Brüche sind häufig vermeidbar |
24.07.2012 10:15 Uhr |
Von Johannes Pfeilschifter, Essen / Osteoporose-bedingte Brüche haben oft gravierende Folgen mit bleibenden Einbußen an Selbstbestimmung und Lebensqualität. Dieses ist besonders fatal angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der Frakturen bei rechtzeitiger Therapie vermieden werden könnte.
Die durch eine Verminderung der Knochenmasse und -architektur bedingte unzureichende Knochenfestigkeit kann zu Einbrüchen der Wirbelkörper und einer Zunahme Sturz-assoziierter Brüche führen. Die nachfolgenden Empfehlungen zur Vermeidung Osteoporose-assoziierter Frakturen stützen sich auf die S3-Leitlinie »Osteoporose« des »Dachverbands Osteologie (DVO)« und berücksichtigen wichtige neue Studienerkenntnisse seit der letzten Aktualisierung der Leitlinie.
Die Überzahl der jährlich durch Osteoporose und Sturz bedingten peripheren Frakturen wird bei circa zwei Prozent der Frauen und circa einem Prozent der Männer im Alter von 50 bis 80 Jahren registriert.
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Häufigkeit und Ursachen
Die Prävalenz einer Osteoporose liegt bei Frauen im Alter von 50 bis 60 Jahren bei etwa 15 Prozent. Sie steigt auf 45 Prozent im Alter von mehr als 70 Jahren. Bei Männern beträgt die Prävalenz einer erniedrigten Knochendichte am Oberschenkelhals im Alter von 50 bis 60 Jahren 2,4 Prozent und steigt im Alter von mehr als 70 Jahren auf 17 Prozent (2).
Ein Prozent aller 50- bis 80-jährigen Frauen erleidet in Deutschland pro Jahr eine radiologisch nachweisbare osteoporotische Sinterungsfraktur durch das »Zusammensinken« der Wirbelkörper. Bei den Männern dieser Altersgruppe sind es 0,6 Prozent. Die meisten der jährlich durch Osteoporose und Sturz bedingten peripheren Frakturen werden bei 1,9 Prozent der Frauen und 0,7 Prozent der Männer dieser Altersklasse beobachtet.
Sowohl periphere als auch Wirbelkörper-Frakturen, die auf eine Osteoporose zurückzuführen sind, nehmen bis ins hohe Lebensalter exponentiell zu, sodass die Mehrzahl dieser Frakturen in späten Jahren zu registrieren ist.
Die Osteoporose ist in der Regel eine multifaktorielle Erkrankung. Einzelkomponenten, die für die Stabilität des Knochens wichtig sind, sind die Knochengröße, die Knochendichte, die Mikroarchitektur des Knochens und die jeweilige mechanische Krafteinwirkung, der der Knochen ausgesetzt ist.
Angenommen wird, dass 50 bis 80 Prozent der Variabilität der Knochen-Dichte und -Qualität genetisch bedingt sind. Die wichtigsten bekannten beeinflussbaren Risikofaktoren der Knochenmasse sind die Sexualhormone und die Muskelkraft, die auf den Knochen Einfluss nimmt.
Brüche des Oberschenkelknochens zählen zu den häufigsten Frakturen im Rahmen einer Osteoporose.
Frakturen und Komplikationen
Die Osteoporose manifestiert sich klinisch durch Frakturen und deren Folgekomplikationen. Sinterungsfrakturen der Wirbelsäule gehören zu den charakteristischsten Manifestationen einer Osteoporose. Bei zu hoher Krafteinwirkung auf mechanisch geschwächte Wirbelkörper kann es zur Verformung ihrer Vorderkante (Keilwirbel) oder ihrer Deck- und Grundplatten (Fischwirbel) kommen.
Die häufigsten peripheren Frakturen im Rahmen einer Osteoporose sind Frakturen des Oberschenkelknochens, des Unterarms, des proximalen Humerus, also Oberarmknochens, der Hüfte, des Beckens, der Tibia, also des Schienbeins, sowie der Rippen und des Schlüsselbeins. Ob Knöchelfrakturen zu den osteoporotischen Frakturen zählen, ist ungewiss.
Eine niedrige Knochendichte ohne Frakturen ist klinisch symptomlos. In den meisten Fällen lassen sich auch bei Osteoporosepatienten chronische Rückenschmerzen, die nicht durch eine Fraktur bedingt sind, den in diesem Alter ubiquitären degenerativen Wirbelsäulenveränderungen zuordnen. Akute Sinterungsfrakturen der Wirbelsäule rufen zum Teil sehr starke und über Monate anhaltende Schmerzen und Bewegungseinschränkungen hervor.
Ob »Mikrofrakturen« der Wirbelkörper zu akuten oder akut rezidivierenden Schmerzsyndromen führen können, ist nicht bewiesen. Gut belegt ist dagegen, dass ein Teil der frischen Sinterungsfrakturen initial radiologisch nicht erkannt wird. Daher sind bei dem Verdacht auf eine frische Sinterungsfraktur entweder Röntgenkontrollen oder eine MRT-Untersuchung sinnvoll (3).
Durch Sinterungsfrakturen der Wirbelkörper kann es zu einer deutlichen Abnahme der Körpergröße, der Verringerung oder vollständigen Aufhebung des Rippen-Becken-Abstands, einer Einengung des Brustkorbes, einer verstärkten Krümmung der Brustwirbelsäule und einer Vorwölbung des Abdomens kommen.
Frische Sinterungsfrakturen sind oft mit erheblichen funktionellen Einschränkungen bei Verrichtungen des täglichen Lebens verbunden. Hüftgelenknahe Frakturen führen vor allem im ersten Jahr zu einem starken Verlust an Funktionsfähigkeit. Aber auch in den Folgejahren kommt es nicht zu einer vollständigen Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit. Für die meist alten Patienten bedeutet das oft den Verlust ihrer Selbstständigkeit. Betroffen sind vor allem bis zum Zeitpunkt der Fraktur selbstständig lebende Patienten im Alter von über 85 Jahren (4).
Osteoporoseassoziierte Frakturen sind nicht nur mit einer erhöhten Morbidität, sondern auch mit einer erhöhten Mortalität verbunden. Der Mortalitätsanstieg ist im ersten Jahr nach der Fraktur am höchsten. Hüftgelenksnahe Frakturen weisen in den ersten sechs Monaten nach der Fraktur eine hohe Übersterblichkeit von circa 20 bis 25 Prozent auf.
Calcium und Vitamin D
Zu den wichtigsten generellen Möglichkeiten, Osteoporose-bedingte Brüche bei Risikopersonen zu vermeiden, zählt der Erhalt und die Verbesserung der Muskelkraft und Koordination durch gezieltes Training und Bewegung vor allem im Freien, aber auch die Meidung von Untergewicht und Nicotinkonsum (siehe Kasten).
Die Umsetzung der im Kasten genannten, für das Beratungsgespräch in der Apotheke wichtigen Empfehlungen trägt in jedem Lebensalter zu einer Fraktursenkung bei und ist angesichts der exponentiell mit dem Lebensalter ansteigenden Frakturlast gerade in hohen Jahren besonders bedeutsam und effektiv, zumal bleibende Effekte nicht belegt sind und der Knochen ein sehr schlechtes »Langzeitgedächtnis« hat (5).
Die ausreichende Versorgung mit Calcium galt bisher als eine der wichtigsten Basismaßnahmen, um osteoporotischen Frakturen vorzubeugen. Die Studien der letzten Jahre zeigen jedoch zunehmend, dass allenfalls eine sehr niedrige tägliche Gesamtcalciumzufuhr von weniger als 800 mg täglich ein Frakturrisiko darstellt. Eine zusätzliche Calcium-Supplementierung sollte deshalb nur dann erfolgen, wenn die Nahrungszufuhr gering ist.
Zu den wichtigsten generellen Möglichkeiten, Osteoporose- bedingte Brüche bei Risikopersonen zu vermeiden, zählt Bewegung vorzugsweise im Freien.
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Jüngste Auswertungen lassen vermuten, dass die zusätzliche Calcium-Supplementierung das Risiko für Herzinfarkte um bis zu 30 Prozent und bei einer guten alimentären Calciumversorgung mit der Nahrung möglicherweise sogar das Risiko für Schenkelhalsbrüche wieder leicht erhöhen kann (6, 7).
Vitamin D steigert die Calciumaufnahme aus dem Darm. Es stärkt jedoch auch die Typ-II-Muskelfasern, die rasche Muskelaktionen ermöglichen, und schützt so vor Stürzen (8). Vitamin D wird vorwiegend in der Haut mithilfe von UV-Strahlung gebildet.
Ein schwerer Vitamin-D-Mangel lässt sich durch den täglichen Aufenthalt von mehr als 30 Minuten im Freien vermeiden. Bei jedem sturzgefährdeten älteren und allen Osteoporose- Patienten sollte aber eine Supplementierung mit Vitamin D in Form von 1000 bis 2000 IE Vitamin D3 täglich erfolgen. Alternativ kann man sich an der Serumkonzentration von 25-Hydroxy-Vitamin D3 orientieren: Liegt diese auch im Winter bei mehr als 25 ng/ml, ist eine Supplementierung entbehrlich.
Grunderkrankungen ausschließen
Stürze und Brüche werden durch viele Medikamente begünstigt. Bekannt ist die enorme Bruchgefährdung, die von oralen Glucocorticoiden ausgeht, wenn sie länger als drei Monate eingenommen werden. Bekannt ist auch das zwei- bis dreifach erhöhte Bruchrisiko bei TSH-Werten < 0,3 mU/L.
Relativ neu hingegen ist die Beobachtung, dass Patienten, die über mehrere Jahre kontinuierlich Protonenpumpeninhibitoren einnehmen, ebenfalls deutlich mehr Brüche erleiden. Auch Thiazolodindionpräparate (Glitazone) sind mit einem erhöhten Bruchrisiko verbunden und sollten bei Osteoporosepatienten vermieden werden. Ein ebenfalls neu entdeckter Risikofaktor für Brüche und Stürze ist die milde Hyponatriämie. Häufig ist die Einnahme von Thiaziden ursächlich und somit vermeidbar.
Es gibt drei Risikokonstellationen, die für eine medikamentöse Therapie sprechen und die einen großen Teil der Therapieindikationen ausmachen:
Frauen und Männer, die ohne ein größeres Trauma mindestens einen Wirbelkörperbruch mit einer mehr als 25-prozentigen Höhenminderung, also Abnahme der Höhe gegenüber einem vergleichbaren gesunden Wirbel, oder mehrere Wirbelkörperbrüche erlitten haben, sofern die DXA-Knochendichte einen T-Wert von kleiner als -2,0 aufweist.
Frauen und Männer unter hoch dosierter oraler Glucocorticoidtherapie von 7,5 mg oder mehr Prednisolonäquivalent über mehr als drei Monate ab einem DXA-Knochendichte-T-Wert von kleiner als -1,5 sowie
Frauen ab 70 und Männer ab 80 Jahren, die in der DXA-Messung einen T-Wert von kleiner als -2,5 aufweisen. Der T-Wert gibt die Standardabweichung des Knochendichtemesswerts vom Mittelwert einer gesunden 30-jährigen Person an.
Risikofaktoren, die unabhängig vom Lebensalter und der Knochendichte zum 10-Jahres-Frakturrisiko beitragen, sind im Kasten auf der folgende Seite aufgeführt. Liegt mindestens einer dieser Risikofaktoren vor, ist das Gesamtfrakturrisiko zusätzlich erhöht, sodass eine hohe Frakturwahrscheinlichkeit schon bei höheren T-Werten erreicht wird. Dementsprechend wird eine medikamentöse Therapie bei höheren T-Werten empfohlen als dies der Fall bei Nicht-Existenz dieser Risikofaktoren ist.
Bei dem Verdacht auf eine frische Sinterungsfraktur können entweder Röntgenkontrollen oder eine MRT-Untersuchung sinnvoll sein.
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So würde man zum Beispiel einer 67-jährigen Frau mit sturzbedingtem Unterarmbruch, deren Mutter unter einer schweren Osteoporose mit proximaler Femurfraktur litt, schon bei T-Werten unterhalb von -2,0 eine medikamentöse Therapie empfehlen, während die Indikation zur Therapie bei einer gleichaltrigen Frau ohne diese Risiken erst ab einem T-Wert von kleiner -3,0 gegeben ist.
Auf der Homepage des Dachverbandes findet sich ein Risikorechner, mit dessen Hilfe sich das individuelle Frakturrisiko abschätzen lässt.
Medikamentöse Therapie
Zu den Substanzen, die die Knochenfestigkeit überwiegend durch eine Hemmung des Knochenumbaus verbessern (Antiresorptiva), zählen die Bisphosphonate und der selektive Östrogen-Rezeptor-Antagonist Raloxifen.
Bei den Bisphosphonaten stehen neben den Präparaten, die täglich oder wöchentlich oral gegeben werden (Alendronat, Risedronat), zwischenzeitlich auch Präparate zur Verfügung, die monatlich oral (Ibandronat), dreimonatlich intravenös (Ibandronat) oder jährlich intravenös (Zoledronat) verabreicht werden können.
Denosumab ist ein monoklonaler Antikörper, der über eine Hemmung des am Knochenauf- und abbau beteiligten Receptor Activator of NF-κB (RANK)-Liganden ebenfalls antiresorptiv wirkt und zweimal jährlich subkutan gegeben wird. Parathormon wirkt überwiegend durch eine Steigerung des Knochenaufbaus fraktursenkend. Strontiumranelat nimmt eine gewisse Sonderstellung ein, da neben der antiresorptiven Wirkung möglicherweise auch positive Wirkungen auf den Knochenaufbau bestehen, deren genaue Relevanz jedoch noch unklar ist.
Die in Tabelle 1 aufgelisteten Wirkstoffe führen in kurzer Zeit zu einer etwa 50- bis 70-prozentigen Abnahme der Inzidenz von Wirbelkörperbrüchen.
Wirkstoff | Dosierung |
---|---|
Alendronat | 10 mg täglich beziehungsweise 70 mg wöchentlich per os |
Ibandronat | 150 mg monatlich per os beziehungsweise 3 mg alle 3 Monate intravenös |
Risedronat | 5 mg täglich beziehungsweise 35 mg wöchentlich per os |
Zoledronat | 5 mg alle 12 Monate intravenös |
Denosumab | 60 mg alle 6 Monate subkutan |
Strontiumranelat* | 2 g täglich per os |
Raloxifen | 60 mg täglich per os |
Teriparatid * | 20 µg täglich subkutan |
Parathormon 1-84* | 100 µg täglich subkutan |
(* begrenzte Verordnungsfähigkeit nach Bundesausschussbeschluss)
Da sturzbedingte Brüche oft auf einer Kombination aus hoher Krafteinwirkung und verminderter Knochenfestigkeit beruhen, lassen sich auch diese bei niedriger Knochendichte teilweise medikamentös beeinflussen. Für Alendronat, Risedronat, Zoledronat, Denosumab, Strontiumranelat und Parathormon 1-34 (Teriparatid) sind auch Abnahmen der peripheren Bruchrate um 20 bis 30 Prozent gezeigt worden.
Mit Blick auf die sozioökonomisch bedeutsamsten proximalen Frakturen des Oberschenkelknochens ist im Falle der Gabe von Alendronat, Risedronat, Zoledronat, Denosumab und Strontiumranelat eine etwa 50-prozentige Fraktursenkung belegt.
Die Leitlinie nennt als Therapieschwelle das 30-prozentige Risiko, in zehn Jahren eine proximale Femurfraktur oder einen Wirbelkörperbruch zu erleiden. Sie nennt zudem die T-Werte der DXA-Messung, ab denen ein solches Risiko vorliegt. Das Bruchrisiko hängt nicht nur von der Knochendichte, sondern ganz wesentlich vom Alter, vom Geschlecht und vom Frakturstatus als wichtige klinische Merkmale der Knochenqualität ab.
Klinik und Therapiekontrolle
Prinzipiell lassen sich das 10-Jahres-Frakturrisiko und die Indikation für eine medikamentöse Therapie allein anhand der klinischen Risikofaktoren ohne Knochendichtemessung abschätzen (9). Ohne den Nachweis einer erniedrigten Knochendichte ergeben sich jedoch einige offene Fragen zur Therapieeffektivität, sodass die zusätzliche Messung der Knochendichte, wenn immer dies möglich ist, der alleinigen klinischen Beurteilung vorzuziehen ist.
Für die Osteoporose beim Mann ist die Therapie mit Alendronat, Risedronat, PTH 1-34 (Teriparatid) und Zoledronat zugelassen. Bei einer glucocorticoidinduzierten Osteoporose sind die Effekte der Bisphosphonate und PTH 1-34 am besten belegt.
Zur Stärkung der Therapieeffektivität kann die Knochendichtemessung in Ergänzung zur klinischen Beurteilung sinnvoll sein.
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Bei der glucocorticoidinduzierten Osteoporose traten studiengemäß weniger vertebrale Frakturen bei der Gabe von Teriparatid als bei der Gabe von Alendronat auf (10). Ansonsten existieren keine Belege zur präferenziellen fraktursenkenden Wirkung der genannten Substanzen bei bestimmten Patientenuntergruppen.
Die bisherigen Untergruppenanalysen deuten an, dass die therapeutische Effizienz unabhängig vom Alter und der Höhe des Knochenumbaus ist. Es gibt derzeit noch keine Studien, die den Nutzen einer kombinierten oder sequenziellen Therapie von Osteoporosetherapeutika mit Blick auf eine Fraktursenkung untersucht haben. Für die Therapie mit Parathormon ist aber eine sequenzielle Therapie mit Antiresorptiva üblich.
Die wichtigsten Säulen der erfolgreichen Langzeit-Therapie sind eine gute Compliance sowie die Optimierung der Risikokonstellation. Anstiege der Knochendichte motivieren die Patienten erfahrungsgemäß zur konsequenten Fortsetzung der Osteoporosetherapie – auch wenn diese Anstiege gemäß vorliegender Studien kein guter Indikator für den Erfolg zum Beispiel der Bisphosphonat-Therapie sind.
Im Umkehrschluss bedeutet dieses, dass ein fehlender Anstieg der Knochendichte bei Bisphosphonattherapie in der Regel nicht auf eine mangelnde Wirkung der Medikamente hindeutet (11). Dies gilt auch für Raloxifen, während die Fraktur-senkende Wirkung von Strontiumranelat, PTH und Denosumab enger an die Zunahme der Knochendichte geknüpft ist.
Auch nicht medikamentöse Maßnahmen werden häufig allenfalls mit einem marginalen Anstieg der Knochendichte »belohnt«, da diese, wie die medikamentösen Therapiemaßnahmen zwar nicht die Knochendichte, jedoch andere Komponenten der Knochenfestigkeit verbessern, die derzeit jedoch noch schwer zu erfassen sind.
Mehrere Therapiestudien haben gezeigt, dass ein signifikanter Abfall der Knochendichte unter antiresorptiver Therapie mit einem höheren Folgefrakturrisiko einhergeht, sodass die Bedeutung einer Knochendichtemessung unter Therapie vor allem in der differenzialdiagnostischen Abklärung möglicher Ursachen der Abnahme der Knochendichtemessung besteht.
Bei einem nicht zu erklärenden zunehmendem Abfall der Knochendichte trotz Therapie sollte gegebenenfalls die Umstellung auf eine andere Medikation erwogen werden.
Zwischenzeitlich existieren erste Langzeitdaten, die einen Wiederanstieg des Frakturrisikos nach Absetzen einer Bisphosphonat-Medikation vermuten lassen (12, 13, 14). Bei einem hohen Frakturrisiko ist die Therapie daher prinzipiell lebenslang erforderlich, zumal sich das Frakturrisiko mit steigendem Lebensalter trotz Therapie kontinuierlich erhöht.
Derzeit ist jedoch noch unklar, ob bei der Gabe von Alendronat oder anderen Antiresorptiva die kontinuierliche Therapie oder aber Therapiepausen empfehlenswert sind. Unter einer Langzeittherapie wurde die Zunahme atypischer Femurfrakturen beobachtet, deren Inzidenz jedoch insgesamt niedrig ist.
Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Forschung und Entwicklung wird deshalb derzeit in Deutschland eine multizentrische Studie durchgeführt (BILANZ-Studie), die bei Patienten mit einer Bisphosphonat-Langzeittherapie die Frakturinzidenz bei einer Fortsetzung der Bisphosphonattherapie im Vergleich zu einer Therapiepause randomisiert und verblindet prüft.
Zählte die Osteoporose früher zu den schicksalhaften Alterserscheinungen, so ist sie heute zwar nicht heil-, aber doch effektiv behandelbar. Nicht zuletzt angesichts des demographischen Wandels, der mit einer zunehmenden Osteoporose-Inzidenz einhergeht, sind weitere Studien, die vor allem den Nutzen und die Risiken der Langzeittherapie der vorliegenden oder auch der in der Pipeline befindlichen Osteoporose-Therapeutika, so zum Beispiel Antisclerostin und Odanacatib, untersuchen, dringend erforderlich. /
Johannes Pfeilschifter studierte Biologie, Philosophie und Medizin von 1976 bis 1984 in Tübingen, Giessen und Heidelberg. Nach seiner Ausbildung zum Internisten von 1984 bis 1993 in Heidelberg und Mannheim wurde der Facharzt für Innere Medizin mit Lehrtätigkeit an der Ruhr-Universität Bochum 1994 habilitiert. Seit 1996 beziehungsweise 2000 durch Weiterbildung gleichermaßen Facharzt für Endokrinologe und Diabetologie ist Pfeilschifter nunmehr Chefarzt der Klinik für Innere Medizin III am Alfried Krupp Krankenhaus – Steele in Essen. Darüber hinaus rückte die Osteologie in den Fokus seiner klinischen Schwerpunkte. Pfeilschifter ist Vorsitzender der Leitlinienkommission des Dachverbands Osteologie, Leiter des osteologischen Forschungszentrums Essen (Schwerpunkt: Epidemiologische Studien zur Osteoporose), Beiratsmitglied der Sektion Osteologie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesselbsthilfeverbands für Osteoporose (BfO). Er hat circa 220 Originalarbeiten, Übersichtsarbeiten und Buchbeiträge veröffentlicht.
Professor Dr. med. Johannes Pfeilschifter
Klinik für Innere Medizin III am Alfried Krupp Krankenhaus Steele
Hellweg 100
45276 Essen
Johannes.Pfeilschifter@krupp-krankenhaus.de