Rückgaberecht bei Arzneimitteln? |
10.08.2009 14:51 Uhr |
Trotz der unklaren Rechtslage ist die Aufnahme des Ausschlusses des Widerrufs- und Rückgaberechts nach § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sinnvoll. Gegebenenfalls ist die Wirksamkeit des Ausschlusses auf dem Rechtsweg zu klären.
Textvorschlag:
Ausschluss des Widerrufs- und Rückgaberechts
Arzneimittel sind nach den Vorschriften über die Arzneimittelsicherheit Waren, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind und schnell verderben können. Nach § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB ist für diese Waren das Widerrufs- und Rückgaberecht ausgeschlossen.
Das Arzneimittelrecht verlangt auf der Ebene der professionellen Akteure für die Rücknahme von Arzneimitteln, dass Angaben zur Verkehrsfähigkeit gemacht werden. Werden keine Angaben gemacht, ist das Arzneimittel nach § 7b Abs. 2 Satz 1 AMGrHdlBetrV als nicht verkehrsfähig kenntlich zu machen, abzusondern und der Vernichtung zuzuführen.
Nach der Abgabe an den Patienten können keine arzneimittelrechtlich relevanten Angaben zur Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels mehr gemacht werden. Eine Rücknahme in den Warenkreislauf ist nicht mehr möglich. Das Arzneimittel ist arzneimittelrechtlich »verdorben«.
Würde man wie das AG Köln die Ausnahmeregelung des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB nicht auf Arzneimittel anwenden, wäre dies nicht interessengerecht. Denn der vollständige wirtschaftliche Verderb der Ware Arzneimittel setzt aufgrund der arzneimittelrechtlichen Bestimmungen mit dem Verlassen der Apotheke ein. Bei Rücknahme des Arzneimittels ist es wertlos, weil nicht mehr verkehrsfähig. Diese Folge tritt bei keiner anderen Ware ein. Das AG Köln verkennt diesen Mechanismus, wenn es das Risiko des Verderbs undifferenziert der Versandapotheke zuordnet.
Rechtliche Handelsbeschränkungen stehen der technischen Unmöglichkeit der Rücksendung gleich
Sicherheitsbestimmungen, die einer erneuten Abgabe von Arzneimitteln nach vorherigem Versand entgegen stehen sind entgegen der Auffassung des AG Köln dem Fall der technischen Unmöglichkeit der Rücksendung gleichzustellen. Nach der Auffassung von Mand ist eine derartige weite Auslegung des Wortlauts vor allem mit Blick auf den Regelungszweck von § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB geboten. Der Ausschlusstatbestand wurde eingefügt, weil das Widerrufsrecht erhebliche Missbrauchsmöglichkeiten eröffnen und unbillige Härten für den Verkäufer nach sich ziehen kann, falls die zurückgesandte Ware praktisch nicht mehr verkäuflich ist. Ob sich die fehlende Absetzbarkeit aus der tatsächlichen Beschaffenheit des Produktes oder aus den spezifisch für das Produkt geltenden Vertriebsvorschriften ergibt, ist insoweit unerheblich (Mand, aaO).
Unzumutbarkeit der Rücknahme
Aus dem Apothekenrecht ergibt sich eine weitere Besonderheit, die im Hinblick auf den Regelungszweck von § 312d Abs. 4 BGB bedeutsam ist. Die Apotheke hat beim Versandhandel gemäß § 11a Nr. 3. b) ApoG sicherzustellen, dass alle bestellten Arzneimittel geliefert werden, soweit sie im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes in Verkehr gebracht werden dürfen und verfügbar sind. Diese Verpflichtung kann dazu führen, dass Versandapotheken auch Kunden beliefern müssen, die bis an die Grenze des Missbrauchs Bestellungen tätigen und zurückgeben. Für die Apotheke würde die damit verbundene vollständige wirtschaftliche Entwertung der versandten Arzneimittel zu einer unzumutbaren Belastung führen, wenn sie die Rücknahme nicht ausschließen könnte. Es ist aber gerade der Zweck von § 312d Abs. 4 BGB, Missbrauch durch Kunden und unzumutbare Härten für den Versandhändler zu vermeiden. Die Auffassung des AG Köln steht dem Zweck der Norm diametral entgegen.
Auf aktuelle Fassung der Musterbelehrung achten
Bei Fernabsatzverträgen haben Verbraucher ein Widerrufsrecht (§ 355 BGB) oder Rückgaberecht (§ 356 BGB). Die Widerrufs- beziehungsweise Rückgabefrist beträgt grundsätzlich zwei Wochen. Die Frist beginnt jedenfalls nicht, bevor das Unternehmen den Verbraucher in Textform (etwa per E-Mail oder Telefax) über das Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt hat. Eine ordnungsgemäße Belehrung ist Voraussetzung dafür, dass das Widerrufs- oder Rückgaberecht grundsätzlich spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss erlischt. Um den Unternehmen eine ordnungsgemäße Belehrung zu erleichtern, hat das Bundesministerium der Justiz (BMJ) Musterbelehrungen über das Widerrufs- und Rückgaberecht erarbeitet, die in zwei Anlagen zur BGB-Informationspflichten-Verordnung enthalten sind. Wenn diese Muster verwendet werden, gelten die Anforderungen des BGB an eine ordnungsgemäße Belehrung als erfüllt. Die Muster wurden überarbeitet und sind seit dem 1. April 2008 in Kraft. Die Verwendung der aktuellen Muster ist sehr zu empfehlen. Sie stehen auf der Homepage des BJM unter www.bmj.de/bgbinfovo zur Verfügung.
*Rechtsanwalt Rainer Auerbach ist Geschäftsführer der Apothekerkammer Berlin