, daneben sind fünf Biologika in dieser Indikation zugelassen: die TNF-α- Hemmer Etanercept (Enbrel®) und Adalimumab (Humira®), der IL-1β-Antagonist Canakinumab (Ilaris®), der IL-6-Blocker Tocilizumab (Roactemra®) und der CTLA-4-Inhibitor Abatacept (Orencia®). /

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