Kassen ignorieren Qualitätsvorgaben |
05.09.2018 10:22 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Die Probleme in der Versorgung mit Inkontinenz-Artikeln reißen nicht ab. Zwar hatte die Politik 2017 ein Gesetz für mehr Qualität in der Hilfsmittel-Versorgung auf den Weg gebracht, doch offenbar halten sich die Krankenkassen nicht immer an die darin verankerten Regeln.
Auch 2017 haben sich wieder zahlreiche Patienten über die Versorgung mit Inkontinenz-Produkten beschwert, wie das Bundesversicherungsamt (BVA) in seinem aktuellen Tätigkeitsbericht schreibt. Die Zahl der Beschwerden sei kontinuierlich hoch, heißt es. In vielen Fällen war demnach die schlechte Erreichbarkeit der Leistungserbringer das Problem.
Wer unter Inkontinenz leidet, braucht zuverlässige Hilfsmittel. Viele Betroffene fühlen sich jedoch nicht gut versorgt.
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Laut BVA muss die Beratung beim Einsatz von Hilfsmitteln jedoch grundsätzlich sichergestellt und die Versorgung letztlich wohnortnah garantiert werden. Das müssten die Kassen mit den Anbietern im Rahmen ihrer Verträge regeln. In einigen Fällen habe man sie daher ermahnt, ihre Vertragspartner an die vereinbarten Pflichten zu erinnern.
Mit dem Gesetz aus dem vergangenen Jahr hatte die damalige Bundesregierung auch festgelegt, dass die Krankenkassen bei Ausschreibungen von Hilfsmitteln nicht nur auf den besten Preis schielen dürfen, sondern auch die Qualität stärker berücksichtigen müssen. Einige Kassen hätten diese neuen Vorgaben allerdings kaum beachtet, beklagt das BVA.
Nach Meinung der Behörde müssen qualitative Anforderungen zu mindestens 50 Prozent in die Auswahlentscheidung der Kasse einfließen. »Eine angemessene Berücksichtigung von Qualitätskriterien liegt indessen nicht vor, wenn es sich um Anforderungen handelt, die für eine Präqualifizierung oder Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis ohnehin erfüllt sein müssen«, betont die Behörde. Offenbar hatten sich einige Kassen mit ihren Verträgen an genau diesen Maßstäben orientiert.
Weitgehend lobende Worte findet das Bundesversicherungsamt hingegen für den Umgang der Kassen mit Verordnungen von Medizinalhanf. Seit März 2017 dürfen Ärzte unter bestimmten Voraussetzungen Cannabisblüten verschreiben. Stellt die Praxis das erste Rezept für einen Patienten aus, muss die Krankenversicherung allerdings zunächst ihr Okay geben. Dabei hätten die Kassen ihre Entscheidung in der Regel verantwortungsvoll anhand der im Gesetz verankerten Anspruchsvoraussetzungen getroffen, schreibt das BVA.
Das Bundesversicherungsamt ist als Aufsichtsbehörde für die deutschlandweit tätigen Krankenkassen zuständig. Dabei kümmert es sich unter anderem um die Bearbeitung von Beschwerden über diese Kassen. /