Aspirin im Drogeriemarkt |
03.08.2010 17:36 Uhr |
Von Daniel Rücker / Die Monopolkommission mag keine regulierten Märkte. Deshalb beschäftigt sie sich immer wieder mit den Apothekern. So auch am vergangenen Samstag, als Kommissions-Chef Justus Haucap die Leser der »Bild«-Zeitung über den dringenden Reformbedarf bei Apotheken informierte.
Vor gut zwei Wochen hatte Haucap das Jahresgutachten seiner Kommission vorgestellt. Wie in den Vorjahren forderte das Gremium die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes, den Einstieg in die Freigabe der Preise für rezeptpflichtige Arzneimittel und den Wegfall der Zuzahlung für Patienten – wenig Neues also.
Am vergangenen Samstag legte Haucap dann aber in Deutschlands größter Boulevardzeitung nach. Im Gegensatz zu anderen Akteuren im Gesundheitswesen kämen die Apotheker bei der anstehenden Gesundheitsreform wieder ungeschoren davon, behauptete Haucap, der das Gesetzgebungsverfahren entweder besser als die Apotheker oder gar nicht kennt.
Bemerkenswert ist auch Haucaps Vorschlag, Aspirin und andere »nicht beratungsintensive Medikamente« in Zukunft auch über Drogeriemärkte zu verkaufen. Woher der Ökonom sein Wissen über das Risikopotenzial von Analgetika nimmt, bleibt an dieser Stelle offen. Anscheinend entgangen ist ihm, dass Experten sogar über die Einführung einer Verschreibunsgpflicht für zahlreiche apothekenpflichtige Schmerzmittel nachgedacht haben. Haucap wünscht sich dagegen einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu solchen Medikamenten. Preiswert sollen sie sein und gut verfügbar.
Fehlen darf bei einem solchen Rundumschlag natürlich auch nicht der Verweis auf das viel zu hohe Honorar für Apotheker bei der Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln. 8,10 Euro seien zu viel. Als Beispiel für die exorbitante Gewinnmarge hält dann natürlich kein patentgeschütztes Präparat her, sondern das in diesem Fall gerne genommene Doxicyclin mit einem Einkaufspreis von 48 Cent.
Haucap schlägt – nicht als Erster – vor, das Apothekerhonorar freizugeben. Auf einen Teil könnten Apotheker dann zugunsten ihrer Kunden verzichten. Inwieweit dies ein Beitrag zur Verbesserung der Beratung oder der Therapietreue ist, bleibt offen. Die Monopolkommission bewertet die Arzneimittelversorgung ganz offensichtlich allein nach ökonomischen Kriterien.
Ganz abschaffen will Haucap die Rezeptgebühr. Sein Vorschlag für die Gegenfinanzierung ist interessant: »Dafür könnten die Apotheker weniger Zeitschriften, Taschentücher oder Traubenzucker verschenken. Hätten die Patienten die Wahl, würden sie lieber Geld sparen und auf die Giveaways verzichten.«
Der Vorschlag lässt den Leser ein wenig ratlos zurück. Haucap sollte wissen, dass die Rezeptgebühr nicht dem Apotheker zusteht, sondern dieser nur das Inkasso für die Krankenkassen übernehmen muss. Zudem müsste auch Haucap wissen, dass die Zuzahlung auf Arzneimittel mindestens 5 Euro beträgt. Selbst die teuersten Apothekenzeitschriften kommen an diesen Wert nicht im Entferntesten heran.
Bei so vielen sachlichen Fehlern müsste man sich eigentlich keine weiteren Gedanken über Haucaps Vorschläge machen, wäre die Monopolkommission nicht ein Beratergremium der Bundesregierung. Bislang ist die allerdings auf die Vorschläge zur Deregulierung des Arzneimittelmarktes nicht eingegangen. /