Pharmazeutische Zeitung online
Steuertipp

Gericht kippt Arbeitszimmerregelung

31.08.2010  15:25 Uhr

Von Carmen Brünig / Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine vor allem von Lehrern und Außendienstmitarbeitern lang erwartete Entscheidung gefällt: Die Karlsruher Richter kippten das seit 2007 geltende Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Auch für Apotheker kann das Urteil von Interesse sein.

Seit 2007 können Aufwendungen für ein Arbeitszimmer steuerlich nur noch berücksichtigt werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bildet. Bis 2007 war immerhin ein Abzug bis 1250 Euro möglich, wenn für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand oder wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 Prozent der gesamten Tätigkeit betrug.

 

Ein voller Abzug war möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bildete. Mit dem Steueränderungsgesetz 2007 wurde die beschränkte Abzugsmöglichkeit abgeschafft. Es war nur noch ein Abzug möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bildete – dann aber voll.

 

Lehrer klagt mit Erfolg

 

Gegen die Abschaffung der beschränkten Abzugsmöglichkeit klagte ein Hauptschullehrer, dem in der Schule für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichtes kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Das BVerfG gab ihm Recht. Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, rückwirkend auf den 1. Januar 2007 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen. Fraglich ist, ob der Gesetzgeber die alte, bis 2007 geltende Regelung in vollem Umfang wieder aufleben lässt oder einen beschränkten Abzug zum Beispiel bis zu 1250 Euro nur für die Fälle zulässt, in denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dann würde zum Beispiel ein Richter, der einen Arbeitsplatz im Gericht hat, aber zu mehr als 50 Prozent in seinem häuslichen Arbeitszimmer tätig ist, leer ausgehen. Anders sieht es aus, wenn der Richter unabhängig von seiner Haupttätigkeit eine wissenschaftliche Nebentätigkeit ausübt und ihm dafür kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Auch Apotheker können betroffen sein. Beispiel: Ein Pharmazeut hält neben seiner Tätigkeit als selbstständiger Apotheker Vorträge an der Uni. Für die Vorbereitung dieser Tätigkeit steht ihm nur das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung. Da der Apotheker für die Vortragstätigkeit keinen anderen Arbeitsplatz hat, kann er die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer von den Einnahmen für seine Vortragstätigkeit abziehen.

 

Einkommensteuerbescheide enthalten seit April 2009 einen sogenannten Vorläufigkeitsvermerk. Damit brauchten die Steuerzahler bei Nichtanerkennung eines Arbeitszimmers keinen Einspruch einlegen. Wenn ein solcher Vorläufigkeitsvermerk im Bescheid enthalten ist, können die Aufwendungen für das Arbeitszimmer auch beim Finanzamt noch nachgemeldet werden. Bei Bescheiden, die vor April 2009 verschickt wurden (zum Beispiel Steuerbescheid für 2007 in 2008), musste im Wege des Einspruchs gegen eine Nichtanerkennung des Arbeitszimmers vorgegangen werden. Wurde kein Einspruch eingelegt, kann nur noch eine Änderung des Bescheides erreicht werden, wenn der Bescheid einen Vorbehalt der Nachprüfung enthält.

 

Abwarten bis zur Neuregelung?

 

Das Bundesfinanzministerium hat bereits mit einem Schreiben vom 12. August auf den Beschluss des BVerfG reagiert und im Interesse der Bürger sowie aus verwaltungsökonomischen Gründen die Möglichkeit geschaffen, dass Steuerpflichtige schon jetzt Aufwendungen geltend machen können. Bürger können vor Verabschiedung einer neuen Gesetzesregelung einen Antrag auf Berücksichtigung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer stellen, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

 

Die Aufwendungen werden dann vorläufig bis zu einem Betrag von 1250 Euro als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt. Ohne ausdrücklichen Antrag reagiert das Finanzamt allerdings nicht. Durch die Verfahrensweise der Finanzämter wird einer gesetzlichen Regelung nicht vorgegriffen. Es kann durchaus sein, dass der Gesetzgeber eine andere Höchstgrenze festlegt. Daher werden die Steuerbescheide mit einem entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk versehen.

 

Aber auch wer die gesetzliche Neuregelung abwarten möchte, hat keine Nachteile und muss auch gegen jetzt ergehende Einkommensteuerbescheide keinen Einspruch einlegen.

 

Die Bescheide werden weiterhin mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen, sodass die Aufwendungen für das Arbeitszimmer beim Finanzamt auch noch nachgemeldet werden können. /

Mehr von Avoxa