Regierung sieht keine Probleme |
22.07.2015 09:55 Uhr |
Von Anna Hohle / Die Bundesregierung sieht mit Blick auf mangelhafte Hilfsmittel keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Das geht aus ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor. Ausschreibungen über Hilfsmittel will die Koalition demnach nicht infrage stellen. Sie seien schlicht notwendiges Mittel, um Kosten zu sparen.
Die Grünen wollten wissen, ob die Regierung etwas gegen die zunehmenden Beschwerden aufgrund qualitativ minderwertiger Hilfsmittel tun will. Seitdem die Krankenkassen die Belieferung ihrer Patienten etwa mit Inkontinenzeinlagen oder Gehhilfen frei ausschreiben dürften, häuften sich Beschwerden von Patienten und pflegenden Angehörigen, so die Grünen. Auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) stelle bei Prüfungen häufiger Mängel fest.
Keine Beratung
Auch die Versorgung mit Hilfmitteln für Diabetiker läuft zunehmend über Ausschreibungen – nicht immer zum Vorteil der Patienten.
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Patienten bekämen ihre Hilfsmittel von einer wachsenden Zahl unterschiedlicher Firmen aus der ganzen Bundesrepublik zugesendet, teils würden die Produkte gar nicht mehr angepasst oder repariert. Auch eine Beratung und Einweisung falle oftmals einfach weg oder finde lediglich am Telefon statt, so die Partei. Nicht zuletzt erhielten viele Patienten einfach zu wenige Hilfsmittel, zum Beispiel nicht genügend Windeln. All diese Mängel führten dazu, dass Kranke oder Angehörige draufzahlen müssten, wenn sie eine bessere Qualität oder eine ausreichende Anzahl von Hilfsmitteln wünschten.
Die Bundesregierung sieht die Situation weit weniger dramatisch. Die Ausgaben der Krankenkassen für Hilfsmittel seien von 2012 bis 2014 von 6,46 auf 7,44 Milliarden Euro gestiegen. Dieses Plus von rund 1 Milliarde Euro deute nicht auf drastisches Sparen hin, erklärt die parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz (CDU), in der Regierungsantwort. Auch sei der Anteil der Ausschreibungen gar nicht so hoch, lediglich 5 bis 10 Prozent des gesamten Ausgabenvolumens für Hilfsmittel entfielen auf entsprechende Verträge.
Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Zahl der Beschwerden wegen mangelhafter Hilfsmittel gestiegen sei. Beim Bundesversicherungsamt, das die Aufsicht über Beschwerden zu Krankenkassen führt, seien 2014 mit einem Anteil von 7,5 Prozent an allen Beschwerden nicht mehr Klagen zu Hilfsmitteln eingegangen als in den Jahren zuvor. Lediglich beim Obudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung sei der Anteil der Beschwerden zu Hilfsmitteln seit 2009 deutlich gestiegen, so Widmann-Mauz.
Wirtschaftliche Versorgung
Die Regierung spricht von »Wirtschaftlichkeitspotenzialen«, die mithilfe der Ausschreibungen erschlossen werden müssten. Grund sei der demografische Wandel, immer mehr alte Menschen benötigten nun einmal immer mehr Hilfsmittel. Kosteneinsparungen dürften natürlich nicht zulasten der Versorgungsqualität gehen, die Versorgung müsse stets zumutbar sein. Allerdings seien Aufzahlungen häufig nicht zu vermeiden. Dem Anliegen der Versicherten stünde hier »das berechtigte Interesse der Solidargemeinschaft an einer möglichst wirtschaftlichen Erbringung notwendiger Leistungen gegenüber«, führt Widmann-Mauz aus.
Über den Vorwurf, Patienten würden nicht genügend beraten, zeigt sich die Regierung verwundert. Das Gesetz sehe klar vor, dass nur solche Unternehmen von den Kassen mit der Belieferung von Hilfsmitteln beauftragt werden dürfen, die auch kompetent beraten können. Hier existiere ein »lückenloses gesetzliches Regime«.
Widmann-Mauz kündigte dennoch an, die Regierung werde ihr Augenmerk künftig stärker auf die Qualität in der Hilfsmittelversorgung legen und kontrollieren, ob diese vertragskonform durchgeführt wird. Auch das Thema Beratung und Einweisung werde dabei nicht ausgeklammert. »Ob diesbezüglich gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, wird die Bundesregierung prüfen«, so die Staatssekretärin. /