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Ebola

Impfstoff ist hocheffektiv

04.08.2015  16:08 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi / Der Impfstoff rVSV-ZEBOV gegen das Ebola-Virus scheint hocheffektiv und ausreichend sicher zu sein. Das zeigen die ersten Ergebnisse einer Phase-III-Studie in Guinea. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht sich »in der Nähe einer wirksamen Vakzine«.

»Das ist eine extrem vielversprechende Entwicklung«, sagt Margaret Chan, Direktorin der WHO, laut einer Pressemitteilung. »Ein effektiver Impfstoff wird ein weiteres wichtiges Mittel im Kampf gegen die aktuelle und gegen zukünftige Ebola-Epidemien sein.« Die Epidemie in Westafrika ist noch nicht ganz beendet. In Guinea und Sierra Leone treten noch vereinzelt Erkrankungen auf. Insgesamt erkrankten während dieses bislang größten Ebola-Ausbruchs fast 28 000 Menschen, 11 300 von ihnen starben an der Infektion. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.

 

Internationale Zusammenarbeit

Die Epidemie war Anlass, die Impfstoffentwicklung zu forcieren. Die Vakzine rVSV-ZEBOV der Firma MSD ist eine von zwei Impfstoffen gegen das Ebola-Virus, die derzeit in klinischen Studien in Westafrika getestet werden. Ende März startete in Guinea ein Feldversuch mit rVSV-ZEBOV, an dem neben der WHO unter anderen auch das norwegische Gesundheitsinstitut, die kanadische Regierung, guineische Behörden und die Organisation Ärzte ohne Grenzen beteiligt waren. Die Ergebnisse der ersten Zwischenauswertung haben nun Forscher um John-Arne Røttingen vom norwegischen Gesundheitsinstitut im Fachjournal »The Lancet« veröffentlicht (DOI: 10.1016/ S0140-6736(15)61117-5).

 

Bei rVSV-ZEBOV handelt es sich um eine Lebendvakzine, die auf dem Vesicular stomatitis virus (VSV) basiert. Dem Genom dieses replikationsfähigen viralen Vektors wurde das Gen des Ebola-Virus eingefügt, das für das Oberflächen-Glykoprotein (GP) kodiert. Gegen dieses Antigen richtet sich dann die Immunantwort bei Geimpften. Bei der Phase-III-Studie mit dieser Vakzine wendeten die Forscher eine Ring-Immunisierung an: Allen Kontakten von nachweislich Infizierten und deren Kontakten sowie medizinischem Personal wurde eine Impfung angeboten. Dabei wurden die Probanden in Cluster eingeteilt und diese auf zwei Gruppen randomisiert: 48 Cluster mit insgesamt 4123 Personen erhielten sofort eine Impfung und 42 Cluster mit 3528 Personen erhielt eine Impfung nach 21 Tagen.

 

Während in der Gruppe mit sofortiger Impfung kein Proband erkrankte, traten in der Gruppe mit verzögerter Vakzinierung insgesamt 16 laborbestätigte Ebola-Erkrankungen auf. Als Erkrankung wurden nur solche Fälle gewertet, bei denen die Symptome mindestens zehn Tage nach der Randomisierung auftraten. Da die Inkubationszeit etwa zehn Tage dauert, konnte somit ausgeschlossen werden, dass Infektionen mitgerechnet wurden, die schon vor der Immunisierung bestanden.

 

Die Wirksamkeit der Impfung betrage somit bis zu 100 Prozent, berichten die Forscher, wobei die Schutzwirkung innerhalb von sechs Tagen nach der Applikation einsetzte. Auch die Sicherheit scheint gut zu sein: Insgesamt wurden nur 43 schwere Nebenwirkungen beobachtet, von denen die Studienleiter bislang eine Fieberepisode kausal mit der Vakzinierung in Verbindung bringen konnten. Die Bewertung der Nebenwirkungen dauere aber noch an, so die Forscher.

 

Rasch einsetzen

 

Die Ergebnisse der Zwischenauswertung seien bemerkenswert, kommentiert Jeremy Farrar vom Wellcome Trust, der die Studie mitfinanziert hat. Sie zeigten, dass diese kritische Forschungsarbeit auch in den Wirren einer Epidemie möglich sei. Auch Bertrand Draguez, medizinischer Leiter bei Ärzte ohne Grenzen, äußert sich positiv: »Es handelt sich um einen einzigartigen Durchbruch – doch wir brauchen noch mehr Daten, um sagen zu können, wie wirksam diese Prävention tatsächlich ist. Unklar ist zum Beispiel noch, wie schnell der Schutz einsetzt und wie lang er anhält.« Dies müsse noch weiter erforscht werden.

 

Dennoch spricht sich Draguez für einen raschen Einsatz der Vakzine aus: »Nachdem wir wissen, dass der Impfstoff wirkt, sollten diejenigen, die ihn am dringendsten brauchen, ihn unbedingt so schnell wie möglich bekommen, um die existierenden Übertragungsketten zu unterbrechen. Der gezielte Ansatz der klinischen Studie sollte sofort auf weitere Personen, die ebenfalls einem hohen Risiko ausgesetzt sind, ausgeweitet werden.« Groß angelegte Impfkampagnen seien nicht nötig, da Neuinfektionen nur lokal begrenzt auftreten und die Impfstoffmenge begrenzt ist. /

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